Devisenmarkt

Investoren wenden sich immer mehr vom Dollar ab

Die Analysten führender Häuser gehen davon aus, dass sich der Dollar gegenüber dem Euro weiter abschwächen wird. Es droht gar der Absturz.

Investoren wenden sich immer mehr vom Dollar ab

Investoren wenden sich vom Dollar ab

Die Analysten von Deutsche Bank, Amundi und J.P. Morgan Asset Management erwarten eine weitere Abschwächung der US-Währung

wrü Frankfurt

Der Dollar schwächt sich immer mehr gegenüber dem Euro ab. Das Vertrauen der Investoren in die US-Valuta schwindet, immer häufiger sichern Anleger das Währungsrisiko ab. Die Analysten führender Häuser gehen davon aus, dass sich der Dollar gegenüber dem Euro weiter abschwächen wird. Es droht gar der Absturz.

Seit Jahresbeginn hat sich der Kurs des Dollar gegenüber dem Euro massiv ermäßigt. So notierte der Euro Ende 2024 noch bei 1,0394 Dollar. Vor allem bis zu Jahresmitte hat der Euro deutlich gegenüber dem Dollar aufgewertet und notiert aktuell bei 1,18 Dollar.

Investoren verlieren zunehmend Vertrauen in den Dollar und wenden sich von diesem ab. Notenbanken kaufen vor allem Gold zu für ihre Währungsreserven, sodass die Goldbestände in den internationalen Währungsreserven inzwischen die Dollarreserven der Notenbanken übertreffen. Und das Commerzbank-Research weist darauf hin, dass der Anteil des Euros an den Währungsreserven inzwischen größer ist als der des Dollars. Darüber hinaus gilt der stetige Anstieg von Gold als Zeichen für den Vertrauensverlust in die US-Währung. Jahrelang haben steigende Aktienkurse und ein fester Dollar die Investoren verwöhnt, sodass immer mehr Gelder in den Dollar geflossen sind. Dadurch war der Dollar gegenüber dem Euro deutlich höher bewertet, und ist es noch immer. Laut Commerzbank-Research liegt die Kaufkraftparität des Euros gegenüber dem Dollar bei 1,48 Dollar.

Absicherungen nehmen zu

Doch hat sich das Verhalten der Investoren jetzt gedreht. Aufgrund der jüngsten Dollarschwäche und dem mangelnden Vertrauen in die US-Währung kaufen immer mehr Anleger US-Aktien währungsgesichert. „Ausländische Investoren reduzieren jetzt ihr Dollar-Exposure bei ihrer Aktienallokation in einem beispiellosen Tempo“, stellt George Saravelos, Devisenstratege der Deutschen Bank fest. So haben zuletzt die währungsgesicherten (hedged) ETF Zuflüsse in den US-Markt die der nicht-währungsgesicherten Zuflüsse (unhegded) sogar übertroffen (vergleiche auch Grafik). Für Saravelos sind die Implikationen für den Devisenmarkt klar: „Ausländer mögen vielleicht US-Assets kaufen, sie wollen aber nicht das damit einhergehende Dollar-Exposure.“

Das ist ein völlig anderes Verhalten als in den vergangenen Jahren, als ausländischen Investoren eine hohe Positionierung im Dollar noch sehr recht war. Hinzu kommt auch, dass eine Absicherung des Dollars für Euro-Investoren kostet. Diese Kosten kann man sich sparen, wenn der Dollar stabil ist. Wenn die US-Währung jedoch abschmiert, sieht es anders auch. Immerhin haben sich durch die jüngste US-Zinssenkung die Kosten einer Währungsabsicherung etwas reduziert.

Doch wie dürfte sich der Dollar nun weiter entwickeln? Devisenmärkte sind schwer zu prognostizieren, jedoch wird der Dollar von Investoren immer mehr als Risiko wahrgenommen. Dies wird bei allen Gesprächen zu diesem Thema in Frankfurt deutlich. Führende Analysten gehen davon aus, dass sich der Dollar weiter abschwächen dürfte.

