Parteitags-Hausse an Chinas Börsen

Große Staatsunternehmen und Konsumwerte im Aufwind - Rally könnte bald die Puste ausgehen

Parteitags-Hausse an Chinas Börsen

Chinas Festlandbörsen sind mit dem chinesischen Parteitag wieder in Laune gekommen und kommen auf ein 26-Monats-Hoch. Bei solider konjunktureller Basis dürften flotte Unternehmensgewinne im dritten Quartal für weitere Unterstützung sorgen. Während Immobilienwerte eher unter Vorbehalt stehen, liegen konsumverwandte Aktien hoch im Kurs.Von Norbert Hellmann, SchanghaiChinas Börsen scheinen mit den jüngsten politischen Weichenstellungen auf dem großen Parteitag in positive Schwingungen zu geraten. Die führenden Indizes haben durchweg positiv reagiert auf die Verkündungen rund um Visionen für einen Sozialismus chinesischer Prägung in einer neuen Ära des in seinem Machtstatus weitergefestigten Präsidenten Xi Jinping und der Bestellung einer neuen linientreuen Führungsriege. Blue Chips favorisiertAm Donnerstag zog der marktbreite Leitindex Shanghai Composite um 0,5 % auf 3 412 Punkte an. Er erreichte damit den höchsten Stand seit August 2015 und damit das Niveau, auf das die Festlandbörsen nach einem Crash im Anschluss an eine monumentale Börsenhausse zurückgefallen waren. Nach wie vor stehen derzeit vor allem chinesische Blue Chips im Fokus der Anleger. Der entsprechende Index CSI 300, der die 300 größten Werte an den Börsen in Schanghai und Shenzhen abdeckt, kletterte um weitere 0,4 % auf 3 994 Punkte, was ebenfalls einem 26-Monats-Hoch gleichkommt. Die untertags im Handel kurz geknackte Marke von 4 000 Punkten dürfte nun in den nächsten Tagen übersprungen werden.Das Gros der Experten rechnet mit einer Fortsetzung der Rally, allerdings mit etwas anderen Faktoren im Fokus als die politische Bühne in Peking. Grundsätzlich haben die Märkte mit dem Abschluss des einwöchigen großen Parteitages eine Art Bestätigung dafür erfahren, dass die Regierung an ihrer wirtschaftspolitischen Kurs festhält. Dieser geht zwar mit einer tendenziell restriktiven geldpolitischen Linie zur Eingrenzung von Finanzstabilitätsgefahren einher, lässt aber genügend Raum für ein ansprechendes Wirtschaftswachstum von rund 6,8 %, mit dem Pekings Wachstumsziel für dieses Jahr klar erfüllt wird. Risiken am ImmobilienmarktIn Zukunft will China zurückhaltender bei Vorgaben für das Wirtschaftswachstum sein. Nach 2020 werde es keine Aussagen mehr geben, bis wann eine Verdoppelung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erreicht werden solle, sagte Yang Weimin, Vizeminister in der Zentralen Führungsgruppe für Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten. Der Regierung gehe es nicht mehr um den reinen Zuwachs, sondern um die Qualität des Wachstums. Angesichts eines robusten Trends bei der Industrieproduktion und im Einzelhandel und einem flotten Außenhandel gibt es wenig Rückschlaggefahren für die Konjunktur. Als potenzielle weiche Flanke gilt allerdings der sich zuletzt deutlich abkühlende Immobilienmarkt. Hier sind die Entwicklungen in erster Linie aber von der Regierung selber gesteuert, die mit Restriktionsmaßnahmen auf Preisblasen und spekulative Wohnungskäufe in den führenden Metropolen einwirkt. In den meisten chinesischen Großstädten steigen die Immobilienpreise nur noch sehr sanft an, gleichzeitig aber beobachtet man erstmals stärker gedrosselte Immobilienverkäufe. Damit geraten auch Immobilienwerte etwas unter Druck, zumal die Regierung zur Wochenmitte eine neue Runde von Ermittlungsverfahren bei Immobilienentwicklern und Maklerfirmen wegen möglicher Preismanipulationsversuche und Kontraktfälschungen angekündigt hat.Positive Impulse für den Markt sehen Experten vor allem bei großen Staatsunternehmen im Schwerindustriesektor. Auf dem Parteitag hat der Präsident noch einmal deutlich signalisiert, dass die Reformbestrebungen im Staatsunternehmenssektor gegenwärtig vor allem auch darauf abzielen, schlagkräftigere Einheiten zu formen, die im internationalen Wettbewerb mithalten können. Im Klartext dürfte dies wohl heißen, dass die bereits eingeleitete Konsolidierungsbewegung mit Fusionen von großen Staatsbetrieben, auf die Chinas Börsen im Allgemeinen äußerst positiv reagieren, weiter forciert werden dürften. Überkapazitäten im FokusAls tendenziell gute Nachricht gelten auch die auf dem Parteitag versprochenen weiteren Bemühungen zum Abbau von Überkapazitäten in Bereichen wie Stahl und Baumaterialien, womit auch eine Schließung von oft illegalen kleineren Produktionsstätten verbunden ist. Eine Konzentrationsbewegung dürfte für eine weitere Abstützung der Preise im Rohstoffsektor und der Erzeugerpreise insgesamt beitragen. Diese wiederum hat sich in den letzten Monaten äußerst positiv auf die Entwicklung der Unternehmensgewinne im Industriesektor ausgewirkt.Von der jetzt anstehenden Ergebnisrunde für das dritte Quartal versprechen sich Analysten positive Impulse, wobei nicht zuletzt konsumverwandte Sektoren im Fokus stehen.Für gute Laune sorgte am Donnerstag die Gewinnmeldung des chinesischen Schnapsbrenners Kweichow Moutai, der mit einer Sonderstellung im Reich der Mitte nicht nur vom Umsatz, sondern auch von der Marktkapitalisierung her das weltweit schwerste Unternehmen im Spirituosensektor darstellt. Moutai gilt als ein Konsumwert, dem eine gewisse Signalfunktion für die Stimmung an der chinesischen Konsumfront zugeschrieben wird. Bei Moutai wurden die Gewinne im dritten Quartal gegenüber Vorjahr knapp verdoppelt. InterventionsmüdigkeitEs finden sich allerdings auch warnende Stimmen, die in den kommenden Wochen mit einer Korrekturbewegung bei den Blue Chips rechnen, nachdem der CSI 300 in diesem Jahr bereits knapp 20 % zugelegt hat. Analysten bei J.P. Morgan verweisen dabei unter anderem auf einen Ernüchterungseffekt nach dem Parteitag, der von nachlassenden Stützungskäufen staatlicher Fonds und Investmentvehikel ausgehen könnte. Die Regierung hat nämlich allem Anschein nach dafür gesorgt, dass während der Parteitagszeit im Zweifelsfall mit Interventionen dieser Vehikel ein “stabiles Marktklima” garantiert wird. Nun aber dürfte der Interventionselan dieser Vehikel wieder nachlassen.