GastbeitragAnlagethema im Brennpunkt (289)

Japan Inc. ist reif für den Wandel

Etwa 18 Monate nachdem der japanische Premierminister Fumio Kishida versprochen hat, eine "neue Form des Kapitalismus" zu schaffen, werden die Konturen seines Revitalisierungsprogramms endlich deutlich.

Japan Inc. ist reif für den Wandel

Gastbeitrag: Anlagethema im Brennpunkt (289)

Japan Inc. ist reif für den Wandel

Die Überarbeitung der japanischen Unternehmensführung steht vor einer neuen Phase, welche die langfristige Attraktivität japanischer Aktien erhöhen wird.

Etwa 18 Monate nachdem der japanische Premierminister Fumio Kishida versprochen hat, eine “neue Form des Kapitalismus” zu schaffen, werden die Konturen seines Revitalisierungsprogramms endlich deutlich. Seine Leitinitiative, die darauf abzielt, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln und die sozialen Herausforderungen zu bewältigen, scheint auf einer einfachen Strategie zu beruhen: Die japanischen Bürger sollen davon überzeugt werden, inländische Aktien zu kaufen.

Kishida drängt die traditionell risikoscheuen, bargeldstarken Anleger des Landes, ihr Vermögen proaktiv zu verwalten und zu investieren. Seine Regierung führt eine neue Steuerbefreiungsregelung für Investitionen ein, die in Verbindung mit anderen Maßnahmen des Privatsektors den Wechsel vom Sparen zum Investieren beschleunigen, den langfristigen Wert der Japan Inc. steigern und den Wohlstand umverteilen soll.

Die Japaner ergreifen zunehmend Maßnahmen, um ihre finanzielle Zukunft zu sichern, was sich für japanische Aktien als transformativ erweisen könnte: Die inländischen Sparer haben etwa 2.000 Billionen JPY (15 Billionen USD) in ihren Kassen.

Diese Anreize haben bei den japanischen Bürgern Anklang gefunden. Die Rückkehr der Inflation, die sich auf einem 41-Jahres-Hoch befindet, und die zunehmende Sorge um die Kosten des Ruhestands haben einen wachsenden Teil der japanischen Bevölkerung dazu veranlasst, Maßnahmen zur Sicherung ihrer finanziellen Zukunft zu ergreifen.

Ebenso wichtig ist jedoch, dass solche Bemühungen auch die Attraktivität Japans bei ausländischen Aktienanlegern erhöhen könnten, indem sie bisher konservativ geführte Unternehmen in dynamische, schlanke und aktionärsfreundliche Unternehmen verwandeln, die weltweit als Anlagegrundlagen für globale Portfolios dienen.

Japanische Privatanleger haben traditionell fast die Hälfte ihres Vermögens in Bargeld und Bankeinlagen angelegt. Nur 15% ihres Vermögens werden in Aktien und Investmentfonds gehalten, verglichen mit rund 30% in den USA und Europa. Nach vielen gescheiterten Versuchen früherer Regierungen arbeitet Kishida daran, diesen riesigen Bargeldbestand zu erschließen.

Neue Anlegergruppen erschließen

Inländische Anleger haben das Potenzial, zu einer bedeutenden neuen Nachfragequelle für den Aktienmarkt des Landes zu werden, welcher der zweitgrößte der Welt ist. Wenn sich Japan zu einer Nation von Aktionären entwickelt, ist dies auch für ausländische Investoren ein gutes Zeichen. Nicht zuletzt deshalb, weil das Entstehen einer großen inländischen Aktionärsbasis die Bemühungen um eine Anhebung der japanischen Corporate-Governance-Standards beschleunigen dürfte.

Traditionell mussten japanische Unternehmen den Bedürfnissen einer sehr breiten Gruppe von Stakeholdern gerecht werden, darunter Mitarbeitende, Kunden und Geschäftsgruppen. Die mangelnde Fokussierung hat zu einer ineffizienten Nutzung des Kapitals geführt. Nicht umsonst weist die Hälfte der an der Tokioter Börse notierten Unternehmen ein Kurs-Buchwert-Verhältnis von unter 1 und eine Eigenkapitalrendite von unter 8% auf. Im Vergleich dazu liegt die Eigenkapitalrendite des S&P 500 bei 19,4% – allerdings bei einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von 3,9.

Es wird jedoch erwartet, dass Kishidas erneuter Vorstoß zur Etablierung einer Aktienkultur in ganz Japan den Bemühungen der Tokioter Börse zur Verbesserung der Unternehmensführung und der Aktionärsrenditen mehr Schwung verleihen wird. Das sollte an und für sich schon ein Grund für internationale Anleger sein, ihr Engagement in japanischen Aktien wieder zu erhöhen.

Auf längere Sicht erwarten wir für japanische Aktien in den nächsten fünf Jahren eine jährliche Rendite von über 10%, die über der von US-Aktien liegt und in Dollar gerechnet fast so hoch ist wie die Renditen von Schwellenländeraktien, allerdings bei weitaus geringerer Volatilität. Die Renditen könnten sogar noch höher ausfallen, wenn die Reformen die gewünschte Wirkung zeigen. Dies bedeutet, dass japanische Aktien in internationalen Portfolios einen höheren Stellenwert einnehmen sollten.

Walter Liebe

Pictet Asset Management