Negative Argumente überwiegen

Für Andreas König, Head of Global Currency Management bei Amundi, ist vieles bereits eingepreist. „Auch der Umstand, dass sich Euro/Dollar dieses Jahr bereits um rund 13% bewegt haben und ein weiterer Anstieg von hier eher unwahrscheinlich erscheint, spricht dafür, dass eine weitere Dollar-Abschwächung schwieriger werden könnte“, erklärt König gegenüber der Börsen-Zeitung. „Trotz dieser den Dollar unterstützenden Faktoren sind wir der Meinung, dass die negativen Argumente zum Dollar nach wie vor etwas überwiegen, und halten eine weitere Abschwächung für wahrscheinlicher als eine Aufwertung. Bis zum Jahresende ist ein Niveau um 1,20 Dollar möglich.“

Denn das Umfeld für den Dollar ist nach Meinung von König nicht positiv: „Derzeit gibt es in den USA die Kombination aus einem Nachfrageproblem durch die Tarifpolitik und einem Angebotsproblem durch die Immigrationspolitik, die mit möglichen Zinssenkungen durch die Zentralbank und einer sogenannten Fiscal Dominance einhergehen.“ Auch sei ein niedrigerer Dollar ein Ziel der Trump-Regierung.

Eine Diskussion über eine De-Dollarisierung oder den Reservestatus sei jedoch überzogen. „Vielmehr sollte von einer weiteren Diversifizierung oder Anpassung nach vielen Jahren enormer Kapitalflüsse Richtung USD gesprochen werden.“

Die Tendenz zu einer verstärkten Absicherung von Dollarrisiken lasse sich zwar in verschiedenen Marktphasen erkennen. „Doch ist das Volumen der Absicherungen bisher deutlich geringer als von vielen Marktteilnehmern erwartet.“ Eine Absicherung sei dann sinnvoll, wenn ein Euro-Investor eine weitere Abschwächung des Dollars erwarte oder grundsätzlich weniger Währungsrisiken eingehen möchte.

Umfassende Schwäche

Auch die Deutsche Bank bleibt für den Dollar bearish. „The trend is your friend“, erklärt Saravelos. „Wir sehen einen große und anhaltende Bewegung beim Offshore-Hedging-Verhalten weg vom Dollar, unterstützt durch einen neuen Fed-Lockerungszyklus und Fragen um ihre Unabhängigkeit.“ Die Deutsche Bank geht davon aus, dass Euro/Dollar die Marke von 1,20 übertreffen wird. Gleichzeitig werde sich die Dollarschwäche gegenüber anderen Währungen ausweiten.

Insgesamt trage die Kombination von negativen Nachfrage- und Angebot-Schocks in den USA, der politische Druck nach weiteren Zinssenkungen der Fed sowie das veränderte Verhalten beim Hedging zur Dollarschwäche bei.

Auch Tilmann Galler, Stratege bei J.P. Morgan Asset Management, sieht den Dollar am Scheideweg. Er ist der Ansicht, dass die US-Zölle einen neuen Handels-, Kapital- und Dollarzyklus fördern. „Nach einem 14-jährigen Bull-Run beim US-Dollar glauben wir, dass der Pfad des Dollars endgültig eine Wende vollzogen hat und es weiter bergab gehen wird“, so Galler.

Die Stärke des Dollars sei auf den „Exzeptionalismus“ der USA im Hinblick auf das Wirtschaftswachstum, ihre starke Aktienmarktentwicklung und ihren Vorteil bei den realen Renditen zurückzuführen. „Diese Anziehungskraft beruhte auf dem festen Vertrauen in die institutionellen Rahmenbedingungen, der Besitzer von US-Vermögenswerten und Dollars schützt.“

Es droht der Absturz

Die neue US-Regierung lege mit ihrer protektionistischen Handelspolitik die Axt an den 14 Jahre dominierenden US-Dollar-Bullenzyklus. „Sollten durch weitere Maßnahmen auch der institutionelle Rahmen der USA beschädigten werden, droht der Dollar auch seinen Status als sicheren Hafen verlieren.“ Dann drohe dem Dollar der Absturz.