Kapitalaufnahme bricht in Deutschland drastisch ein
Kapitalaufnahme bricht in Deutschland drastisch ein
Kapitalaufnahme bricht in Deutschland drastisch ein
Studie der Quirin Privatbank: Im ersten Halbjahr erhöhen vor allem kleine und mittelständische Unternehmen ihr Eigenkapital – Backstop beliebt
wrü Frankfurt
Im ersten Halbjahr ist das Transaktionsvolumen am deutschen Eigenkapitalmarkt massiv zurückgegangen, stellt die Quirin Privatbank in einer Studie fest. Grund ist die Zurückhaltung großer Unternehmen. Denn KMUs nutzen nach wie vor den Kapitalmarkt als Finanzierungsquelle. Und dies zunehmend ohne Prospekt.
Im ersten Halbjahr haben vor allem kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) den Kapitalmarkt zur Eigenkapitalaufnahme genutzt. Hingegen haben trotz der guten Entwicklung des Dax nur zwei große börsennotierte Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von mehr als 500 Mill. Euro Kapitalerhöhungen durchgeführt. Entsprechend ist die Kapitalaufnahme der Unternehmen am deutschen Sekundärmarkt im ersten Halbjahr dramatisch auf ein Volumen von rund 160 Mill. Euro eingebrochen. Das gesamte Emissionsvolumen ist dabei um nahezu 90% im Vergleich zum ersten Halbjahr 2023 sowie um weitere knapp 60% im Vergleich zum ersten Halbjahr 2024 gesunken. Dies geht aus der Studie Finanzierungsmonitor Kapitalmarkt der Quirin Privatbank hervor, die der Börsen-Zeitung exklusiv vorliegt.

In einem Umfeld, das insbesondere in Deutschland durch eine andauernd schwache Konjunktur und relativ hohe politische Unsicherheit geprägt sei, falle es vielen Unternehmen schwer, Investoren zu überzeugen und neue Investitionen zu mobilisieren.

„In der Hauptsache kleine und mittelständische Unternehmen nutzten trotz des herausfordernden Umfelds aktiv den Kapitalmarkt zur Eigenkapitalaufnahme – häufig in Form einer Backstop-Struktur und vereinfachten Prospektvorgaben“, erläutert Carsten Peter, Direktor Kapitalmarktgeschäft der Quirin Bank. „Insbesondere der deutsche Kapitalmarkt war somit weniger durch ein hohes Volumen als vielmehr durch eine strategisch fokussierte Nutzung einzelner Finanzierungsinstrumente gekennzeichnet.“
Dominante Finanzstruktur
Bereits im Jahr 2024 ist vor allem bei KMUs eine signifikante Verschiebung hin zu durch sogenannte Backstop-Investoren abgesicherten Kapitalerhöhungen festzustellen. Dieser Trend hat sich im ersten Halbjahr weiter verstärkt. So waren allein 16 von insgesamt 19 Kapitalerhöhungen mit einer Backstop-Vereinbarung ausgestattet. Im ersten Halbjahr 2023 waren nur zwölf Kapitalerhöhungen mit einem Backstop ausgestattet.
Parallel dazu habe die Anzahl der Kapitalerhöhungen ohne Backstop-Vereinbarungen signifikant abgenommen, nämlich von insgesamt 21 im ersten Halbjahr 2023 auf nur noch drei im ersten Halbjahr 2025. Somit ist der Anteil der Backstop-Transaktionen auf mehr als 80% aller Transaktionen angestiegen.
„Im Small- und Mid Cap -Segment hat sich die Backstop-Struktur zu einer dominanten Finanzierungsstruktur entwickelt, welche vor allem das Vertrauen bestehender Investoren stärkt“, stellt die Quirin Privatbank fest. Insgesamt entfielen laut der Studie mit 15 rund 80% der 19 Transaktionen auf Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von weniger als 100 Mill. Euro. Damit bleibe dieses Segment das aktivste am deutschen Kapitalmarkt.

Auffällig sei auch die anhaltende Zurückhaltung bei Unternehmen mittlerer Größe mit einer Marktkapitalisierung von 100 bis 500 Mill. Euro. Nach sechs Transaktionen in der ersten Hälfte 2023 und nur einer im ersten Halbjahr 2024 wurden hier in den ersten sechs Monaten dieses Jahres nur zwei Transaktionen getätigt.
Alternative Anleihemarkt
Doch wie finanzieren sich große Unternehmen? „Große Unternehmen greifen weiterhin primär auf interne Finanzierungsmittel oder den Anleihemarkt zurück“, stellt die Quirin Privatbank fest. So hätten die Banken für das zweite Quartal eine insgesamt deutlich gestiegene Kreditnachfrage gemeldet. Zudem seien laut LBBW im ersten Halbjahr neue Euro-Anleihen in Höhe von rund 300 Mrd. Euro begeben worden. Darüber hinaus werde auch der Schuldscheinmarkt genutzt.
Betrachtet nach Börsenplätzen habe Frankfurt mit 11 von 19 Transaktionen erneut dominiert. „Frankfurt bleibt weiterhin der zentrale Standort für Kapitalmarktfinanzierungen in Deutschland“, stellt die Studie daher fest.
Bei den Transaktionsstrukturen hätten erneut Kapitalaufnahmen über Bezugsrechtsemissionen dominiert. Hingegen setzten Kapitalerhöhungen ohne Bezugsrecht ihren Rückgang fort. Rund die Hälfte der untersuchten Kapitalerhöhungen mit Backstop-Vereinbarungen sei beim Platzierungspreis ohne Abschlag durchgeführt worden. Dies wertet die Quirin Privatbank als Indikator für realistische und faire Aktienbewertungen.
Nur mit Informationsblatt
Gerade bei den KMUs seien vereinfachte Kapitalmaßnahmen ohne Wertpapierprospekt sehr beliebt: „Rund 40% der Kapitalerhöhungen insgesamt und mehr als 60% der Bezugsrechtskapitalerhöhungen im ersten Halbjahr 2025 wurden auf Basis eines Wertpapierinformationsblatts durchgeführt.“
Bei den Branchen dominierten IT, Gesundheitswesen und Industrie, die zusammen auf rund 95% des Gesamtvolumens kamen. Dabei stand der IT-Sektor an erster Stelle.
Insgesamt könnte sich nach Meinung der Quirin Privatbank das Umfeld für ausgewählte Kapitalmaßnahmen stabilisieren, auch wenn das Niveau insgesamt noch verhalten bleibe. Dabei könne sich insbesondere im KMU-Segment der positive Trend fortsetzen.
