wbr Frankfurt – Michael Heise, Chefvolkswirt des Multi Family Office HQ Trust, hält das Tempo der Börsenerholung von der Coronakrise für angemessen. “Die Märkte haben sehr schnell die Kontrollierbarkeit der Pandemie unterstellt – und das war am Ende richtig”, sagt Heise im Interview mit der Börsen-Zeitung. Die konjunkturelle Erholung habe bereits begonnen, wie die zuletzt verbesserten Arbeitsmarktdaten aus den USA zeigten. Zudem seien in den kommenden Monaten noch viele positive Konjunkturdaten zu erwarten. Auch eine eventuelle höhere Inflation könne Aktien nichts anhaben. Aufgrund der geldpolitischen Unterstützung und der attraktiven Risikoprämie seien Aktien für Anleger weiterhin alternativlos.Gerade Technologiewerte verzeichneten zuletzt gewaltige Kurssprünge, aus Heises Sicht konzentrieren sich die Investoren aber zu stark auf die “Big Five” Amazon, Apple, Facebook, die Google-Mutter Alphabet und Microsoft. “Der Abstand zu anderen Unternehmen ist geradezu gigantisch – ich denke, es wird einen Kursanstieg vieler Zykliker und Standardwerte geben oder die digitalen Giganten werden eine langsamere Kursentwicklung oder Rückschläge sehen”, sagt der Ökonom.Indes wäre eine zweite Corona-Welle in den Vereinigten Staaten ein erhebliches Risiko für die Märkte. Zudem hänge viel vom Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen ab. Setze Joe Biden seinen aktuellen Vorsprung in einen Sieg um, seien Kurskorrekturen wahrscheinlich. Der Kandidat der Demokraten stehe für eine ausgewogenere Einkommensverteilung sowie mehr Belastungen für Vermögende und große Unternehmen. “Aber Trump ist ein Kämpfer, der vor nichts zurückschreckt”, sagt Heise. Er habe nie gezögert, die Wirtschaft anzukurbeln und negative Effekte zu kompensieren – daher sei er gut für die Börsen. Trotz des viel kritisierten Umgangs des Präsidenten mit der Coronakrise und der Rassismusdebatte in den USA stünden seine Chancen auf eine zweite Amtszeit daher gut. Allerdings ist Trump auch für seine scharfe Rhetorik in Handelsfragen bekannt – und der Dauerkonflikt zwischen China und den USA bleibt laut Heise eines der größten Risiken für Weltwirtschaft und Märkte. – Interview Seite 13