Geld oder BriefNordex

Onshore-First-Strategie als Wachstumsmotor

Der Aktienkurs von Nordex hat sich seit Ende 2024 verdoppelt. Der Windturbinenhersteller profitiert von seinem Verzicht auf das Offshore-Geschäft. Analysten sehen Raum für eine Fortsetzung der Rally.

Onshore-First-Strategie als Wachstumsmotor

Geld oder Brief

Nordex profitiert von Fokussierung

Von Carsten Steevens, Hamburg

Nordex erlebt ein starkes Börsen-Comeback in diesem Jahr. Aktienkurs und Marktkapitalisierung des in Hamburg ansässigen Windkraftanlagenherstellers haben sich seit Ende vergangenen Jahres auf 22,76 Euro bzw. 5,4 Mrd. Euro am 1. Oktober mehr als verdoppelt – der höchste Stand seit Frühjahr 2021. Mit dem Zuwachs ist das Unternehmen, an dem der spanische Mischkonzern Acciona mit einem Anteil von 47,1% beteiligt ist, zwar nicht Spitzenreiter im MDax. Der im März in den Nebenwerteindex aufgestiegene Panzergetriebehersteller Renk etwa hat seinen Börsenwert im gleichen Zeitraum mehr als vervierfacht. Konkurrenten wie Vestas, deren Aktie an der Nasdaq Kopenhagen bislang um rund 30% zulegten, lässt Nordex 2025 aber hinter sich.

Rückschläge

Noch vor drei Jahren – nach Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine – hatten massiv steigende Rohstoff- und Logistikkosten, Lieferkettenunterbrechungen sowie Belastungen aus einem Ende März 2022 bemerkten Cyber-Sicherheitsvorfall die Anlegerstimmung gedrückt. Optimismus, für den die Absicht der damaligen Ampel-Regierung in Berlin und der europäischen Politik gesorgt hatte, den Ausbau der Windenergie deutlich stärker voranzutreiben, schwand. Als Folge der durch den Cyber-Vorfall überschrittenen Fristen zur Veröffentlichung von Zwischenberichten wurde Nordex damals vorübergehend aus SDax und TecDax ausgeschlossen. Das Unternehmen veröffentlichte zudem eine Gewinnwarnung. Mitte Oktober erreichte die Nordex-Aktie bei 7,47 Euro einen Jahrestiefpunkt.

Für einen Kursaufschwung in der Folgezeit sorgte, dass Nordex höhere Verkaufspreise am Markt durchsetzen konnte. Signale einer Stabilisierung bei Kosten und Lieferketten wirkten stärker als eine Belastung aus der Konkretisierung der Prognose an das untere Ende, wie das Unternehmen damals konstatierte. Für weitere Zuversicht bei Anlegern habe zudem die Ratifizierung des Inflation Reduction Acts in den USA gesorgt.

Nur Onshore-Windkraft

Der kräftige Kursauftrieb seit Februar dieses Jahres korreliert mit positiven Einschätzungen des Umfelds für die Onshore-Windenergie. Nordex selbst verweist im Zwischenbericht zum ersten Halbjahr 2025 auf aktualisierte Prognosen des Global Wind Energy Council und von Wood MacKenzie: Die Onshore-Windenergie bleibe trotz der erhöhten politischen Unsicherheiten, unter anderem durch die Politik der USA, auf einem sehr dynamischen Expansionspfad. Für das Analysehaus MWB Research, das bei einem Kursziel von 26 Euro zum Kauf der Nordex-Aktie rät, profitiert der Windturbinenhersteller von seiner Ausrichtung Onshore-Windmarkt. Offshore-Projekte seien mit zunehmender Komplexität, längeren Zeitplänen, höheren Kosten und regulatorischen Hürden konfrontiert, was Wettbewerber vor Herausforderungen stelle. Der strategische Fokus ermögliche es Nordex, die Risiken für Offshore-Akteure zu umgehen und Wachstum zuverlässiger und kurzfristiger zu erzielen.

Deutschland, so MWB weiter, bleibe als Heimatmarkt von Nordex ein Zentrum für die Entwicklung von Onshore-Windkraftanlagen und profitiere von starker und anhaltender politischer Unterstützung sowie einer wachsenden Nachfrage nach erneuerbaren Energien. Aber selbst in den USA, wo die seit Januar 2025 amtierende Regierung von Präsident Donald Trump wieder stärker auf fossile Energieträger setzt, fänden Onshore-Projekte weiterhin Unterstützung – etwa in republikanisch dominierten Bundesstaaten wie Texas, die traditionell weniger auf erneuerbare Energien setzen.

