Immobilientitel auf der Überholspur

Vonovia und Deutsche Wohnen schlagen den Dax - Von niedrigen Zinsen und steigenden Preisen getrieben

Immobilientitel auf der Überholspur

Wohnimmobilienaktien zählen im Coronajahr zu den besten Werten des deutschen Aktienmarktes. Vor allem die großen Titel des Sektors haben deutlich zugelegt und damit den Dax geschlagen. Neben dem weiter gesunkenen Zinsniveau werden die Werte unter anderem von weiter deutlich anziehenden Wohnimmobilienpreisen getrieben.Von Christopher Kalbhenn, FrankfurtZu den bemerkenswertesten Entwicklungen im Jahr der Corona-Pandemie zählt der ungebrochene Boom des deutschen Wohnimmobilienmarktes. Während der Gewerbeimmobilienmarkt mit Ausnahme des Logistiksegments durch die Lockdowns und die Rezession schwer angeschlagen sind, setzt sich der Höhenflug der Wohnimmobilienpreise ungebrochen fort.In jedem einzelnen Monat haben die Preise, gemessen am Hauspreisindex EPX, in diesem Jahr im Vormonatsvergleich zugelegt. Im November lag der EPX 10,3% über seinem Vorjahresstand. Noch stärker ist mit 10,7 % der Wohnungsteilindex gestiegen. Noch niedrigere Zinsen und damit Finanzierungskosten sind ein Haupttreiber des Booms. Hinzu kommt aufgrund des Misstrauens, den die ultralockere Geldpolitik und die drastisch steigende Staatsverschuldung bei vielen Menschen auslöst, ein Run auf Sachwerte aus Sorge vor Geldwertverlust. Das Niedrigzinsumfeld und die steigenden Werte gerade von Wohnungen kommen den Wohnimmobilienaktien zugute. Vor allem die Großen der Branche haben seit Jahresbeginn deutlich zugelegt. Vormarsch in den IndizesWährend der Dax mit 13 246 Punkten wenig verändert ist, liegen Vonovia und Deutsche Wohnen mit 19,3% und 15,7% im Plus. Nicht minder fest sind LEG Immobilien mit einem Kursgewinn von 16,6%. Unter den SDax-Titeln ragt Patrizia Immobilien mit einem Gewinn von 30,3% heraus. Durch die erneut überdurchschnittliche Performance setzt sich auch der Vormarsch der Branche in den Benchmark-Indizes fort. Vonovia wurde in diesem Jahr in den Euro Stoxx 50 aufgenommen, Deutsche Wohnen in den Dax. LEG Immobilien schaffte den Einzug in den Stoxx Europe 600 und hat gute Aussichten, im kommenden Jahr ebenfalls in den Dax aufzurücken, wenn dieser von 30 auf 40 Werte vergrößert wird. Kaum MietausfälleDie von der Pandemie ausgelöste Wirtschaftskrise konnte den Wohnimmobilienunternehmen relativ wenig anhaben. Mietausfälle haben sich trotz deutlich gestiegener Arbeitslosigkeit und der Existenznöte von Selbstständigen in überschaubaren Grenzen gehalten. Branchenprimus Vonovia etwa wies für die ersten neun Monate einen Anstieg des operativen Ergebnisses vor Abschreibungen (Ebitda) und des operativen Mittelzuflusses um 11,9 % bzw. 8,9 % aus und erklärte, für das zweite Halbjahr eine weitere Bestandsaufwertung in Höhe von 2,3 bis 2,9 Mrd. Euro zu erwarten, nach 2,3 Mrd. Euro im ersten Halbjahr. Für 2021 avisierte das Unternehmen ein bereinigtes Ebitda zwischen 1,975 und 2,025 Mrd. Euro nach für das aktuelle Gesamtjahr erwarteten 1,875 und 1,925 Mrd. Euro, ferner eine Dividendenanhebung von 1,57 auf 1,69 Euro. Die Mieteinnahmenentwicklung war in den ersten neun Monaten zwar nicht berauschend, aber immerhin stabil. Bereinigt um Zukäufe wuchsen die Mieteinnahmen um 0,8%, was das Unternehmen auf geringe Fluktuation und regulatorische Eingriffe wie die Mietpreisbremse zurückführte.Ähnlich die Entwicklung bei Deutsche Wohnen. Das Unternehmen avisierte Mitte November für das Gesamtjahr einen Ertrag aus Neubewertung des Wohnungsbestands in einer Größenordnung von 1,5 Mrd. Euro. Zudem hat auch dieses Unternehmen kaum unter Mietausfällen zu leiden. Nur knapp mehr als 1% der Mieter haben nach seinen Angaben krisenbedingte Unterstützung angefragt. Analysten zuversichtlichAuch die Analysten sind für die Aussichten zuversichtlich. So hat die UBS mit dem Hinweis, dass die Aktien der Branche bereits deutlich gestiegen sind, die deutschen Wohnimmobilienaktien zu ihren Favoriten in Europa erklärt. “Wir mögen die großen deutschen Wohnimmobilienaktien Deutsche Wohnen, LEG Immobilien und Vonovia, weil sie immer noch Abschläge auf ihren Nettoinventarwert aufweisen und mit ihren soliden Bilanzen Absicherung gegen Abwärtsrisiken bieten.” Die Schweizer Großbank empfiehlt sämtliche von ihm beobachteten deutschen Wohnimmobilienaktien zum Kauf. Sein Kursziel für Vonovia lautet auf 70 Euro (aktueller Kurs 57,26 Euro). Deutsche Wohnen werden 53 (derzeit 42,12 Euro) und LEG Immobilien 145 (123,04 Euro) zugetraut.Auch die Deutsche Bank erwartet weitere Kurssteigerungen. Das Institut veranschlagt für Vonovia und Deutsche Wohnen Kursziele von 68 und 70 Euro. Gestern hob es sein Kursziel für LEG von 134 auf 145 Euro an.