Palantir gilt als deutlich überbewertet
Palantir gilt als deutlich überbewertet
Geld oder Brief
Palantir gilt als deutlich überbewertet
Von Dieter Kuckelkorn, Frankfurt
Palantir gehört im laufenden Jahr am amerikanischen Aktienmarkt zu den ganz großen Überfliegern, aber auch zu den umstrittensten Unternehmen. Seit Anfang des Jahres ergibt sich ein Kursanstieg von knapp 150% und auf Sicht von einem Jahr hat sich der Kurs mehr als verdreifacht (+240%). Inzwischen kommt der Konzern auf eine sehr hohe Marktkapitalisierung von etwas mehr als 450 Mrd. Dollar. Das Unternehmen hat sich als Spezialist für die Überwachung der Bevölkerung einen Namen gemacht, es zählt auch die Polizei vieler deutscher Bundesländer zu seinen Kunden. Auch im Ukrainekrieg ist Palantir, das in seiner Frühzeit unter anderem vom Wagniskapitalarm der CIA finanziert wurde, mit seiner Software MetaConstellation vertreten, die der ukrainische Armee durch die schnelle Massenverarbeitung von Daten von Satelliten, Drohnen und Flugzeugen die Möglichkeit gibt, russische Truppenbewegungen in Echtzeit zu verfolgen. Die „Macht ausgefeilter algorithmischer Waffensysteme“ sei mittlerweile mit dem Besitz einer taktischen Atomwaffe vergleichbar, freute sich Konzernchef Alex Karp im Jahr 2023.
Gewinnrekorde in Folge
Man könnte Palantir somit fast schon als Rüstungskonzern einstufen, an der Börse reüssiert das Unternehmen allerdings als einer der heißesten Werte aus dem Bereich Künstlicher Intelligenz. Dies baut auf Gewinnrekorden in den vergangenen neun Quartalen auf sowie einer aktuell auf fast 4,4 Mrd. Dollar angehobenen Umsatzprognose. Der Kursanstieg lässt sogar KI-Überflieger Nvidia vor Neid blass werden, der Chiphersteller kommt 2025 bislang nur auf einen Kursanstieg von rund 45%. Nur der deutsche Rüstungswert Rheinmetall kann noch mehr bieten als Palantir mit Kursavancen von knapp 180% seit Jahresultimo.
All dies führt natürlich zu der Frage, ob der Kursanstieg von Palantir übertrieben sein könnte. Dieser Ansicht ist jedenfalls Michael Burry. Der bekannte US-Investor und Chef des Hedgefonds Scion Asset Management, das Buch über ihn „The Big Short“ wurde im Jahr 2015 sogar verfilmt, wettet per Ende des dritten Quartals in großem Stil gegen Nvidia und eben auch Palantir, die beiden Positionen machen rund 80% seiner gemeldeten Anlagen in Put-Optionen aus. Gegen Palantir hat Burry nicht weniger als gemeldete 912 Mill. Dollar im Feuer, gegen Nvidia hingegen nur 186 Mill. Dollar. Burrys Wort hat jedenfalls an Wall Street Gewicht, denn der Investor hatte 2008 den Zusammenbruch des amerikanischen Immobilienmarktes korrekt vorhergesagt und damit Milliarden verdient.
Deutliche Nervosität
Burrys Positionierung hat bei Palantir erkennbar deutliche Nervosität ausgelöst, zumal die Aktie auf das Bekanntwerden der Nachricht hin um rund 8% nachgab. Firmenchef Karp schießt daher mit schwerem Geschütz zurück. Er wirft Burry dabei sogar Marktmanipulation vor, stellt also den Vorwurf der Strafbarkeit in den Raum. Mit seiner Skepsis hinsichtlich der Bewertung von Palantir steht Burry freilich nicht alleine. Von den im Grundsatz notorisch optimistischen amerikanischen Analysten, die zumeist auf der Sellside zu verorten sind, raten derzeit 18 lediglich dazu, die Aktie im Portfolio zu behalten, vier Stimmen votieren für den Kauf und drei immerhin dazu, die Aktie überzugewichten. Allerdings gibt es auch nur drei Verkaufsempfehlungen und eine Einstufung mit Underweight.
Buyside-Analyst Mark Giarelli von Morningstar hält Palantir zwar für einen der KI-Marktführer. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 120 auf Basis der Gewinnerwartungen für die kommenden zwölf Monate und einer Prämie von 350% gegenüber anderen KI-Unternehmen sei die Aktie allerdings signifikant überbewertet. Giarelli sieht den fairen Wert der Aktie bei 135 Dollar, was sich mit einem aktuellen Kurs von knapp unter 190 Dollar vergleicht. Die Konsensschätzung der Analysten für den fairen Wert der Aktie liegt allerdings bei 187 Dollar.
Palantir hat zwar im dritten Quartal den Umsatz im Vorjahresvergleich um 63% steigern können und kommt auf eine adjustierte Gewinnmarge von atemberaubenden 51%. Allerdings liegt das Kurs-Umsatz-Verhältnis bei schwindelerregenden 137. Das bedeutet, dass Investoren derzeit bereit sind, für 1 Dollar Umsatz des Unternehmens 137 Dollar zu bezahlen.
Wichtige Wachstumsfelder
Sollte mit Blick auf Palantir und andere Überflieger die Überbewertungsblase im Bereich der künstlichen Intelligenz platzen, wäre die Aktie des Konzerns davon ohne Zweifel betroffen. Aber selbst wenn die Blase platzen sollte, wäre für die Palantir-Aktie noch lange nicht aller Tage Abend. Mit seinen Angeboten im Bereich der Überwachung und Kontrolle der Bevölkerung und der militärischen Datenanalyse und -aufbereitung für die Streitkräfte der USA und ihrer Verbündeten ist der Konzern in wichtigen Wachstumsfeldern tätig, auf die die westlichen Regierungen als eine der wesentlichen Kundengruppen des Unternehmens großen Wert legen. Insofern dürfte das aktuelle Kursziel der Royal Bank of Canada mit 50 Dollar wohl zu niedrig angesetzt sein, auch wenn dieses jüngst ausgehend von 45 Dollar angehoben worden ist.
