Anleihemarkt

Nach der Rally sind die besseren Bonitäten bei Bondanlegern gefragt

Anleger schichten am Bondmarkt um, es sind die besseren Bonitäten bei den Unternehmensanleihen gefragt, in den USA und auch in Europa.

Nach der Rally sind die besseren Bonitäten bei Bondanlegern gefragt

Institutionelle Investoren nehmen derzeit eine Reduzierung ihrer Positionen in US-Unternehmensanleihen vor. Sie gehen davon aus, dass die Rally, die der Markt in den vergangenen anderthalb bis zwei Jahren gesehen hat, nun langsam ins Stocken geraten könnte, wenn die Weltwirtschaft nicht zuletzt aufgrund des US-Handelskrieges ins Stocken geraten sollte, was dann auch die Unternehmen in Mitleidenschaft zieht. Der Markt für US-Credits gilt somit als etwas überhitzt, die Kurse sind kräftig gestiegen, die Spreads haben sich eingeengt, die Renditen sind deutlich gefallen.

Zu viel Optimismimus

Große Assetmanager wie Fidelity oder Blackrock verlagern ihre Investments auf sicherere,  bonitätsstärkere Unternehmensbonds oder auch Staatsanleihen, denn aufgrund der stark gesunkenen Risikoprämien von Anleihen schlechterer Bonität, werden Anleger für das Eingehen zusätzlicher Bonitätsrisiken nicht mehr so stark entschädigt wie etwa vor einigen Monaten. Nachlassende Ängste vor einem globalen Handelskrieg und die Erwartung stärkerer Zinssenkungen durch die US-Notenbank, die stimulierend auf die Wirtschaft wirken, haben bei einigen Anlegern zu der Befürchtung geführt, dass die weitere Entwicklung des globalen Wirtschaftswachstums auf dem Kreditmarkt mittlerweile zu optimistisch eingeschätzt wird. Deshalb wird umgeschichtet.

Die Rally der vergangenen zwei Jahre ist beeindruckend. Lag der Risikoaufschlag von mit BBB-Rating (unterste Stufe Investment-Grade) benoteten US-Unternehmensanleihen gegenüber den besser bewerteten Single-A-Bonds im Juli 2022 noch bei guten 70 Basispunkten (BP), sind es mittlerweile nur noch um die 30 BP. Mitte 2023 waren es noch 55 BP im Schnitt. Während der Banken- und Finanzmarktkrise wurde das historische Hoch bei diesem Risikoaufschlag zeitweise mit 250 BP gesehen. Die Papiere werfen infolge immer weniger Rendite ab. Ein ähnliches Bild ergibt sich auch in Europa, denn auch am europäischen Unternehmensanleihemarkt hat eine enorme Rally stattgefunden. Konnten mit Euro-Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating vor zwei Jahren noch im Schnitt 4,65% erwirtschaftetet werden, sind es aktuell noch gut 3% (vgl. Grafiken). Ein Beispiel für die stark gesunkenen Prämien bei europäischen Investment-Grade-Anleihen ist etwa der Vergleich von Fresenius (BBB/BBB-) mit Siemens (AA-): Für ähnliche Laufzeiten sind es heute nur noch etwa 55 Basispunkte, vor nicht einmal zwei Jahren bot der Name Fresenius immerhin noch einen Aufschlag von fast 140 BP gegenüber Siemens.

Das veranlasst Anleger zum Umschichten in sicherere Bonds. Abzulesen ist das auch an den jüngsten Renditerückgängen von US-Staatsanleihen. Die Rendite der zehnjährigen US-Staatspapiere ist unter 4% gefallen und könnte laut Analysten bis auf 3,75% zurückgehen, wenn die Fed nun die nächste Zinssenkung in Angriff nimmt und womöglich für 2026 einen lockeren Kurs in Aussicht stellt.

„Eine stärkere Fokussierung auf Qualität erscheint im aktuellen Umfeld tatsächlich sinnvoll. Auch wenn eine deutlich abkühlende Weltkonjunktur nicht unser Basisszenario ist, sind die Bewertungen vieler US-Unternehmensanleihen nach der starken Kursrally der vergangenen Monate inzwischen recht ambitioniert. Mit anderen Worten: Anleger erhalten für die Übernahme zusätzlichen Risikos derzeit nur geringe Risikoaufschläge gegenüber Staatsanleihen“, sagt Lukas Gabriel, Senior Fixed Income Portfoliomanager bei Allianz Global Investors (AGI), der Börsen-Zeitung.

