Pandemieangst drückt Börsen

Mehrere Tote durch Corona-Virus - Aktien der Reise- und Konsumbranchen mit Kursverlusten

Pandemieangst drückt Börsen

Das Corona-Virus verunsichert die Anleger am asiatischen Aktienmarkt. Besonders die Titel der chinesischen Airlines sind betroffen und ziehen ihre europäischen Pendants mit. Experten sehen Parallelen zur Sars-Seuche, die der Weltwirtschaft Anfang des Jahrtausends Milliardenschäden einbrachte.Von Alex Wehnert, FrankfurtEin tödliches Virus grassiert in China, Warnungen vor einer Pandemie werden laut, die asiatischen Börsen stürzen ab und ziehen auch europäische Aktien mit sich: Viele Marktteilnehmer dürften sich aktuell an die Zeit der Sars-Seuche erinnert fühlen. Denn am Dienstag verzeichneten der Shanghai Composite Index und der Hang Seng der Börse in Hongkong zeitweise Kursverluste von 2 % und 3 %, nachdem die bekannte Zahl der mit dem Corona-Virus Infizierten rapide weitergestiegen war. Nach offiziellen Angaben liegt sie bei fast 300, über die mögliche Dunkelziffer herrscht aber Unklarheit.Das Virus brach Mitte Dezember aus, seitdem kostete die durch die Erreger ausgelöste Lungenkrankheit sechs Menschen das Leben. Ausgangsort ist vermutlich die zentralchinesische Millionenmetropole Wuhan. Mittlerweile sind allerdings mehrere Fälle von Erkrankten außerhalb Chinas bekannt, unter anderem aus Taiwan, Australien und Japan. In weiteren Ländern gibt es Verdachtsfälle. Experten befürchten nun, dass sich das von Mensch zu Mensch übertragbare Virus angesichts des erhöhten Reiseaufkommens vor den Feierlichkeiten zum chinesischen Neujahr am kommenden Wochenende weiter ausbreiten könnte. Laut Analysten müsste der Internationale Währungsfonds seine jüngsten Prognosen für die Weltkonjunktur wohl nach unten korrigieren, sollte es zu einer Pandemie wie Anfang des Jahrtausends kommen. Milliardenschäden durch SarsDamals forderte das Schwere Akute Atemwegssyndrom, kurz Sars, nach seinem Ausbruch im November 2002 innerhalb eines halben Jahres weltweit hunderte Todesopfer und bescherte den Unternehmen der Konsum- und Tourismusbranchen Verluste in Milliardenhöhe. Das Wirtschaftswachstum Chinas wurde in der Folge deutlich gebremst, laut der Weltbank und der Weltgesundheitsorganisation WHO belief sich der Schaden für die globale Wirtschaft auf insgesamt 30 Mrd. Dollar. Auch an den Börsen ging es abwärts: Der Shanghai Composite gab im November 2002 um 5,1 % nach (siehe Grafik). Im Dezember folgten weitere Kurseinbrüche, bis Jahresende 2002 betrug das Minus 12,6 %. Der Hang Seng folgte damals verzögert und fiel zwischen Januar und April 2003 um 10,2 %. Airlines unter DruckAktuell könnten die chinesischen Indizes am Anfang eines neuen Negativtrends stehen. Ob sie ihren Kursverfall fortsetzen, hängt außer von dem weiteren Verlauf der Corona-Seuche allerdings auch von mehreren weiteren Faktoren ab. Anhaltende Unruhen und Herabstufungen durch die Ratingagenturen Moody’s und Fitch sorgen für Druck auf den Finanzplatz der chinesischen Sonderverwaltungszone. Ende des vergangenen Jahres rutschte Hongkong in eine technische Rezession. Dennoch gehörten Aktien des dortigen Markts, angetrieben durch Investoren vom Festland und das Phase-1-Handelsabkommen zwischen Washington und Peking, seit Anfang Dezember zu den Titeln mit der besten Performance weltweit – bis sich die Unsicherheit um eine Ausbreitung des Corona-Virus vergangene Woche verstärkte.Schwer betroffen waren gestern die Aktien der Versicherungsbranche, das Papier von China Life Insurance stürzte um 5,6 % ab. Laut dem Handelshaus Axicorp könnte aufgrund der Pandemieängste besonders die Nachfrage nach Reiseangeboten deutlich abnehmen. Die Titel der asiatischen Fluggesellschaften gaben im Zuge dessen gestern bereits deutlich nach, für die Kurse der China Eastern Airlines belief sich das Minus zeitweise auf fast 11 %. Die Aktie der australischen Qantas verlor bis zu 1,8 %.Die negativen Entwicklungen sorgten auch am Markt für europäische Reise- und Freizeitaktien für Verunsicherung. Der Stoxx-Index der Branche gab um 0,5 % nach. Sowohl für die Titel der British-Airways-Mutter IAG als auch für die von Air France-KLM ging es deutlich nach unten, die Aktie der Deutschen Lufthansa war mit einem Minus von 3,4 % auf 14,44 Euro Tagesschlusslicht im Dax. Luxusgütersektor leidetZudem verzeichneten viele Titel der Luxusgüterbranche, für die Asien ein wichtiger Wachstumsmarkt ist, Kursverluste. Die Aktie des Branchenführers LVMH schloss mit einem Minus von 1,1 % bei knapp 425 Euro. Für die Schweizer Uhrenhersteller Richemont und Swatch war Hongkong jahrzehntelang der wichtigste Absatzmarkt, bis die Proteste der Demokratiebewegung kräftig auf die Verkäufe schlugen. Angesichts der aktuellen Lage sanken die Aktien der Unternehmen nun um 1,9 % und 0,5 %. Auch die Aktie der britischen Modemarke Burberry musste im Handelsverlauf Verluste einstecken. Bei den Luxusgüteraktien zeigen sich laut Analysten erste Parallelen zur Sars-Pandemie. Auch 2003 hatten die Kurse vieler Unternehmen der Branche nachgegeben – konnten sich allerdings schnell wieder erholen.