Bonusmarkt USA

Die Onshore-First-Strategie sei für Nordex ein Wachstumsmotor. In Europa, so MWB Research mit Verweis auf ein aktuelles Treffen mit der Investor Relations-Verantwortlichen, behaupte das Unternehmen seine führende Position beim Auftragseingang, angetrieben von einer starken Nachfrage in Schlüsselmärkten und günstigen Makrotrends wie Elektrifizierung, KI-gesteuertem Energiebedarf und Repowering-Projekten. Die potenzielle chinesische Konkurrenz bleibe begrenzt. Das US-Geschäft werde als zusätzliche Wachstumschance gesehen und fungiere eher als Bonusmarkt denn als Kernvoraussetzung für das Erreichen der mittelfristigen Ziele. Nordex strebt eine Ebitda-Marge von 8% an. Für 2025 wird eine Spanne von 5 bis 7% avisiert.

Der Kursauftrieb der Nordex-Aktie in diesem Jahr war so nicht absehbar. Das Geschäftsjahr 2025 begann als sorgenvolles Jahr, wie sich Deutsche Bank Research nach dem zweiten Quartal mit Verweis auf negative politische und regulatorische Aussichten erinnerte. Nordex habe den Auftragseingang im ersten Halbjahr dennoch deutlich gesteigert, gestützt durch die bedienten Kernmärkte, in denen Politik und Investitionen für Onshore-Windkraft weiterhin positiv seien. DB Research bekräftigte Ende Juli ihre Kaufempfehlung für die Nordex-Aktie und stufte das Kursziel auf 23 von zuvor 19 Euro herauf.

Seit 2017 Nordex-Vorstandschef: José Luis Blanco
Seit 2017 Nordex-Vorstandschef: José Luis Blanco
Nordex SE

Jahresziele bestätigt

Nordex-Vorstandschef José Luis Blanco hatte von einem starken zweiten Quartal gesprochen, in dem man die positive Dynamik vom Beginn des Jahres fortgesetzt habe. „Unsere Profitabilität hat sich weiter verbessert und wir konnten das Quartal mit einem starken positiven freien Cashflow abschließen - deutlich über dem Vorjahreswert.“ Für den weiteren Jahresverlauf sei er zuversichtlich. Die Prognose eines Anstiegs des Konzernumsatzes auf 7,4 bis 7,9 (i.V. 7,3) Mrd. Euro sowie einer Ebitda-Marge zwischen 5 und 7 (4,1)% bestätigte Nordex. Blanco zeigte sich weiterhin optimistisch, dass das Unternehmen für die Zukunft gut aufgestellt sei. DB Research ging zuletzt davon aus, dass die Vorgabe einer Ebitda-Marge von 8% im Jahr 2028 erreicht wird. Für das erste Halbjahr 2025 wies Nordex 5,7 (i.V. 3,4)% aus.

Auch Analysten anderer Häuser, die weiterhin zum Kauf der Aktie raten, erhöhten nach dem zweiten Quartal ihre Kursziele – so Berenberg auf 25 (zuvor: 19) Euro, Jefferies auf 25 (21) Euro oder Metzler auf 23,50 (19) Euro. Trotz der „soliden Kurserholung“ in diesem Jahr notiere Nordex immer noch mit dem 6,2-fachen des Unternehmenswerts zum operativen Ergebnis vor Abschreibungen (Ebitda) und damit nur knapp über dem historischen Tiefstand von ca. 5x, erläuterte Jefferies. Die US-Bank sieht noch „genügend Katalysatoren“ für eine Fortsetzung der Kursrally. Die Bank verweist auf eine höhere Wahrscheinlichkeit positiver Überraschungen bei der Profitabilität.

Erfolg mit effizienter Turbine

Nordex sei gut positioniert, um von der guten Dynamik in Europa zu profitieren. Nordex werde weiterhin Marktanteile gewinnen, angetrieben von der Delta4000-Serie, die als eine der effizientesten und kostengünstigsten Windturbinen auf dem Markt gelte. Im September hatte Nordex berichtet, seit Einführung der Delta4000-Plattform mit der Anlage des Typs N149/4.X im September 2017 weltweit Turbinen mit einer Leistung von 40 Gigawatt verkauft zu haben. Diese Leistung entspreche 50% der insgesamt während der 40-jährigen Firmengeschichte verkauften Anlagenflotte.

Jefferies geht nach einer an diesem Mittwoch veröffentlichten Einschätzung bei Nordex von einem soliden dritten Quartal ohne größere Gegenwinde oder Einmaleffekte aus. Zu erwarten seien eine höhere Installationsaktivität sowie eine sequenzielle Verbesserung der Profitabilität. Der Mittelwert der aktuellen Ebitda-Margenprognose von 5 bis 7% erscheine dadurch zunehmend konservativ.