Ein genauer Blick in die einzelnen Marktsegmente zeigt das besonders deutlich: Sowohl Hochzinsanleihen − High Yield, also Anleihen mit einem Rating im spekulativen Bereich unter BBB minus als auch Unternehmensanleihen im unteren Bereich des Investment-Grade-Spektrums (im Ratingband BBB) − liegen im Verhältnis zu höherwertigen Papieren auf Bewertungsniveaus, die zuletzt zu der Zeit vor dem Beginn der Finanzkrise gesehen wurden. Das bedeutet: Wer zu schlechterer Qualität greift, wird heute im historischen Kontext eher niedrig dafür entlohnt, bekommt also nur vergleichbare geringe Risikoaufschläge, also geringe Renditen.

Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt auch Maik Ohm, Head of Investment Grade bei Oddo BHF Asset Management. „Nach der deutlichen Einengung der Risikoprämien in diesem Jahr sind wir nun auf einem Niveau angelangt, das nicht mehr viel verzeiht. Entsprechend ist es normal, dass wir von diesen Niveaus auch Korrekturen sehen können, die grundsätzlich erst einmal gesund sind. Die harten makroökonomischen Daten insbesondere in den USA sind bislang allerdings weiterhin solide, so dass wir derzeit keine nachhaltige Korrektur befürchten“, sagt Ohm dieser Zeitung.

Gutes Umfeld

Es sei richtig, dass der Markt viel Positives einpreise und die Kapitalmärkte trotz bestehender Risiken durch eine erhöhte Zollunsicherheit oder die derzeitigen politischen Risiken in Frankreich in den vorigen Monaten schnell wieder zur Tagesordnung übergegangen seien. „Die aktuell guten Wirtschaftsindikatoren in den USA verbunden mit der berechtigen Erwartung fallender Zinsen sind aber außer Frage ein gutes Umfeld insbesondere für Unternehmensanleihen. Zuletzt zeigen auch die globalen Wachstumsprognosen für 2025 und 2026 eine Verbesserung. Daher denke ich, dass vorsichtiger Optimismus aktuell berechtigt ist“, führt Ohm aus.

Was heißt das für Anleger? Sollten Sie jetzt noch in den Markt einsteigen? „Ja, aber mit Fokus auf Qualität. Der Kreditmarkt bietet weiter eine sinnvolle Mischung aus Stabilität und Ertrag“, sagt Gabriel. Außerdem haben die globalen Zentralbanken ihren Zinssenkungszyklus noch nicht abgeschlossen – was laut Gabriel tendenziell für weiter steigende Anleihekurse spricht. „Darüber hinaus zeichnet sich vor allem der Investment-Grade-Markt durch recht hohe Liquidität und Transparenz aus – zwei Faktoren, die ihn für viele Anleger im derzeitigen Umfeld attraktiver machen als z.B. manche private Anlageklassen“, sagt Gabriel.

„Wir halten das aktuelle Renditeniveau insbesondere für Investment Grade-Anleihen für attraktiv, gehen aber von einer Seitwärtsbewegung des Marktes in einer moderaten Bandbreite aus“, ergänzt sein Kollege Ohm.

Und welche Bereiche des Marktes sollten sich Anleger noch ansehen? „Mit Blick auf die Sektoren erscheint aktuell insbesondere der Versorgerbereich interessant. Anleihen von Stromproduzenten und Netzbetreibern handeln – nicht zuletzt aufgrund des Finanzierungsbedarfs für strukturelle Themen wie Energiewende, Strombedarf für KI und Netzausbau – derzeit mit einer im historischen Vergleich eher attraktiven Prämie, also Renditeaufschlag, gegenüber dem Gesamtmarkt“, sagt Gabriel. Gleichzeitig weisen sie seiner Ansicht nach defensive Eigenschaften auf, die dafür sprechen, dass sie sich in vielen Szenarien eines Marktabschwungs besser entwickeln dürften als der Durchschnitt.

Am Bondmarkt sind die besseren Bonitäten gefragt

Nach der Rally zeigen US-Unternehmensbonds Überhitzungserscheinungen – Institutionelle Anleger schichten auch in Europa um

Die Rally der Unternehmensanleihen in den USA, aber auch in Europa, lässt die Anleger mittlerweile vorsichtiger werden. Bessere Bonitäten sind bei Institutionellen gefragt. Einsteigen können Anleger noch, aber gute Qualität bevorzugen.

kjo Frankfurt