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GE-Bonds haben noch Potenzial

Von Volker Stoll *) Börsen-Zeitung, 17.9.2015 Seit Anfang 2015 haben sich die Spreads der Industriewerte insgesamt wieder leicht ausgeweitet. Auch bei General Electric (GE) waren seit Mitte des ersten Quartals moderate, marktbedingte...

GE-Bonds haben noch Potenzial

Von Volker Stoll *)Seit Anfang 2015 haben sich die Spreads der Industriewerte insgesamt wieder leicht ausgeweitet. Auch bei General Electric (GE) waren seit Mitte des ersten Quartals moderate, marktbedingte Spread-Ausweitungen zu verzeichnen, ohne aber den langjĂ€hrigen Trend der Spread-Einengung bislang zu gefĂ€hrden. Als spezifische Spread-Treiber sehen wir die operative ErtragsqualitĂ€t, die Neuausrichtung der Finanztochter General Electric Capital (GECC) sowie des IndustriegeschĂ€fts, die AusschĂŒttungspolitik sowie das kĂŒnftige Bondangebot.GE ist schon lange der Maßstab im Industriesektor. Um die Strahlkraft des Unternehmens auch lĂ€ngerfristig zu erhalten, repositionierte CEO Jeff Immelt in den vergangenen fĂŒnf Jahren das IndustriegeschĂ€ft mit diversen Akquisitionen umfassend neu und schrumpfte zugleich das FinanzierungsgeschĂ€ft von GECC ĂŒberwiegend durch AnteilsverkĂ€ufe erheblich. Die operative Aufstellung konzentriert sich im Zuge des langjĂ€hrigen Portfolioumbaus immer stĂ€rker auf Produkte fĂŒr die industrielle Infrastruktur. Die unterschiedlichen Produktsegmente sind dabei durch Technologie- und Fertigungssynergien verzahnt. Bedeutende Kompetenzen sind in der Hochleistungskeramik-, Generator- und der Ultraschalltechnologie, im 3-D-Druck sowie in industriellen Internetlösungen zu sehen. Höherer Gewinn angepeiltDer Erfolg des strategischen Umbaus ist auch im Bericht zum zweiten Quartal dokumentiert. So lag das organische Umsatzwachstum trotz eines schwierigen Umfelds bei 5 %. Gut entwickelten sich vor allem die Segmente Power & Water, das GeschĂ€ft mit Flugturbinen und ZĂŒgen. Bremsend wirkten hingegen Öl & Gas (-15 %) und die Medizintechnik (-3 %). Der bereinigte Gewinn aus den fortgefĂŒhrten AktivitĂ€ten des IndustriegeschĂ€fts stieg um 11 % auf 4,4 Mrd. Dollar. Die Marge des IndustriegeschĂ€fts lag bei soliden 16,2 %. Die Amerikaner erwarten in diesem Jahr einen prozentual zweistelligen Gewinnanstieg und ein organisches Wachstum in der Bandbreite von 2 % bis 5 %. Die Gewinn-Guidance fĂŒr 2015 wurde im zweiten Quartal leicht angehoben. Das Wachstumsniveau des Jahres 2014 kann aber wegen schwierigen Rahmenbedingungen bei Versorgerkunden und im Öl- und Gassektor im laufenden Jahr nicht gehalten werden. Das Margenniveau liegt unseres Erachtens wegen zumeist hoher Marktanteile z. B. bei rotierenden Baugruppen wie Turbinen sowie einer hohen ProduktivitĂ€t deutlich ĂŒber dem Branchendurchschnitt.Trotz insgesamt ĂŒberzeugender Berichte zum ersten und zweiten Quartal sowie einer erfreulichen strategischen Entwicklung weitete sich der CDS-Spread im Berichtszwischenzeitraum von 35 auf 60 Basispunkte (BP) aus. Ursache hierfĂŒr waren reduzierte Markterwartungen an den Industriesektor wegen fallender Einkaufsmanagerindizes seit etwa April. Operativ steht aber nun die Integration von Alstom im Mittelpunkt. Eine bessere PrĂ€senz in Europa, in den Emerging Markets, in der StromĂŒbertragung ebenso wie in der Kohle- und Wasserkraft ist dadurch zu erwarten. Schließlich gilt es die im Branchenvergleich ĂŒberdurchschnittliche organische Wachstumsrate auf hohem Niveau zu halten. ZĂŒgig eingefĂŒhrte Innovationen und ein umsetzungsstarkes Kostenmanagement dĂŒrften dabei die Marge und den Cash-flow auch bei verhaltenen Marktbedingungen auf hohem Niveau