Gilt-Renditen nach BoE-Zinsentscheid unter Druck – Dax verliert
Mit deutlichen Renditerückgängen haben die britischen Staatsanleihen (Gilts) am Donnerstag auf die Zinswende im Vereinigten Königreich reagiert. Die Rendite der zehnjährigen Gilts fiel von 3,97%, die noch am Vortag gesehen wurden, bis auf ein Tagestief von 3,86% und war im späten europäischen Handel dann bei 3,88%. Die Bank of England (BoE) senkte den geldpolitischen Schlüsselsatz um einen Viertelprozentpunkt auf nunmehr 5%. Es ist der erste Lockerungsschritt seit dem Frühjahr 2020, als die britische Notenbank auf die Corona-Krise reagierte. Die Entscheidung für die Zinssenkung fiel mit fünf zu vier Stimmen im geldpolitischen Ausschuss der BoE denkbar knapp aus. Laut Notenbankchef Andrew Bailey wird die BoE in Zukunft vorsichtig vorgehen: „Wir müssen sicherstellen, dass die Inflation niedrig bleibt, und darauf achten, die Zinssätze nicht zu schnell oder zu stark zu senken“, so Bailey.
An den Devisenmärkten neigte das Pfund infolge der Zinssenkung zur Schwäche. Für Großbritanniens Währung mussten am Abend noch 1,2772 Dollar bezahlt werden, das waren 0,7% weniger als noch am Vortag. Der Euro gab ebenfalls etwas ab und lag abends bei 1,0787 Dollar, was einem Minus von 0,4% entsprach.
An den Rentenmärkten wurden im Bereich der Bundesanleihen im Gleichschritt mit den Gilts ebenfalls Renditerückgänge gesehen. Die zehnjährige Bundrendite lag im späten europäischen Handel bei 2,25% nach 2,30% am Vortag (Tagestief: 2,23%). Die Bundesanleihen zählen zu den sicheren Häfen an den internationalen Kapitalmärkten. Aufgrund der Ausweitung des Konfliktes im Nahen Osten präferieren Anleger derzeit Qualität und steuern die sicheren Bundesanleihen an, was zu dem Renditeabstieg führt. Sollte sich die Eskalation im Nahen Osten noch fortsetzen, ist durchaus einzukalkulieren, dass die zehnjährige Bundrendite die Marke von 2,20% nach unten durchbricht und auf Tuchfühlung mit 2,10% geht, so die Einschätzung im Markt. Zudem wurden Zinssenkungsfantasien von EZB-Vertretern genährt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat aus Sicht von Ratsmitglied Yannis Stournaras voraussichtlich noch Spielraum für weitere Zinssenkungen im laufenden Jahr. Er gehe immer noch von zwei Schritten nach unten im laufenden Jahr aus, sagte der griechische Notenbankchef Medienberichten zufolge. Entscheidend sei, dass die eingehenden Daten, insbesondere zu den Löhnen, die Währungshüter darin bestärkten, dass die Inflation mittelfristig wieder auf das Zielniveau von zwei Prozent zurückkehren werde.
An den Edelmetallmärkten war aber noch kein Ansturm auf den sicheren Hafen Gold zu beobachten. Die Feinunze des gelben Metalls wurde abends mit 2.445 Dollar (-0,1%) gehandelt und damit in etwa auf dem Wert des Vortages. An den Rohstoffmärkten stiegen die Ölpreise angesichts der zunehmenden Spannungen im Nahost-Konflikt zunächst weiter an. Die Nordseesorte Brent verteuerte sich bis auf 81,80 Dollar, ehe Gewinnmitnahmen einsetzen. Abends kostete das Fass (159 Liter) 80,61 Dollar (-0,3%). „Weitet sich der Krieg im Gazastreifen zwischen Israel und der Hamas auf andere Länder aus, könnte die Ölversorgung eingeschränkt werden. So könne eine Blockade der vom Iran kontrollierten Wasserstraße von Hormus 15 bis 20 Prozent der weltweiten Versorgung bedrohen“, sagte Analyst Vivek Dhar von der Commonwealth Bank of Australia der Agentur Reuters. „Da die Pipeline-Kapazitäten zur Umgehung einer solchen Blockade begrenzt sind, stellt die Straße von Hormus ein großes potenzielles Störungsrisiko für die Ölmärkte dar."
Trübe Bilanzen deutscher Autobauer drückten auf die Stimmung an Europas Aktienmärkten. Der Dax verlor 2,3% auf 18.083 Zähler. Der Euro Stoxx 50 Index büßte um 2,2% auf 4.765 Punkte ein. Für Belastung sorgten aber auch Konjunkturdaten aus China. Das verarbeitende Gewerbe ist dort im Juli aufgrund von rückläufigen Auftragseingängen erstmals seit neun Monaten geschrumpft. Der entsprechende Caixin/S&P Global-Stimmungsindikator fiel auf 49,8 von 51,8 Punkten im Vormonat. China hat mit einer Immobilienkrise, Deflationsdruck und einer Nachfrageschwäche im Inland zu kämpfen.