Emerging Markets

Guter Einstiegszeitpunkt für Lokalwährungs-Anleihen von Schwellenländern

Auf Lokalwährung lautende Schwellenländeranleihen sind derzeit für Investoren attraktiv, unter anderem dank hoher Einstiegsrenditen.

Guter Einstiegszeitpunkt für Lokalwährungs-Anleihen von Schwellenländern

Obwohl die konjunkturelle Situation derzeit als alles andere als rosig bezeichnet werden kann und die Wachstumsprognosen nach unten und die Inflationsprognosen nach oben korrigiert werden, sind wir der Meinung, dass derzeit ein attraktiver Einstiegspunkt für Schwellenländeranleihen in Lokalwährung (EM Local Debt) ist. Insbesondere Lateinamerika zeigt Anzeichen für eine Abkopplung von zwei Schlüsselfaktoren, die sich negativ auf fast alle anderen Risiko-Assetklassen auswirken, nämlich eine aggressivere amerikanische Notenbank Fed und die geopolitischen Risiken, die sich auf Osteuropa konzentrieren.

Coronakrise als Startschuss

Paradoxerweise scheint der Beginn der Coronakrise der Startschuss für lokale EM-Anleihen gewesen zu sein, denn während die meisten Schwellenländer von der Pandemie hart getroffen wurden, hat diese Krise gleichzeitig die Leistungsbilanzen dieser Nationen durch einen massiven Importrückgang bzw. eine Währungsabwertung stark begünstigt. Und tatsächlich ist gerade die Währungskomponente der Haupttreiber für die deutliche Outperformance der Lokalwährungsanleihen im Jahr 2022, und wir gehen davon aus, dass sich dieser Trend im Laufe des Jahres fortsetzen wird. In Ländern wie Mexiko oder Südafrika waren die Bilanzen zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder positiv. Infolgedessen weist die durchschnittliche Leistungsbilanz der größten Schwellenländer (ex Russland) jetzt sogar einen Überschuss auf. Lateinamerika und auch Teile Afrikas haben aufgrund steigender bzw. hoch bleibender Rohstoffpreise zudem eine erhebliche Realzinsprämie und positive Außenhandelsbedingungen geschaffen. Somit wurde sozusagen die fundamentale Grundlage für eine nachhaltige Outperformance von Lokalwährungsschwellenländeranleihen (ohne Osteuropa) gelegt, lange bevor die US-Notenbank ihren Zinsanhebungszyklus auf aggressive Art einleitete und auch bevor der Ukraine-Krieg ausbrach.

Abgesehen von fundamentalen Ar­gumenten wie geringerer Verschuldung und zukünftig höherem Wachstum unterstützen auch technische Faktoren diese Anlageklasse: EM Local Debt bietet derzeit attraktive Einstiegsrenditen. Der am meisten be­achtete Benchmark-Index für lokale EM-Anleihen, der J.P. Morgan GBI-EM­, rentiert derzeit mit 6,76%. Diese hohen Renditeniveaus sind eine direkte Folge des früheren Be­ginns von Zinsanhebungszyklen in vielen Schwellenländern im Vergleich zu den entwickelten Volkswirtschaften. Das aktuelle Level bietet Anlegern nicht nur aus bewertungstechnischer Sicht einen attraktiven Einstieg, sondern auch weiterhin eine Rendite, die deutlich höher ist als die in entwickelten Märkten. Die Renditekurven einiger Schwellenländer weisen selbst nach Abzug der ebenfalls stark gestiegenen Inflation deutlich positive Realrenditen auf. Angesichts der höchsten globalen Inflationswelle seit Jahrzehnten und der anhaltend negativen Realrenditen in der entwickelten Welt ist dies durchaus bemerkenswert. Eines der überzeugendsten Merkmale von EM Local Debt aus Allokationssicht ist das sich bietende Diversifizierungspotenzial. Dieses ist vor allem auf die beiden unterschiedlichen Renditequellen zurückzuführen, die Schwellenländeranleihen in Lokalwährung bieten: Aufwertungspotenzial aus der Fremdwährung und ein relativ hohes lokales Zinsniveau. Letzteres wurde durch die hohen Inflationszahlen und die daraus resultierende frühe Reaktion in Form von Zinserhöhungen vieler EM-Zentralbanken erreicht.

Zeitnahe Lockerung möglich

Dies steht in krassem Gegensatz zur Reaktionsfunktion der Zentralbanken in den USA und im Euroraum. Tatsächlich haben einige EM-Zentralbanken ihre Zinserhöhungszyklen bereits bis zum oder in die Nähe des neutralen Zinssatzes ausgedehnt. Manche Staaten wie Brasilien sind bereits darüber hinaus. Das bedeutet, dass diese Länder wenn nötig bereits zeitnah zu einer geldpolitischen Lockerungspolitik übergehen könnten, selbst wenn der Straffungszyklus der Fed in hoher Geschwindigkeit fortschreitet. Dies ist insofern wichtig, als dies ein Steuerungsmechanismus ist, sollten schnell und stark steigende US-Zinsen einen negativen Einfluss auf die einheimische Wirtschaft des Schwellenlandes haben.

Dennoch gibt es auch Grund zur Vorsicht. Es besteht das Risiko eines länger andauernden Kriegs zwischen Russland und der Ukraine, was die weltweiten Energie- und Lebensmittelpreise und damit auch die Inflation in den Schwellenländern noch weiter in die Höhe treiben könnte. Auch ist die Kommunikation der US-Notenbank in letzter Zeit aggressiver geworden, ebenso spitzte die EZB ihre Wortwahl zu. Dies könnte zu einer weiteren Verschärfung der globalen Fi­nanzbedingungen führen und Re­zessionsängste verstärken. Zudem hat Chinas gescheiterte Zero-Covid-Politik erneut zu Mobilitätsbeschränkungen geführt, die das Wachstum bremsen und einen der wichtigsten Handels- und Exportkanäle der Schwellenländer schwächen könnten.

Aktives Management

Die letzten Jahre insgesamt haben gezeigt, dass die Schwellenländer mittlerweile so unterschiedlich und idiosynkratisch sind, dass aktives Management alternativlos scheint. Strukturelle Elemente der Alpha-Generierung bei EM Local Debt – Zinsen, Währungen, Länder und Regionen – waren selten so heterogen wie derzeit. Trotz der bereits stark gestiegenen Renditen einhergehend mit attraktiver Carry glauben wir, dass die aktive Positionierung in der Währungskomponente bis auf Weiteres der wichtigste Performancetreiber bleiben wird. Wenn die Zinserhöhungszyklen auslaufen und die Inflationserwartungen ihren Höhepunkt erreicht haben, wird mittelfristig Carry- und Zinsperformance an Bedeutung gewinnen.

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