Frankreichs Aktienmarkt leidet unter Luxuskrise
Frankreichs Aktienmarkt leidet unter Luxuskrise
Der Leitindex CAC 40 hat sich vom starken Einbruch Anfang April erholt – Der Sprung über die 8.000 Punkte-Hürde gelingt ihm aber nicht
Der französische Leitindex hat sich im Vergleich zum Dax seit Januar deutlich schwächer entwickelt. Das liegt auch an der Luxusbranche. Sie wiegt relativ schwer im CAC 40, hat jedoch zuletzt mit schwachen Zahlen enttäuscht. Sie dürfte den französischen Aktienmarkt auch in den kommenden Monaten weiter belasten.
wü Paris
Von Gesche Wüpper, Paris
Während Frankreich diese Woche neue Hitzerekorde mit deutlich über 40 Grad im Schatten erwartet, versuchen Investoren, an der Börse von Paris einen kühlen Kopf zu bewahren. Traditionell geht es dort im August ruhiger zu, wenn die CAC 40-Unternehmen so wie jetzt ihre Halbjahresergebnisse veröffentlicht haben und sich ein Großteil der Bevölkerung in die traditionelle Sommerpause verabschiedet hat. Entsprechend geringer fallen derzeit die gehandelten Volumen aus; entsprechend stärker können jedoch auch die Ausschläge sein.
Luxusgüter enttäuschen
Das haben bereits die CAC 40-Konzerne zu spüren bekommen, deren Halbjahresergebnisse enttäuscht haben. „Sie sind an der Börse sehr, sehr stark abgestraft worden“, sagt IG-Marktstratege Alexandre Baradez. „Das ist typisch für reife Märkte wie dem französischen Aktienmarkt“, meint er. „Dagegen sind die guten Nachrichten bereits in den Kursen integriert."
Das erklärt, warum der Index innerhalb von einem Monat 2% auf 7.718 Punkte nachgegeben hat, obwohl die Halbjahresergebnisse insgesamt solide ausgefallen sind. Allerdings gab es große Unterschiede. „Für die größte Enttäuschung hat der Luxussektor gesorgt, der immerhin 30% des CAC 40 ausmacht“, sagt Investmentstratege Christopher Dembik von Pictet. „Banken und die Verteidigungsbranche dagegen haben für positive Überraschungen gesorgt."
Im Vergleich schwächer
So haben BNP Paribas, Crédit Agricole und Société Générale zusammen Gewinne von insgesamt 13,4 Mrd. Euro verbucht — 12% mehr als im Vorjahreszeitraum. Auch an der Börse von Paris entwickele sich der Bankensektor sehr gut, erklärt IG-Marktstratege Baradez. Innerhalb der vorigen zwei Jahre habe er quasi 42% zugelegt. Allein seit Beginn des Jahres ist der Aktienkurs von BNP Paribas um fast 37% gestiegen, der von Crédit Agricole 27% und der von Société Générale sogar um 110%.
Doch das hat nicht gereicht, den CAC 40 mitzuziehen. Er hat sich in diesem Jahr im Vergleich zu anderen europäischen Leitindizes wie dem Dax deutlich schlechter entwickelt. So hat er sich seit dem 1. Januar gerade mal um 4,6% erhöht, in den vorigen zwölf Monaten um 6,2%. Nachdem sich der CAC 40 im März auf historischen Höchstständen bewegte, brach er Anfang April wegen den amerikanischen Strafzöllen auf unter 6.800 Punkte ein.

Seitdem hat er sich zwar wieder erholt. Doch es ist ihm bisher nicht gelungen, die Marke von 8.000 Punkten zu überspringen. Belastet wird der französische Leitindex noch immer von der Luxusgüterbranche, deren Schwergewichte unter Druck stehen. Der Aktienkurs von LVMH beispielsweise ist seit Beginn des Jahres um mehr als 27% eingebrochen. Der Branchenprimus ist der Konzern, der nach Schneider Electric am zweitstärksten im CAC 40 gewichtet ist. Hermès hat ebenfalls über 10% nachgegeben, der Gucci-Mutterkonzern Kering 9,4%.
