Im Interview:Nadia Calviño

„Europa gilt als sehr attraktives Safe Asset“

Europa ist für Investoren derzeit ein sehr attraktives Safe Asset, hält EIB-Präsidentin Nadia Calviño im Interview fest.

„Europa gilt als sehr attraktives Safe Asset“

Frau Calviño, viele Banken und Vermögensverwalter ziehen sich derzeit aus Allianzen für Net Zero zurück. Ist dies das Ende für Green und Sustainable Finance?

Wir haben den Eindruck, dass Märkte und Investoren weiterhin in sehr umfangreichen Maße Investitionen zur Unterstützung des grünen Übergangs bereitstellen.

Was heißt das aus Sicht des Green-Finance-Marktes?

Wir haben jüngst wieder eine sehr positive Erfahrung an den Märkten gemacht. Wir haben unsere erste grüne Anleihe nach dem europäischen Green Bond Standard emittiert. Die Anleihe mit einem Emissionsvolumen von 3 Mrd. Euro war 13-fach überzeichnet. Das zeigt sehr deutlich, dass Marktteilnehmer dies weiterhin als eine gute Investition ansehen.

Was bedeutet das für die EIB?

Wir werden weiterhin die Klimabank Europas sein. Wir werden den grünen Wandel in Europa unterstützen, indem wir in Net-Zero investieren und in neuartige Technologien, die die grüne Energiewende unterstützen.

Sie haben jüngst den Rahmen der EIB für grüne und nachhaltige Finanzierungen angepasst. Was sind die Änderungen?

Im Bereich von Green Finance haben wir an sich nicht viel verändert. Es ist insofern besonders, dass wir unsere erste grüne Anleihe nach dem europäischen Standard für Green Bonds begeben haben, deren Verordnung erst im Dezember 2024 in Anwendung kam. Bei den Nachhaltigkeitsanleihen haben wir das Spektrum der investierbaren Projekte erweitert.

Welche neuen Verwendungserlöse ermöglicht die EIB?

Zum Beispiel wirtschaftliche Unterstützung von Frauen und Gleichstellung der Geschlechter für alle, die sogenannte Gender Equality. Mit diesen neuen Zielen können die Erlöse aus den Sustainability Awareness Bonds der EIB beispielsweise eingesetzt werden, um in von Frauen geführte Unternehmen zu investieren.

Wie sehen in diesem Jahr Ihre Gesamtemissionspläne aus? Welchen Anteil werden Climate Awareness Bonds und Sustainable Awareness Bonds einnehmen, also für CAB- und SAB-Emissionen?

Gerade diese Woche haben wir einen zehnjährigen Climate Awareness Bond über 5 Mrd. Euro emittiert, mit einem Rekordorderbuch in Höhe von 56 Mrd. Euro. Somit haben wir ein Gesamtemissionsvolumen von 47 Mrd. Euro in 2025 realisiert. Dies entspricht beinahe 80% unseres Refinanzierungsziels. Das haben wir auch in früheren Jahren bis zu diesem Zeitpunkt in etwa emittiert. Unser veranschlagtes Gesamtemissionsvolumen liegt bei 60 Mrd. Euro für dieses Jahr. Theoretisch können wir auf 65 Mrd. Euro gehen. Der geplante Anteil für CAB und SAB Emissionen für das Gesamtjahr liegt bei circa 35% des geplanten Refinanzierungsvolumens.

Zurzeit gibt es nicht nur in Europa, aber vor allem in Europa den Ruf nach Safe Assets. Wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang die Anleihen der EU, der EIB und des ESM? Brauchen wir darüber hinaus eine weitere sichere Anlage?

Aktuelle Diskussionen über Aspekte, die über den Aufgabenbereich der Europäischen Investitionsbank hinausgehen, möchte ich nicht kommentieren.  Was ich aber sagen kann, ist: Europa gilt im Moment als sichere Anlage. Europa gilt als sehr attraktives Safe Asset, und für viele ist es ist an der Zeit, Europa zu wählen.

Worin kommt das zum Ausdruck?

Es gibt ein starkes Interesse der Investoren an diesen Assets. Das gilt besonders für die Unsicherheiten, denen wir uns jüngst ausgesetzt gesehen haben. Der Appetit der Investoren auf diese Bonds ist groß. Das nehmen wir auch bei den EIB-Anleihen wahr. Es ist ein sehr, sehr starker Markt.

Und was sind Ihrer Ansicht nach die Motive für diese Nachfrage?

In Zeiten wie diesen, in denen man das Gefühl hat, dass sich alles überall auf einmal verändert, sticht Europa auch an den Finanzmärkten ganz klar hervor. Europa überzeugt durch Klarheit, Stabilität und Vertrauen. Und die EIB wird der globalen Investorenbasis mit unseren Bonds weiterhin sichere Anlagen bieten.

