Nachhaltigkeit

Investoren blicken auf Biodiversität

Das Interesse von Investoren an Klimafragen hat stark zugenommen. Das ist das Ergebnis einer Umfrage der Fondsgesellschaft Robeco unter 300 Investoren weltweit. Die Ergebnisse zeigen regionale Unterschiede.

Investoren blicken auf Biodiversität

Von Wolf Brandes, Frankfurt

Zum zweiten Mal hat der Assetmanager Robeco eine Klimaumfrage veröffentlicht. Thema der Studie ist der Umgang von Investoren mit den Chancen und Risiken des Klimawandels. Die Umfrage umfasst 300 der weltweit größten institutionellen Anleger in Europa, Nordamerika und Asien, die insgesamt 23,7 Bill. Dollar verwalten. Die Klimaumfrage 2022 zeigt, dass mittlerweile 75% der Anleger den Klimawandel als eines der wichtigsten ESG-Themen ansehen. Das ist ein starker Anstieg gegenüber nur 34% vor zwei Jahren. Die Investoren haben zudem angegeben, dass Selbstverpflichtungen zum Erreichen eines Netto-null-Ziels bei Emissionen inzwischen Mainstream seien.

Selbstverpflichtungen

Fast die Hälfte der Investoren hat sich öffentlich dazu bekannt, bis zum Jahr 2050 keine Treibhausgasemissionen mit den im Portfolio enthaltenen Unternehmen zu verursachen, oder sie sind dabei, diese Selbstverpflichtung einzugehen. Allerdings gibt es regionale Unterschiede. Nur 11% der US-Investoren haben sich Net-Zero-Initiativen angeschlossen, während es in Europa 40% und im asiatisch-pazifischen Raum 31% sind (siehe Grafik).

Die Angaben zu genutzten ESG-Ansätzen zeigen, dass einfache Themeninvestments noch überwiegen (70%). Ähnlich häufig ist der Weg von Investoren, über Engagement auf die Unternehmen einzuwirken. Die aktive Beteiligung und Stimmrechtsausübung werden ebenfalls von den Befragten bevorzugt. Am stärksten ist dieser Ansatz bei den europäischen Anlegern verbreitet.

Natur rückt nach vorne

Die Klimastudie von Robeco zeigt, dass die institutionellen Investoren zunehmend Biodiversität in ihre Investitionskonzepte einbeziehen. Dies ist aus Sicht von Robeco nachvollziehbar, da der Klimawandel und steigende Temperaturen eine direkte Bedrohung für die biologische Vielfalt, also die Vielfalt in der Natur und in verschiedenen Ökosystemen sei – von den tropischen Regenwäldern bis zu den Polarregionen.

Aus Sicht der befragten Investoren stehen Klimawandel und Biodiversität in einem engen Zusammenhang in Bezug auf die ökonomischen Folgen sowie die Risiken. Nur eine Begrenzung der Erderwärmung, wie sie im Pariser Abkommen beschrieben ist, würde auch die biologische Vielfalt schützen. Biodiversität wird von den institutionellen Anlegern inzwischen als Teil eines nachhaltigen Wirtschaftsmodells für die Zukunft angesehen.

Robeco interpretiert die Ergebnisse so, dass Investoren die Erhaltung der biologischen Vielfalt und die Bewältigung des Klimawandels durch Emissionsreduktion immer stärker als zwei Seiten der gleichen Medaille ansehen. Vor zwei Jahren haben nach Angaben von Robeco nur 19% der Investoren angegeben, dass die Biodiversität ein wichtiger Faktor ihrer Anlagepolitik sei. Dies habe sich auf heute 41% verdoppelt. Die Befragten erwarten zudem, dass in zwei Jahren 56% der Anleger Biodiversität eine besondere Bedeutung einräumen werden. Für Investoren und Vermögensverwalter wird Kampf gegen den Verlust der biologischen Vielfalt ein wichtiges Element ihrer Nachhaltigkeitsstrategie.

Getrieben wird das Interesse der Investoren an Biodiversität als Teil ihrer Investitionsanalyse durch das Ziel, langfristige Risiken zu vermeiden, die mit dem Verlust der biologischen Vielfalt verbunden sind. Mehr als die Hälfte (52%) der Anleger gaben dies als Motivation an. An zweiter Stelle (36%) haben Investoren auf Forderungen von Interessengruppen hingewiesen sowie genannt, dass Biodiversität der nächste große Trend sein werde. Etwas mehr als ein Drittel (34%) stimmt der Aussage zu, dass der Schutz von Wildtieren und Ökosystemen für sie eine Motivation sei, Biodiversität in ihrer Anlagepolitik zu berücksichtigen.

Mangel an Daten

Ungeachtet der großen Resonanz sind Investmentansätze mit Fokus auf Biodiversität mit einer Implementierung von 31% noch eher selten. Die Umsetzung erweist sich offensichtlich nach wie vor als schwierig, da es an Forschungsdaten, Ratings und Unternehmensinformationen zur Biodiversität mangele, sagen 50% der Investoren. Außerdem vermissen 43% geeignete Anlageprodukte zur Berücksichtigung der biologischen Vielfalt.

Robeco weist im Zusammenhang mit der Umfrage auf Unsicherheiten in dem Segment von Nachhaltigkeit und ESG hin. „Wir haben nicht den Luxus, auf perfekte Daten oder perfekte Lösungen zu warten“, sagt Lucian Peppelenbos, Klimastratege der Gesellschaft, und appelliert an die Investoren, die Ärmel hochzukrempeln und Geld dort einzusetzen, wo es etwas bewirken könne.

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