Ernüchterung in der Rüstungsbranche
„Für den Luxussektor wird es weiter schwierig bleiben und damit auch für den CAC 40, da er ja viel wiegt", meint Pictet-Experte Dembik. Auch für die Automobilbranche dürfte es nicht einfacher werden. Mit Blick auf das dritte Quartal erwartet er, dass die Banken weiter sehr gut laufen werden. Auch Axa IM bevorzuge derzeit Werte aus dem Finanzsektor, erklärt Laurent Clavel, der bei dem gerade von BNP Paribas übernommenen Assetmanager Global Head of Multi-Asset ist. IG-Marktstratege Baradez glaubt jedoch, dass es bei Banken wegen Gewinnmitnahmen zu Kurskorrekturen kommen könnte.
Rüstungswerte wiederum sind bereits seit ein paar Tagen an der Börse von Paris unter Druck, nachdem sie zuvor wegen der Erhöhung der europäischen Verteidigungsbudgets gefragt waren. „In der Verteidigungsbranche gab es ein großes Übermaß an Optimismus“, sagt Dembik. Trumps Mahnung, amerikanische Rüstungsprodukte zu kaufen, habe jetzt jedoch für Ernüchterung gesorgt. Die großen Akteure der Branche wie Thales dürften dennoch keine Probleme bekommen, glaubt Dembik. Aber für mittelgroße Unternehmen könnte es schwieriger werden.
Pessimistische Franzosen
Die Aussichten für französische Unternehmen für den Rest des Jahres bleiben auch wegen des starken Euro und der amerikanischen Strafzölle unsicher. Die Experten von Axa IM gehen davon aus, dass Medizintechnik, Luxus und Autos bezüglich der Einnahmen am meisten gefährdet sind, da sie von den in die USA exportierten Waren her am exponiertesten seien. „Wir erwarten, dass diese Branchen unter Druck bleiben, zumindest im Vergleich zu anderen", sagt Laurent Clavel. Deshalb stufe Axa IM diese Branchen mit vorsichtig untergewichten in seinen Portfolios ein.
In Frankreich blicken nicht nur Vertreter dieser Bereiche verzagter in die Zukunft. „Im europäischen Vergleich ist der Pessimismus bei französischen Unternehmen stärker ausgeprägt", erklärt Dembik. Das zeige sich an den Bemerkungen anlässlich der Halbjahresergebnisse, an dem Willen zu investieren. Grund für den größeren Pessimismus ist laut Dembik das französische Umfeld. „Es gibt Befürchtungen wegen der politischen und steuerrechtlichen Instabilität", sagt er. "Dazu kommt das internationale Umfeld.“
8.000 Punkte als Hürde
Noch hält die Konsolidierungsphase des CAC 40 an. Der August und September seien traditionell ruhige Monate für die Börse in Paris, erklärt Dembik. Die amerikanischen Börsen könnten seiner Meinung nach im Oktober wieder anziehen und dann Paris mit nach oben ziehen. Der CAC 40 bewege sich nun Richtung seines Unterstützungsniveaus, nachdem er mehrmals gescheitert sei, die Marke von 8.000 Punkten zu überschreiten.
Vernünftige Bewertungen
„Wir bleiben bullish für den Ausblick für Aktienmärkte und den europäischen für die kommenden Monate besonders“, sagt Laurent Clavel von Axa IM. Die makroökonomischen Nachrichten in Europa hätten positiv überrascht und die Bewertungen blieben relativ attraktiv. Obwohl das Kurs-Gewinn-Verhältnis der CAC 40-Werte laut Alexandre Baradez von IG im Schnitt 17 beträgt. Damit ist die Bewertung jedoch niedriger als die des S&P 500, bei dem es zu Korrekturen kommen könnte.
Defensivere Werte
„Der französische Aktienmarkt bietet eine der breitesten und diversifiziertesten investierbaren Universen in Europa“, findet Axa IM-Experte Clavel. Neben Finanzwerten gewichte der Assetmanager auch französische Aktien über, die mit der europäischen Elektrifizierung zu tun hätten – von Industrie zu Versogern, von Kabel zu Erneuerbaren. Riesige Infrastrukturprojekte und der Druck für eine schneller Energiewende machen sie aus seiner Sicht attraktiv.
„Diese Aktien bieten noch immer vernünftige Bewertungen und profitieren von einem starken politischen Rückhalt“, sagt Clavel. Investoren hätten sich jedoch noch nicht stark in dieser Branche positioniert. Die Aktien aus diesem Bereich seien weniger exponiert, was Strafzölle anginge. Und sie böten organisches Wachstum und seien von Natur aus defensiverer Natur.