halten.Seit der Finanzmarktkrise 2009 war es ein Ziel, das GeschĂ€ftsvolumen von GECC zu verkleinern. Daher sanken die Nettovermögenswerte von GECC von 472 Mrd. Dollar Ende 2009 auf 363 Mrd. Dollar in 2014 und auf 179,3 Mrd. Dollar Ende des 2. Quartals 2015. Zwar ist der Finanzarm ertragsstark, aber die Einzelteile sind am Markt mehr wert, als unter der FĂŒhrung von GE. Zudem wird nur ein kleiner Teil der Finanzprodukte fĂŒr das Industrieangebot genutzt. Im Rahmen der am 10. April verkĂŒndeten Neuausrichtung sollen die Nettovermögenswerte von GECC bis Ende 2016 unter die Marke von 100 Mrd. Dollar oder 91 % des 2014er Industrieumsatzes sinken. Zum Vergleich: Die Nettovermögenswerte von Siemens Financial Services betragen etwa ein Viertel des Industrieumsatzes. Nach der Neuausrichtung wird nur noch das KerngeschĂ€ft von GE, also Kraftwerke, ZĂŒge, Flugturbinen, Medizintechnik oder Ölförderanlagen finanziert. Bei der Absatzfinanzierung ist zudem die Marge attraktiver. Das GeschĂ€ft mit Hypotheken oder Konsumentenkrediten wird dagegen vollstĂ€ndig verĂ€ußert. GECC dĂŒrfte in der kĂŒnftigen GrĂ¶ĂŸe nicht mehr als systemrelevantes US-Finanzinstitut eingestuft werden. Im Zuge der Neuausrichtung garantiert nun GE fĂŒr die Bonds von GECC. Ein Teil der beim Verkauf von GeschĂ€ftsteilen von GECC frei werdenden Mittel soll im Zeitraum 2015 bis 2018 durch bis zu 90 Mrd. Dollar umfassende AktienrĂŒckkaufprogramme und DividendenausschĂŒttungen an den AktionĂ€r fließen. Zugleich legt GE auf den Erhalt des seit 2009 gĂŒltigen “AA+”-Ratings von S & P großen Wert.Das schrittweise gĂŒnstiger werdende Finanzrisikoprofil und die auch im 1. Halbjahr 2015 gestiegene Ertragskraft von GE reflektierten sich im FĂŒnf-Jahres-CDS. Seit Anfang 2015 fiel der Spread von 64 auf 43 BP. Zur AnkĂŒndigung der weiteren Fokussierung des GECC-GeschĂ€fts engte sich der CDS-Spread im Tagesverlauf um 18 auf 42 BP ein. Im historischen Vergleich befindet sich der CDS aber deutlich unter dem Krisenniveau des Jahres 2009 mit rund 1 000 BP. Die Finanzierung ĂŒber Anleihen erfolgt bei GE ĂŒberwiegend ĂŒber Dollar, aber auch ĂŒber den Euro-Bond-Markt. Derzeit hat das Unternehmen 20 Bonds mit Volumina von jeweils ĂŒber 500 Mill. Euro am Markt ausstehen, die eine hinreichend hohe HandelsliquiditĂ€t bieten. GE war bislang hĂ€ufig am AnleiheprimĂ€rmarkt aktiv. Allerdings ist im Rahmen des LiquiditĂ€tszuflusses durch die VerĂ€ußerung großer Teile des Finanzarms bis zum Jahr 2018 keine nennenswerte AktivitĂ€t zu erwarten. Die jĂŒngste Euro-Neuemission erfolgte Mitte Mai 2015. Die FĂ€lligkeiten fĂŒr das laufende Jahr liegen bei 2,6 Mrd. Euro und sind damit ĂŒberschaubar. LĂ€ngere Laufzeiten im BlickDie Bonds notieren zumeist oberhalb des fĂŒr das GE-Rating relevanten “AA+”-Niveaus. Damit erscheinen sie im relativen Marktvergleich gĂŒnstig bewertet. Zu berĂŒcksichtigen ist aber, dass GE trotz der laufenden Neuausrichtung nach wie vor ĂŒber ein im Industrievergleich hohes Finanzexposure verfĂŒgt. Die Renditen (Yield to Maturity) der von uns als interessant eingestuften GE-Anleihen bewegen sich je nach Laufzeitenband zwischen 0,41 % (FĂ€lligkeit 1/2018) und 1,86 % (FĂ€lligkeit 5/2027). FĂŒr einigermaßen attraktive Renditen muss sich der Anleger auf lĂ€ngere Laufzeiten einstellen.Der Abschluss des Desinvestitionsprogramms bei der Finanztochter bis Ende 2016 sollte einen erheblichen LiquiditĂ€tszufluss bei zugleich sinkenden Finanzmarktrisiken ermöglichen. Daher sollten sich Chancen auf weiter einengende Spreads bieten. Die operative GeschĂ€ftslage lĂ€sst dies bereits jetzt zu.—-*) Volker Stoll ist Senior Analyst bei der Landesbank Baden-WĂŒrttemberg.