KI läutet neue Investment-Ära ein
KI läutet neue Investment-Ära ein
KI läutet neue Investment-Ära ein
Vanguard-Chefvolkswirt: Bedeutung von künstlicher Intelligenz ist kaum zu überschätzen
KI-Aktien sind seit vielen Monaten der größte Treiber der Aktienmärkte. An das Potenzial von künstlicher Intelligenz glaubt auch Joe Davis. Der Vanguard-Stratege hat sogar ein Buch darüber geschrieben. Dennoch rät er Investoren lieber zu Value- als zu Tech-Werten und nennt dafür gleich mehrere Gründe.
tom Frankfurt
In den vergangenen Jahren war das Wachstum meistens relativ stabil. In der Eurozone um 1%, in den USA 2% und in China 5%. Dass das aber auch in Zukunft so bleiben wird, daran hat Joe Davis, Chefvolkswirt bei Vanguard und Leiter der Investment-Strategiegruppe so seine Zweifel. Ungeachtet der demographischen Verhältnisse, der wachsenden geopolitischen Spannungen, der Zölle und der anschwellenden Schulden in vielen Länden sei ein deutlich höheres Wirtschaftswachstum möglich. KI, also künstliche Intelligenz, sei der entscheidende Faktor, der ein Ausbrechen aus dem Status Quo und weit höhere Wachstumsraten möglich machen werde, so die These des Chefvolkswirts. Dass das Wirtschaftswachstum seit 15 Jahren so konstant schwach sei, liege daran, dass es keine technologische Revolution gegeben habe. Das aber könne sich durch KI nun ändern.
KI gleicht Demografie aus
Davis ist hier kein Vergleich zu groß. Seit zehn Jahren bereits beschäftigt sich der Experte mit dem Thema KI, lange bevor Investoren den Sektor für sich entdeckten und lange bevor das Thema zum größten Antreiber der Aktienmärkte wurde. Für Davis ist das erst der Beginn einer neuen Investment-Ära. Ein Megatrend, größer als das Aufkommen des Internets, größer gar als die Erfindung der Elektrizität. Der Experte des weltweit zweitgrößten Vermögensverwalters Vanguard ist davon derart überzeugt, dass er sogar ein Buch zu dem Thema geschrieben hat: „Coming into view - how AI and other Megatrends shape your Investments.“ Darin zeigt sich Davis überzeugt, dass KI unsere Arbeitswelt nahezu doppelt so stark transformieren wird, wie dies durch PC und Internet geschehen ist.
Dies sei angesichts des demografischen Wandels auch zwingend notwendig. „Ohne technologischen Wandel gehen uns die Leute aus“, erklärt Davis mit Blick auf die USA, wo in den nächsten Jahren über 17 Millionen Verrentungen anstehen. Das gilt aber nicht minder für andere Länder. Chinas Bevölkerung dürfte bis zum Ende des Jahrhunderts von aktuell einer Milliarde auf gerade noch 400 Millionen schrumpfen. Kompensiert werden könne dies nur durch einen Anstieg in der Produktivität. Und eben diesen soll KI möglich machen. Das Reich der Mitte sieht der Experte neben den USA als zweiten großen Protagonisten im KI-Sektor, während Europa hinterherhinke.
Umfassende Automatisierung
Der Chefvolkswirt von Vanguard sieht die Möglichkeiten von KI nicht auf einzelne Branchen beschränkt. Allerdings werde sich der Grad der Automatisierung von Beruf zu Beruf unterscheiden, wie Davis beim Presseroundtable im Frankfurter MainTower erklärt. Besonders die Tech-Branche stehe vor einer umfassenden Automatisierung. Dies gelte aber auch für Finanzdienstleister oder Healthcare. Davis hält den anhaltenden Siegeszug der KI zwar nicht für ausgemacht, aber doch für das wahrscheinlichste Zukunftsszenario. Andere Experten sind hier aufgrund der hohen Investitionen und bisher ausbleibenden Renditen inzwischen skeptischer.
Was bedeutet dies nun für Investoren? Davis weist daraufhin, dass nur sehr selten gleichzeitig der Gold-Preis und Tech-Aktien stark angestiegen sind, so wie es in den vorigen Jahren zu beobachten war. Der Vanguard-Chefvolkswirt rät nun aber eben nicht zu Investments in jene heiß gelaufenen Tech-Titel, sondern setzt viel mehr auf Value. Tech stehe vor der Paradoxie, dass selbst bei einer erfolgreichen KI-Transformation eine Korrektur bei den Aktien der Wegbereiter möglich sei.
Vergangene technologische Revolutionen hätten bereits gezeigt, dass etablierte Tech-Leader zwar anfangs zu den Gewinnern zählten, sich die Gewinne mit der Zeit aber breiter verteilt hätten. Nach der Elektrifizierung in den 1920ern wurden die Industrie und Transport zu den großen Gewinnern. Dazu komme, dass die KI viele Geschäftsmodelle gerade im Tech-Bereich überflüssig machen könnte. Die kreative Zerstörung könnte also gerade im Tech-Sektor auch ihre Opfer fordern.
Non-Tech interessanter
Das gelte selbst für solche Unternehmen, die momentan selbst auf dem KI-Zug mitfahren. Über 5.000 davon wurden in den vergangenen Jahren in den USA gegründet. Beim Aufkommen des Automobils seien zwischen 1900 und 1908 über 500 Firmen in den Markt eingetreten, nicht einmal jede zweite überlebte. Auch bei der aktuellen Rally sei es gut möglich, dass die aktuellen Börsen-Favoriten nicht die größten Profiteure der KI-Revolution bleiben werden – ganz unabhängig davon, wie transformativ sich die KI-Technologie letztlich entwickelt. Interessanter seien Unternehmen außerhalb des Technologiesektors. Unternehmen, die die Technologie tatsächlich nutzen, wie Krankenhäuser, Versorger und Finanzunternehmen, erklärt der Vanguard-Stratege. Non-Tech werde Tech-Titel, die den Nasdaq 100 dominieren, daher in den nächsten fünf bis sieben Jahren outperfomen. Und das nicht trotz KI, sondern wegen KI.