ESM erwartet anhaltende Nachfrage nach Anleihen aus Euroland
ESM erwartet anhaltende Nachfrage nach Anleihen aus Euroland
ESM erwartet anhaltende Nachfrage nach Anleihen aus Euroland
kjo/fed Frankfurt
Europas Stabilitätsfonds, der ESM (European Stability Mechanism), rechnet auch im kommenden Jahr mit einer steigenden Nachfrage ausländischer Investoren nach Anleihen aus dem Euroraum. Seit April 2025 sei der Nettoankauf von Staatsanleihen aus dem Euroraum durch internationale Investoren hoch, schreibt Kalin Anev Janse, CFO des ESM und der europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) anlässlich seines Ausblicks auf 2026. Dabei sei der Anteil an Bondbeständen bei ausländischen Adressen insbesondere in deutschen, französischen, italienischen und spanischen Staatsanleihen gestiegen. „Diese Verschiebung ist teilweise auf globale geopolitische Entwicklungen zurückzuführen, darunter Zollankündigungen und die Suche nach sicheren, stabilen Renditen außerhalb des US-Treasury-Markts. Wir gehen davon aus, dass dieses Interesse anhalten wird, wie aus der Resonanz von Investoren auf unseren Roadshows abzuleiten ist“, erläutert der Finanzvorstand.
Darüber hinaus erfreuen sich laut Anev Janse auf Euro lautende Anleihen, die von außereuropäischen Ländern begeben werden, einer wachsenden Beliebtheit. Die kumulierten Emissionen 2025 würden mehr als 1 Bill. Euro erreichen. „Länder wie China, Chile, Indonesien, Saudi-Arabien und andere entscheiden sich für den Euro als Währung für ihre Staatsanleihen. Dieser Trend wird sich auch 2026 fortsetzen. Denn Diversifizierung ist das A und O. Diese Emittenten wollen sich neue Marktsegmente erschließen und neue Investoren gewinnen. Diese Botschaft wurde in mehr als 100 Investorenmeetings, die wir weltweit abgehalten haben, deutlich“, sagt der ESM-CFO.
Safe Assets im Volumen von 1,4 Bill. Euro
Europäische sichere Vermögenswerte, die von der Europäischen Union (EU), der Europäischen Investitionsbank (EIB) und dem ESM/EFSF emittiert sind, belaufen sich den ESM-Angaben zufolge derzeit auf ein Volumen von insgesamt rund 1,4 Bill. Euro. Sie stellen damit das fünftgrößte Marktsegment im Euroraum dar. „Der ESM und der EFSF spielen eine zentrale Rolle in diesem Ökosystem, indem sie hoch bewertete, diversifizierte Anlageprodukte anbieten und über eine große, globale Investorenbasis verfügen. Für 2026 ist mit einem weiteren Wachstum dieser sicheren europäischen Wertpapiere zu rechnen – insbesondere aufgrund des EU-Instruments „Security Action for Europe“, kurz Safe –, das Investitionen und gemeinsame Kreditaufnahmen für Verteidigungszwecke fördert“, sagt Anev Janse.
Spreads nahe Bund
Was die Risikoaufschläge (Spreads) betreffe, so nähern sich die Preise dieser Vermögenswerte zunehmend denen Deutschlands, also der Bundeswertpapiere, an. „Diese sicheren Vermögenswerte sind die europäische Version der US-Staatsanleihen: Robust, sicher und risikodiversifiziert. Und mit der Zeit wird der Markt noch größer und wird auch über noch mehr Tiefe verfügen“, führt Anev Janse weiter aus.
Im laufenden 2025 habe man die größten Orderbücher in der Geschichte der EFSF und des ESM erzielen können. Man habe fast 40 neue Investoren aus neuen Ländern wie Kolumbien und Honduras hinzugewinnen können. „Dies zeigt das große Interesse an sicheren europäischen Anlagen“, hält Anev Janse fest.
Hohes Risiko neuer Zölle
Mit Blick auf das Jahr 2026 werden seiner Ansicht mehrere Themen die Wirtschafts- und Finanzlandschaft Europas und der Welt prägen. Hierzu zählt er geopolitische Spannungen und eine damit einhergehende Marktvolatilität. Das Risiko neuer Zölle und Handelsbarrieren bleibe hoch, was für multinationale Unternehmen zu einer hohen Unvorhersehbarkeit führe. Unternehmen müssten ihre Lieferketten und Geschäftsmodelle anpassen, um in diesem Umfeld bestehen zu können.
Künstliche Intelligenz habe die Aktienmärkte zu neuen Höchstständen getrieben, insbesondere in den USA. Im Jahr 2026 werde die entscheidende Frage sein, ob KI ihren Höhepunkt erreicht habe oder ob weitere Durchbrüche in Sicht seien. Anleger sollten auf Anzeichen einer Überbewertung und die realen Auswirkungen der Einführung von KI achten. Man habe die Erfahrungen von 2001 und der Technologieblase gemacht. Derzeit würden Unternehmen zwar enorme Summen in KI investieren, doch habe diese noch nicht zu den makroökonomischen Produktivitätssteigerungen geführt, die das BIP ankurbeln würden. „Eine starke Korrektur könnte sich auf die Finanzstabilität auswirken. Auf der Mikroebene sind wir beim ESM weiterhin begeistert von KI und Innovation. Wir haben eine Vereinbarung mit der Universität Luxemburg unterzeichnet, um unsere Kapitalmarktaktivitäten zu verbessern. Der Einsatz von mehr Innovation und KI auf den Anleihemärkten ist in Vorbereitung und soll bereits 2026 erfolgen“, stellt der ESM-CFO in Aussicht.
Stablecoins werden bedeutsamer
Im Blick hat er auch Stablecoins und den digitalen Euro. Europa strebe den digitalen Euro an und habe die Tür für Stablecoins geöffnet. „Dieser Bereich wird an Bedeutung gewinnen, wobei Stablecoins und digitale Währungen im Jahr 2026 eine noch wichtigere Rolle spielen werden. Für Europa ist 2026 mit mehr digitalen Emissionen und Pilotprojekten zur Vorbereitung der Einführung des digitalen Euro durch die EZB zu rechnen“, sagt er.
Nach einer Phase der Unsicherheit könnten ESG- und Nachhaltigkeitsthemen im Jahr 2026 seiner Einschätzung nach wieder an Bedeutung gewinnen. „Politiker, Investoren und Unternehmen müssen aber echte Fortschritte bei Klimazielen und sozialen Auswirkungen nachweisen, um ihre Glaubwürdigkeit zu wahren und Kapital anzuziehen“, sagt er. Das Narrativ könnte sich aufgrund neuer politischer Strömungen ändern: von der Klimawandel-Finanzierung zu der Minderung extremer (Wetter-)Risiken. „In Asien und im Nahen Osten, wo mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt, stehen diese Themen ganz oben auf der Agenda. Weniger reden, mehr handeln: Diese Regionen haben sich an die Weltspitze in den Bereichen Elektrofahrzeuge und Umweltverschmutzungsreduzierung katapultiert“, hält Anev Janse fest.
