Mutares muss sich mit Exits beweisen
Mutares muss sich mit Exits beweisen
Geld oder Brief
Mutares muss Exits liefern
Von Michael Flämig, München
Aktionäre von Mutares brauchen seit gut einem Jahr starke Nerven. Der Aktienkurs der Beteiligungsgesellschaft – zu deren Portfolio Buderus Edelstahl, der Feuerwehr-Fahrzeugbauer Magirus und der Motorroller-Hersteller Peugeot Motocycles gehören – ist außergewöhnlich volatil geworden. Zoff mit dem Wirtschaftsprüfer, eine Untersuchung der Finanzaufsicht Bafin und die Kapriolen der Autoindustrie schlagen ins Kontor. Andererseits verspricht das Management hohe Exit-Erlöse, dies stützt den Kurs immer wieder.
Im Frühjahr 2024 schien die Welt noch in Ordnung. Ein steiler Anstieg der Bewertung katapultierte den Kurs auf 43 Euro je Aktie. Als der Kapitalmarkt realisierte, dass die Münchner die Vorlage des Jahresabschlusses und die Hauptversammlung verschieben mussten, weil der Abschlussprüfer Deloitte zusätzlichen Prüfungsbedarf sah, halbierte sich der Kurs innerhalb von fünf Monaten auf 21 Euro.
Bafin-Prüfung
Kaum zierte im Juni 2025 mit rund 36 Euro eine vorzeigbare Erholung die Charts, folgte die nächste Hiobsbotschaft: Die Bafin begann mit einer Prüfung des Abschlusses 2023, weil sie Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen Rechnungslegungsvorschriften sah. Der Kurs sackte auf deutlich unter 30 Euro ab.
Mittlerweile spricht die Börse dem Unternehmen mit seiner Marktkapitalisierung von gut 600 Mill. Euro zwar wieder rund 30 Euro je Aktie zu, aber die Analysten trauen Mutares eine ganz andere Performance zu: Jefferies setzt ein Kursziel von 37 Euro, Pareto Securities eines von 40 Euro, Warburg stuft die Aktie mit 47 Euro ein und Hauck Aufhäuser hält sogar 47,50 Euro für angemessen.
Analysten erwarten Verkäufe
Die Analysten sind sich einig: Um diese Wertsteigerung zu realisieren, kommt es im laufenden Jahr auf den Verkauf von Unternehmen aus dem Portfolio an. „Mutares verfügt über eine starke Exit-Pipeline“, schreibt Stefan Augustin von Warburg. Darauf richte sich der Fokus der Anleger, ergänzt Zafer Rüzgar von Pareto. Schon Ende Mai stellte er fest: „Mit derzeit zwölf Portfoliounternehmen in der Erntephase, was einen neuen Rekord darstellt, halten wir das von Mutares für das Gesamtjahr angestrebte Ziel von 200 Mill. Euro an Bruttoveräußerungsgewinnen für erreichbar.“ Marie-Therese Grübner von Hauck Aufhäuser schätzte den Rückenwind für die Bewertung damals sogar auf 220 bis 265 Mill. Euro.
Zuversicht beim Management
Mutares-Chef und -Mitgründer Robin Laik, dessen Vertrag bis Ende 2029 verlängert wurde, lässt keinen Zweifel daran, dass die Marke von 200 Mill. Euro ein Mindestziel ist. Daraus soll dann im laufenden Jahr ein Überschuss in einer Bandbreite von 130 bis 160 Mill. Euro erwachsen, während im vergangenen Geschäftsjahr 108,3 Mill. Euro erwirtschaftet worden waren.
Vorstand Johannes Laumann, der für Investments zuständig ist, stößt ins gleiche Horn. „Ich bin sehr sicher, dass dies erreicht werden wird“, sagte er bei Vorlage der Halbjahreszahlen im August mit Blick auf die Prognose für den Nettogewinn. Die Mutares-Ausschüttungspolitik sieht vor, eine Basisdividende zu zahlen. Aktuell sind dies 2 Euro. Hinzu kommt exit-abhängige Performance-Dividende.
Druck vom Kapitalmarkt
Der Druck des Kapitalmarktes ist allerdings spürbar. „Der Umfang und die erfolgreiche Durchführung dieser Veräußerungen sind nicht nur entscheidend für das Erreichen der Jahresziele, sondern auch für die Stärkung des Vertrauens der Investoren“, merkt Analyst Rüzgar an. In den letzten Jahren habe Mutares erhebliche Kapitalmittel in den Aufbau des Portfolios und in Turnaround-Maßnahmen investiert.
Gegenwind im Automobilgeschäft
Auch in Zukunft plane das Unternehmen, seine Buy-and-Build-Strategie fortzusetzen, wenn auch mit geringerer Kapitalintensität. „Der Fokus wird sich jedoch voraussichtlich stärker auf die Realisierung versteckter Werte durch Exits verlagert“, erklärte er im Frühjahr. Die Umsetzung der angekündigten Exit-Pipeline werde als wichtige Bestätigung für das Geschäftsmodell von Mutares und seine Fähigkeit dienen, während des gesamten Lebenszyklus seiner Investitionen Wert für Investoren zu generieren.
In den ersten sechs Monaten ist das Nettoergebnis um ein Drittel auf rund 70 Mill. Euro gestiegen – trotz einer bisher verhaltenen Zahl von Exits. Allerdings bläst der konjunkturelle Wind dem Konzern operativ entgegen. Ein „weiterhin herausforderndes Umfeld“ ortete denn auch das Management in den Segmenten Automotive & Mobility und Retail & Food. In der Automobilsparte seien die Erlöse sogar in weiten Teilen organisch rückläufig.
Neues Segment aus der Taufe gehoben
Der Vorstand hat mit einer Akzentverschiebung auf die Probleme der Autohersteller in Europa reagiert. Im August kündigte er an, ein neues Segment einzuführen: Infrastructure & Special Industry. Dies sei ein „weitestgehend konjunkturresistenter Bereich“, heißt es in München. Dort sollen Firmen vereint werden, die in regulierten oder infrastrukturell verankerten Märkten tätig sind. Energieversorgung oder industrielle Dienstleistungen nennt das Management als Beispiel. Man wolle die Welle reiten, erklärt Investment-Vorstand Laumann.
In der neuen Aufstellung bleibt Automotive & Mobility mit einem wiederkehrenden jährlichen Umsatz von 2,8 Mrd. Euro das größte Segment. Doch sind dort nur vier Firmen vereint. Die drei weiteren Sparten zählen jeweils mehr Beteiligungen. Engineering & Technology kommt auf zehn Unternehmen (1,5 Mrd. Euro Umsatz), Goods & Services auf zwölf Firmen (1,6 Mrd. Euro) und Infrastructure & Special Industry auf sieben Beteiligungen (1,4 Mrd. Euro).
Das Management hat auf jeden Fall ein großes Interesse am Erfolg des Unternehmens, und dies nicht nur wegen seiner Aufgaben im Unternehmensalltag. Vorstandschef Laik ist mit 25% beteiligt, das weitere Management hält 11%.