Mileis Wahlsieg sorgt für Rally an den Märkten
Mileis Wahlsieg sorgt für Rally an den Märkten
Mileis Wahlsieg sorgt für Rally an den Märkten
Merval springt um über 20 Prozent nach oben – Peso wertet deutlich auf – Analysten sehen eine „beispiellose Chance“ in Argentinien
Bei den Zwischenwahlen in Argentinien hat die Partei des libertären Präsidenten Javier Milei einen überraschend deutlichen Sieg eingefahren. Der Spar- und Reformkurs dürfte also weitergehen. An den Finanzmärkten kam das gut an, wie satte Kurssprünge beim Leitindex und dem Peso zeigen.
Von Tobias Möllers, Frankfurt
Nach dem überraschend deutlichen Wahlsieg des libertären Präsidenten Javier Milei haben die argentinischen Aktienmärkte ein Kursfeuerwerk abgeliefert. Der argentinische Leitindex Merval kletterte am ersten Handelstag nach den Kongresswahlen um über 21% nach oben. Im vorbörslichen Handel hatten die Aktien argentinischer Unternehmen, die an der New Yorker Börse gehandelt werden, sogar um bis zu 40% zugelegt. Besonders gefragt waren Finanzwerte, die sich um bis zu 50% verteuerten.
Kurssprünge gab es auch am Devisenmarkt: Die argentinische Währung, der Peso, wertete am Montag um mehr als 10% zum Dollar auf und legte damit einen der stärksten Handelstage in seiner Geschichte hin. Die internationalen Anleihen des Landes legten um zehn bis 15 Punkte zu.
Neuer Schwung für den Merval
Vor der Wahl hatten die argentinischen Vermögenswerte noch zu den schwächsten unter den Schwellenländern gezählt. Der Merval hatte seit Jahresbeginn über 30% verloren. Der Sieg der Partei von Präsident Milei bei der Zwischenwahl zum Kongress sorgt nun für eine neue Aufbruchstimmung an den Märkten. Analysten führten das überraschend starke Ergebnis auf die Angst der Wähler vor einer Rückkehr zum wirtschaftlichen Chaos früherer Regierungen zurück. Mileis Politik sei zwar schmerzhaft, habe aber die monatliche Inflation drastisch gesenkt.
Mileis Partei, La Libertad Avanza (Die Freiheit schreitet voran), hat sich bei der Abstimmung am Sonntag 40,68% der Stimmen gesichert, wie das Wahlamt mitteilte. Die linke Opposition der Peronisten erhielt demnach knapp 31,69%. das Ergebnis kam für viele Beobachter überraschend. Der libertäre Präsident kämpfte in den vergangenen Wochen mit Korruptionsskandalen in seinem Umfeld. Zudem haben seine radikalen Reformen für soziale Härten gesorgt. Milei dürfte den Wahlsieg als Auftrag verstehen, seinen strikten Reformkurs fortzusetzen. „Die Argentinier haben sich dafür entschieden, nicht in die Vergangenheit zurückzukehren. Sie haben für eine Zukunft des Wohlstands und des Wachstums gestimmt“, sagte er in einem Interview des Fernsehsenders A24. Über sein hartes Sparprogramm sagte er: „Das Schlimmste haben wir schon hinter uns.“ Milei kündigte an, seine Reformagenda fortzuführen. Dazu rief er die Gouverneure der Provinzen zur Zusammenarbeit auf. Von den Finanzmärkten wurde die klare Wahlentscheidung der Argentinier goutiert.
Schützenhilfe von Trump
Bisher verfügte Milei in der Abgeordnetenkammer und im Senat nur über wenige eigene Abgeordnete. Zunehmend regierte er mit Dekreten, aber immer wieder wurden seine Gesetzesinitiativen im Kongress gestoppt. So ist Mileis ambitionierte Reformagenda zuletzt ins Stocken geraten. Bei der Abstimmung wurde nun die Hälfte der Abgeordnetenkammer und ein Drittel des Senats neu besetzt. Mileis Partei konnte in der Abgeordnetenkammer 47 Sitze hinzugewinnen und hält ab der konstituierenden Sitzung am 10. Dezember 80 Mandate im Unterhaus. Hinzu kommen 24 Abgeordnete der verbündeten konservativen Partei Pro. Damit verfügt Milei gemeinsam mit seinen Partnern zumindest über ein Drittel der Mandate - ein Quorum, das er benötigt, um sein präsidentielles Veto gegen Parlamentsbeschlüsse zu verteidigen. Im Senat holte La Libertad Avanza zwölf zusätzliche Sitze und verfügt künftig über 18 Senatoren aus den eigenen Reihen. Dass dürfte es für Milei erleichtern, seine harte Sparpolitik fortzusetzen. Bisher ist es ihm zwar gelungen, den Haushalt auszugleichen und die Inflationsrate zu senken, der erhoffte wirtschaftliche Aufschwung blieb aber aus.
