„Es ist noch nicht zu spät“
„Es ist noch nicht zu spät“
Im Gespräch: Marcelo Assalin
„Es ist noch nicht zu spät“
Der Portfoliomanager von William Blair über die Chancen und die wachsende Nachfrage bei Emerging Markets Anleihen
Von Werner Rüppel, Frankfurt
Die Fundamentals für Anleihen aus den Schwellenländern haben sich deutlich verbessert. Ein robustes Wachstum der Emerging Markets, rückläufige Inflation und die Verbesserung der Liquidität sprechen für diese Papiere. Das Interesse der Investoren wachse, für einen Einstieg sei es noch nicht zu spät.
Die Emerging Markets sind zurück, und das sowohl bei Aktien als auch bei Festverzinslichen. „Die Rahmenbedingungen für Anleihen aus den Schwellenländern haben sich insgesamt deutlich verbessert", sagt Marcelo Assalin, Portfoliomanager und Leiter des Emerging-Markets-Debt-Teams bei William Blair Investment Management, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung im Omniturm in Frankfurt. "Das hat mehrere Ursachen: Die Inflation geht weiter zurück, die Verschuldungssituation bessert sich und die Notenbanken in den Emerging Markets werden ihre Leitzinsen weiter senken.“
Deutlich stärkeres Wachstum
Insbesondere im Vergleich zu den Industrieländern hätten sich die Schwellenländer in den vergangenen Jahren vorteilhaft entwickelt und würden sich auch weiterhin meist in die richtige Richtung bewegen. „Ein wichtiger Punkt ist das Wachstum", erläutert Assalin. "Das globale Wachstum ist einigermaßen robust. Nur ist das Wachstum in den Schwellenländern deutlich stärker als in den Industrieländern. Dabei haben sich die Emerging Markets von den Industriestaaten ein Stück weit abgekoppelt. Dadurch wird das Wachstumsdifferential größer.“
Natürlich gebe es geopolitische Risiken einzelner Staaten, die es zu berücksichtigen gelte. Insgesamt sei aber das Wachstumspotenzial vieler Emerging Markets erheblich. „Positiv für die Schwellenländer ist, dass China die Wirtschaft stimuliert. Und das sowohl mit geldpolitischen als auch mit fiskalischen Maßnahmen“, erklärt der Fondsmanager. „Durch den zunehmenden Handel zwischen den Schwellenländern hat sich die Belastung durch die US-Zölle verringert.“ Die Abhängigkeit der Emerging Markets von den USA und den Industriestaaten sei in den vergangenen Jahren jedenfalls deutlich kleiner geworden. In China machten die Schwellenländer inzwischen fast die Hälfte des Außenhandels aus, und dieser Anteil könne noch steigen.
Fed wird weiter senken
In Sachen Inflation würde die Teuerungsraten inzwischen nicht mehr klettern, vielmehr sei Disinflation angesagt. „Zudem stellt die Verbesserung der globalen Liquidität Rückenwind für die Schwellenländer dar“, sagt Assalin. „Die Fed ist besorgt um den Arbeitsmarkt und wird ihre Leitzinsen weiter senken. Wir erwarten noch zwei Zinssenkungen in diesem Jahr und zwei bis drei Schritte im kommenden Jahr. Dadurch werden die Renditen von US-Anleihen sinken. Das ist natürlich ein günstiges Umfeld für Emerging Markets Anleihen.“
Dabei seien die Emerging Markets sogar in einer komfortableren Situation als die entwickelten Staaten. „Die Inflation geht in den Schwellenländern deutlicher zurück als in den Industriestaaten.“ So prognostiziert William Blair einen Rückgang der Inflationsrate in den Emerging Markets von 6,40% in 2024 bis auf 3,51% in 2027. Dadurch werde sich der Abstand in der Teuerung zwischen Industrie- und Schwellenländern von 3,93 Prozentpunkten bis auf 1,37 Prozentpunkte verringern.
„Vorteilhaft ist auch der schwache Dollar. Insgesamt liegen auch günstige Fundamentals für die Währungen der Schwellenländer vor, die immer noch unterbewertet sind“, erläutert der Fondsmanager.
In den vergangenen Jahren haben Anleger mitunter Investments in den Emerging Markets eher gemieden, doch zuletzt kam das Interesse zurück. „Viele Investoren sind noch nicht in Anleihen der Schwellenländer investiert, und beginnen den Sektor erst jetzt zu entdecken", sagt Assalin. "Dafür ist es noch nicht zu spät. Vor allem bei institutionellen Investoren stellen wir eine große und wachsende Nachfrage nach Emerging Markets Debt fest.“
Interessant seinen besonders die High Yields. „Bei Hartwährungsinvestments haben sich die Credit Spreads bei Investment-Grade-Papieren bereits eingeengt und sind weniger attraktiv. Dafür sind die Spreads von Hochzinsanleihen attraktiv. Chancen sehen wir besonders bei Anleihen mit einer langen Duration“, erklärt der Fondslenker.
Lokalwährungen attraktiv
„Als besonders attraktiv stufen wir Anleihen in lokalen Währungen ein", sagt Assalin. "Die günstigen Rahmenbedingungen für Schwellenländer, die niedrige Bewertung vieler Währungen sowie der Disinflationstrend führen hier zu Aufwärtspotenzial.“ Neben einem Fonds auf Hartwährungen bietet William Blair auch ein Produkt auf Lokalwährungen an. Zuletzt hat der Assetmanager darüber hinaus einen Anleihefonds mit dem Fokus Frontier Märkte begeben.
Hier zahle sich insbesondere aktives Management aus. „In den Fokus rücken nun auch die Frontier Markets mit ihren hohen Renditen", erklärt Assalin. "Hier nimmt das Interesse der Investoren deutlich zu. Das scheint die nächste große Story zu sein.“
Türkei und Ägypten favorisiert
Überhaupt sei in diesem Segment genaues Hinschauen wichtig. „Natürlich ist jedes Schwellenland verschieden. Daher analysieren wir die Anleihenmärkte und die Währungen von mehr als 70 Emerging Markets. Wichtig ist es auch, überhaupt Zugang zu diesen Märkten zu haben“, erläutert der Fondslenker.
Natürlich hat der Leiter Emerging Markets Debt aktuell unter den betrachteten Emerging Markets auch Favoriten. „Unsere größten Positionen in Hartwährungen halten wir in Angola, Nordmazedonien und Surinam“, sagt Assalin. „In lokaler Währung halten wir die größten Positionen in Ghana, der Türkei und Ägypten.“