Fidelity sieht Spielraum bei Aktien

Fondsgesellschaft bevorzugt Dividendentitel aus Europa - Verschuldung als Risiko gesehen

Fidelity sieht Spielraum bei Aktien

In Europa ist nach Ansicht von Fidelity das Wachstum deutlich stabiler geworden. Die amerikanische Investmentgesellschaft geht in ihrem Jahresausblick 2020 sogar so weit, zu prognostizieren, dass Europa die USA als Anführer der ökonomischen Entwicklung ablösen werde.Von Wolf Brandes, FrankfurtAnders als die meisten Marktbeobachter glaubt die amerikanische Fondsgesellschaft Fidelity, dass die Risiken durch Welthandelskonflikte die Kapitalmärkte im kommenden Jahr weniger stark dominieren werden. Aus Sicht von Fidelity zeichnet sich ein Lichtblick besonders bei Aktien ab.Die hauseigenen Indikatoren seien vor einigen Monaten ins Positive gedreht. “Wir sehen eine langsame Erholung der Wirtschaft und konzentrieren uns auf den Gewinn pro Aktie”, sagte Romain Boscher, globaler Aktienchef bei Fidelity, am Dienstag vor Journalisten in Frankfurt. Es gebe zwar nach wie vor genug Anlass für Skepsis, aber dass die geopolitischen Themen weiterhin eine so große Rolle für den Kapitalmarkt spielen wie in diesem Jahr sei nach Ansicht von Fidelity weder angebracht noch wahrscheinlich.Positiv gestimmt sei man bei Fidelity bezügliches Handelsstreits zwischen den USA und China. “Trump wird alles dafür tun, dass es keine Rezession gibt. Und auch China hat Interesse an einer positiven Entwicklung im Hinblick auf die 100-Jahr-Feier zur Gründung der kommunistischen Partei 2021″, so die Einschätzung des Hauses. Bewertungsaufschlag möglich”Eine sehr gute Grundlage für Aktien sind die Dividendenrenditen”, meinte Kapitalmarktstratege Carsten Roemheld. Fidelity beispielsweise halte auch deutsche Aktien nicht für zu hoch bewertet. “In Deutschland bewegt sich das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) nah am historischen Durchschnitt mit 14,5. Selbst bei einer gleichbleibenden Bewertung zeigt sich schon das Potenzial für Aktien”, sagt Christian von Engelbrechten, Deutschlandexperte und Manager des Fidelity Germany Fund. “Für Deutschland ist das KGV nicht zu heiß und nicht zu kalt ist.” Sein Haus kann sich vorstellen, dass es im kommenden Jahr zu einem Bewertungsaufschlag kommen wird bis hin zu einem KGV von 16,5 bis 17,5.Beim Gewinnwachstum geht der Fondsanbieter Fidelity mit Blick auf das Jahr 2020 von einem Zuwachs von 5 bis 6 % aus und erwartet eine Dividendenrendite von durchschnittlich 3 %. “Besonders interessant ist die Entwicklung der Aktien-Risikoprämie gegenüber sicheren Anleihen. Gemessen daran ist der Aktienmarkt defensiv positioniert”, erläuterte von Engelbrechten.Rückenwind für die Märkte komme im nächsten Jahr weiterhin von der Geldpolitik. “Die Zentralbanken unterstützen die Kapitalmärkte inzwischen bedingungslos”, sagte Roemheld. “Im Jahr 2019 hat es 55 Zinssenkungen von Zentralbanken global gegeben. So etwas war in der Geldpolitik noch nie da.” Fidelity geht davon aus, dass die Zentralbanken dennoch Spielraum für weitere Schritte haben und am Ende die EZB möglicherweise auch Aktien kaufen werde. Risiken in ChinaRisiken sieht die Investmentfirma insbesondere beim Thema Verschuldung. Das betrifft nicht nur die Peripheriestaaten in Europa, sondern insbesondere die Lokomotive der Weltwirtschaft der vergangenen Jahre, China. “Der chinesische Staat hat in den vergangenen zehn Jahren die Verschuldung extrem gesteigert auf über 200 % des BIP. Solche Verschuldungshöhen machen uns Sorgen” sagte von Engelbrechten.Apropos China: Wie stark der Einfluss der größten Wirtschaftsmacht Asiens ist, lässt sich für Fidelity am Beispiel der Autobranche ablesen. “Die sehen wir überaus kritisch.” Hintergrund ist, dass in den vergangenen Jahren China die Autonachfrage weltweit getrieben habe mit Wachstumsraten von 20 bis 30 %. Dieses Wachstum werde so nicht weitergehen mit Folgen für die Hersteller – und die Investoren. Fidelity-Manager von Engelbrechten ist daher bei Auto-Aktien mehr als vorsichtig. Dafür fänden sich hierzulande immer Unternehmen, die als wachstumsstarke Tech-Aktien zu bewerten seien. Dazu zählen für von Engelbrechten zum Beispiel Scout24, CTS Eventim und Teamviewer – aber auch die Deutsche Börse.