Für Aufsehen hatte im Vorfeld der Wahl die Schützenhilfe von US-Präsident Donald Trump gesorgt. Über einen Währungstausch in Höhe von 20 Mrd. Dollar verschaffte die US-Regierung dem hoch verschuldeten Land zuletzt zusätzliche Liquidität. In einem ungewöhnlichen Schritt kaufte das Finanzministerium in Washington zudem im großen Stil Pesos auf, um den Kurs der argentinischen Landeswährung zu stützen. Trump machte weitere Hilfen für Argentinien vom Wahlsieg Mileis abhängig. „Wenn er verliert, werden wir nicht mehr großzügig sein“, sagte Trump jüngst bei einem Besuch Mileis im Weißen Haus. Jetzt hat der Argentinier erst einmal geliefert - und Trump zeigte sich erfreut. „Herzlichen Glückwunsch an Präsident Javier Milei zu seinem Erdrutschsieg in Argentinien“, schrieb er auf seiner Plattform Truth Social.
„Trumps Rettung war entscheidend“, sagte Benjamin Gedan, Senior Fellow und Direktor des Lateinamerika-Programms am Stimson Center in Washington laut Bloomberg. „Es ist schwer vorstellbar, dass Milei angesichts eines beschleunigten Ansturms auf den Peso und der Erschöpfung der Hartwährungsreserven der Zentralbank so gut abgeschnitten hätte.“
Starke Position
Die tieferliegenden Probleme von Südamerikas zweitgrößter Volkswirtschaft bleiben allerdings. Trotz der anfänglichen Erfolge von Mileis Reformkurs springt die Wirtschaft nicht so recht an. Ausländische Investoren halten sich angesichts der unsicheren Lage und da weiterhin Devisenkontrollen gelten, zurück. Die Industrieproduktion ist wegen der schlechten Wettbewerbsfähigkeit argentinischer Unternehmen und billiger Importe eingebrochen.
„Zuvor befand sich Milei in einem Überlebenskampf, jetzt ist er in einer sehr starken Position, um taktische Allianzen zu schmieden und einige Reformen voranzutreiben, die völlig außer Reichweite waren“, sagte Thierry Larose, Portfoliomanager beim Vermögensverwalter Vontobel. Das Wahlergebnis verschaffe potenziellen ausländischen Investitionen einen längeren Horizont, sagte Graham Stock, Stratege bei RBC BlueBay Global Asset Management. Experten zufolge könnte dies eine sich selbst verstärkende positive Entwicklung anstoßen, in der Einheimische beginnen, ihre Dollar-Bestände zu verkaufen. Dies könnte den Peso weiter stärken.
Beispiellose Chance
Argentinien müsse nun Devisenreserven aufbauen, um seinen Auslandsschulden, insbesondere gegenüber Anleihegläubigern, nachzukommen, erklärte Alessandra Alecci, Portfoliomanagerin für Schwellenländeranleihen bei Carmignac: „Dies erfordert ein flexibleres Wechselkurssystem sowie eine möglichst rasche Rückkehr an den Markt.“ Thea Jamison, Gründerin der Investmentgesellschaft CHANGE Global sagte: „Die Auslandsinvestitionen in Argentinien sind bislang sehr enttäuschend, doch die aktuelle Regierung will den Reformkurs beibehalten. Die Chance ist absolut beispiellos.“
„Echter Wendepunkt“
Auch Paulo Salazar, Head of Emerging Markets Equities bei Candriam, betont die großen Chancen nach Mileis Wahlsieg: „Aus Marktsicht stehen argentinische Aktien vor einer deutlichen Neubewertung. Der MSCI Argentina Index, der seit Jahresbeginn rund 33% verloren und damit hinter anderen Schwellenländern zurückgeblieben ist, könnte diese Lücke rasch schließen.“ Banken dürften laut Salazar die Erholung anführen, während auch der Energiesektor von der verbesserten Stimmung und den Reformhoffnungen profitieren sollte. Darüber hinaus könnten Sektoren wie E-Commerce zusätzliche Aufwärtspotenziale sehen.
Der Candriam-Experte sieht noch andere Faktoren, die die Märkte in Argentinien weiter antreiben dürften. Neben der Annäherung an Trump und die USA sei auch das geopolitische Umfeld günstig. Auch der schwächere Dollar und die erwartete Lockerung der US-Geldpolitik spiele dem Land in die Karten. Salazar sieht das Wahlergebnis als „echten Wendepunkt“: „Für Investoren mit Engagements in Argentinien verbessert sich der Ausblick spürbar. Das Land bleibt zwar ein Hochrisiko-, aber auch ein Hochchancenmarkt“, so Salazar.