Hat denn nicht einmal der Handelskonflikt bei den Investoren zu Zurückhaltung geführt?

Bisher haben wir keine Beeinträchtigung der Investorennachfrage wahrgenommen. Zugleich stellen wir fest: Volatil ist das neue Normal.

Und was bedeuten die handelspolitischen Spannungen generell für die Arbeit der EIB?

Die EIB setzt auf internationalen Partnerschaften und führt die Unterstützung von Handelsbeziehungen der EU zu anderen Weltregionen fort und intensiviert sie. Mercosur, Indien, Mexiko, Chile, um nur einige zu nennen. Europa ist ein handelspolitisches Kraftzentrum – und die EIB trägt dazu bei, die Partnerschaften auszuweiten und zu diversifizieren.

Schichten die Investoren am Anleihemarkt von den USA nach Europa um?

Es ist noch zu früh, das zu sagen. Natürlich gibt es die eine oder andere Bewegung, einige Investoren diversifizieren ihr Portfolio gerade etwas stärker. Aber strukturelle Anpassungen der Asset-Allokation brauchen Zeit.

Und nun? Ist das nun die Stunde des Euro?

Was wir erleben, ist eine gute Gelegenheit für den Euro, seine Rolle als internationale Reservewährung zu festigen und auszubauen. Wir arbeiten gemeinsam mit der Europäischen Zentralbank und der EU-Kommission daran, die internationale Rolle des Euro weiter zu stärken. Auch das wird allerdings Zeit brauchen.

Lassen Sie uns über die Verwendung der Mittel sprechen. Sie haben jüngst ambitionierte Investitionsvorhaben zur Stärkung der Verteidigung angekündigt.

Ja, wir haben eine volle Projekt-Pipeline, mehr als 20 Vorhaben. Wir kommen damit zügig voran, auch mit unseren Wagniskapitalfinanzierungen im Bereich Sicherheit und Verteidigung.

Stichwort Innovation: Was tut die EIB, um digitale Transformation und technische Innovation voranzubringen?

Wir arbeiten am größten Technologie-Investmentprogramm der EU. Wir wollen bis 2027 insgesamt 250 Mrd. Euro mobilisieren. Wir wollen die vollständige Palette an Finanzierungsformen anbieten: Equity, Debt, Venture Debt, Scale-up Debt und so weiter, sodass wir den Lebenszyklus eines Projekts oder einer Innovation in jeder Phase unterstützen können. Wir werden mit Clean Tech starten, damit nachhaltige Geschäftsmodelle, die in Europa entstehen, auch in Europa zur Marktreife wachsen können.

Wie hat sich Ihr Instrumentenkasten verändert?

Wir haben unsere Risikobereitschaft gesteigert und das Portfolio der Instrumente, mit denen wir das tun, differenziert. Wir folgen dabei dem Bedarf am Markt.

Was heißt das?

Beim Thema Verteidigung haben wir beispielsweise einen Bedarf an Liquidität und Working Capital bei mittelständischen Unternehmen der Branche wahrgenommen und ein entsprechendes Förderinstrument entwickelt. Wir verdreifachen die Finanzierung für Banken zur Bereitstellung von Liquidität für solche Unternehmen in der Lieferkette der europäischen Verteidigungsindustrie.

Und haben in diesem Bereich erst diese Woche ein Abkommen mit der Deutschen Bank unterzeichnet. Auf der Equity-Seite haben wir vor einiger Zeit die Europäische Tech-Champions-Initiative lanciert, die Start-ups bei deren Skalierung unterstützt.

Die EU will Bankbilanzen entlasten, indem sie den Verbriefungsmarkt revitalisiert. Welche Rolle wird die EIB dabei spielen?

Wir nehmen bereits eine sehr aktive Rolle im Verbriefungsmarkt ein – sowohl was die Standard-Transaktionen angeht, aber auch in Bezug auf Innovationen im Markt. Wir engagieren uns zum Beispiel, um neue Underlying-Portfolien am Markt zu etablieren, etwa Solarpaneele.

Im Interview: Nadia Calviño

„Europa gilt als sehr attraktives Safe Asset“

EIB-Präsidentin stellt starkes Investoreninteresse an hochqualitativen Bonds aus Europa fest – Euro kann Rolle als internationale Reservewährung festigen

Investoren greifen bei sicheren Bonds aus Europa zu. Für Nadia Calviño, Präsidentin der Europäischen Investitionsbank (EIB), sticht Europa derzeit an den Kapitalmärkten hervor. Europa überzeuge Investoren durch Klarheit, Stabilität und Vertrauen. Sie spricht von einem sehr starken Markt.

Das Interview führten Detlef Fechtner und Kai Johannsen. Das vollständige Interview lesen Sie auf www.boersen-zeitung.de

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