GELD ODER BRIEF

Neue Aufstellung treibt Ebay-Aktie an

Von Alex Wehnert, Frankfurt Börsen-Zeitung, 18.9.2020 Ebay hat nach ernüchternden Zeiten im laufenden Jahr wieder in die Erfolgsspur gefunden. Wie auch andere Digitalunternehmen profitiert der Marktplatzbetreiber von den coronabedingten...

Neue Aufstellung treibt Ebay-Aktie an

Von Alex Wehnert, FrankfurtEbay hat nach ernüchternden Zeiten im laufenden Jahr wieder in die Erfolgsspur gefunden. Wie auch andere Digitalunternehmen profitiert der Marktplatzbetreiber von den coronabedingten Ausgangssperren in vielen Ländern und dem dadurch bedingten Boom des Onlinehandels.Entsprechend stark fielen auch die Zahlen für das zweite Quartal aus: Der Konzern steigerte den Umsatz gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 18 % auf 2,9 Mrd. Dollar und übertraf damit die Erwartungen der Analysten, der Gewinn schoss gar um 85 % auf 740 Mill. Dollar in die Höhe. Das gesamte abgewickelte Verkaufsvolumen der Plattform stieg dabei um 26 % auf 27,1 Mrd. Dollar, acht Millionen neue Kunden gewann Ebay laut dem seit April amtierenden Konzernchef Jamie Iannone in den drei Monaten bis Ende Juni. Iannone ist laut den Analysten von Paragon besonders wichtig für den Erfolg von Ebay. Er sei kundenzentrierter, datenorientierter Produktexperte, der mit dem Konzern vertraut sei und bereits das Onlinegeschäft des Einzelhandelsgiganten Walmart erfolgreich transformiert habe. Zwischen dem laufenden Jahr und 2022 rechnen die Paragon-Analysten mit einem Gewinnwachstum um mindestens 76 %, im positiven Szenario sei sogar eine Ausweitung um 120 % möglich. In beiden Fällen sollten die Markterwartungen aber deutlich geschlagen werden.Der Aufschwung unter Iannone macht sich auch an der Börse bemerkbar, Anfang Juli markierte die Aktie bei knapp 61 Dollar ein Allzeithoch. Seither hat sie sich im Zuge des allgemeinen Tech-Rücksetzers an den Märkten zwar wieder von diesen Niveaus entfernt, zwischen Jahresbeginn und gestern Abend gerechnet liegt sie aber immer noch mit 32,5 % im Plus. Schlankere StrukturIn den vergangenen Jahren war der Ebay-Kurs nach anfänglichen Gewinnen immer wieder heftig eingebrochen. Im Onlinehandel schien das Unternehmen von Amazon und dem chinesischen Wettbewerber Alibaba abgehängt. Auch die 2015 umgesetzte Entscheidung, den lukrativen Bezahldienst Paypal, der den Mutterkonzern inzwischen im S&P-Index der 100 größten US-Aktiengesellschaften ersetzt hat, abzuspalten, wurde von vielen Marktteilnehmern als Schritt in die falsche Richtung gewertet. Die nun wiedergefundene Stärke von Ebay ist neben Corona auch auf eine schlankere Unternehmensstruktur zurückzuführen. Diese ist vor allem auf das Betreiben aktivistischer Investoren wie dem Hedgefonds Elliott, hinter dem der Milliardär Paul Singer steht, hin entstanden. Unter dessen Einfluss verkaufte Ebay im vergangenen Jahr die Ticketbörse Stubhub an den Schweizer Betreiber Viagogo. Im laufenden Jahr kam dann die Abspaltung der nach Ansicht der Hedgefonds zu unprofitablen Anzeigensparte mit Portalen wie Ebay Kleinanzeigen und mobile.de hinzu, für die Adevinta, Tochter des norwegischen Internetkonzerns Schibstedt, den Zuschlag erhielt. Durch den 9,2 Mrd. Dollar schweren Deal, den Adevinta zu einem großen Teil in eigenen Anteilscheinen bezahlt, wird Ebay Großaktionär bei den Norwegern.Nach diesen Entwicklungen könne Ebay seinem Kern-Marktplatz wieder neues Leben einhauchen, glauben die Analysten von Bloomberg Intelligence. Gelinge es, den Marktanteil zu halten und den Boom des Onlinehandels weiter auszubauen, werde das Bruttowarenvolumen über 2021 hinaus mit einer durchschnittlichen jährlichen Rate von 13 % wachsen. Schließlich könne das Unternehmen den Fokus seiner Werbekampagnen sowie der Forschung und Entwicklung nun voll darauf ausrichten, Verkäufer auf seine Plattform zu ziehen und sein Angebot zu erweitern. Wichtige PartnerschaftDazu trage auch die neue Partnerschaft mit dem Paket- und Logistikdienstleister UPS bei. Die so entstandenen zusätzlichen Lieferoptionen mache es für Verkäufer komfortabler, ihre Waren über Ebay anzubieten – im Wettbewerb mit der viel größeren Plattform von Amazon ein wichtiger Schritt. Das Umsatzwachstum und der operative Leverage von Ebay kämen den Margen zugute, das leichtere Portfolio könne zu Kostensenkungen beitragen.Das scheint unter den Analysten mehr Zuversicht zu wecken: Der Anteil der Verkaufsempfehlungen für Ebay ist im laufenden Jahr zurückgegangen, mittlerweile findet sich beim Informationsdienstleister Bloomberg keine einzige mehr. Mit 62,5 % rät der Großteil der Analysten demnach aber dazu, die Aktie zu halten, 37,5 % sprechen eine Kaufempfehlung aus. Das durchschnittliche Kursziel liegt derzeit bei 61,13 Dollar. Alleinstellung im S&P 500Zu den Optimisten zählen auch die Analysten der Deutschen Bank, die ihre Kaufempfehlung für die Aktie zuletzt bekräftigt und das Kursziel von 57 auf 64 Dollar angehoben haben (gestern: 47,72 Dollar). Noch positiver eingestellt ist die britische Großbank Barclays, die das Papier mit “Übergewichten” einstuft und das Kursziel von 77 auf 82 Dollar erhöht hat. Es gebe im S&P 500 kaum Werte, die bei einem ähnlichen Umsatzwachstum ein derart niedriges Kurs-Gewinn-Verhältnis aufwiesen, – das Zwölf-Monats-KGV von Ebay liegt derzeit bei 13,9 – und überhaupt keine, die einen derart soliden Cash-flow und eine derart starke Bilanz aufwiesen. Das Risiko-Ertrags-Verhältnis sei daher weiterhin sehr attraktiv. Zudem profitiere Ebay mit seinem flexiblen Marktplatzmodell und seinem bereits breiten Produktangebot von neuen Trends im Konsumverhalten. Dies betreffe nicht nur die Verschiebung hin zum E-Commerce, sondern auch Präferenzänderungen zwischen verschiedenen Produktkategorien.Bei allen positiven Entwicklungen und Ideen bleibt der Onlinemarktplatz aber wohl davon abhängig, dass die durch Corona bedingten Verschiebungen im Konsumverhalten und die gestiegene Plattformnutzung sich als nachhaltig erweisen werden.