GELD ODER BRIEF

Repsol fährt gut mit grünem Kurswechsel

Von Thilo Schäfer, Madrid Börsen-Zeitung, 10.1.2020 Vor dem Auftakt des Weltklimagipfels in Madrid Anfang Dezember überraschte Repsol mit der Ankündigung, als erster Erdölkonzern der Welt bis 2050 CO2-frei zu operieren. Zum Beweis der...

Repsol fährt gut mit grünem Kurswechsel

Von Thilo Schäfer, MadridVor dem Auftakt des Weltklimagipfels in Madrid Anfang Dezember überraschte Repsol mit der Ankündigung, als erster Erdölkonzern der Welt bis 2050 CO2-frei zu operieren. Zum Beweis der Ernsthaftigkeit dieser Strategie nahm das Unternehmen Abschreibungen im Wert von 4,8 Mrd. Euro in Kauf, hauptsächlich auf seine Öl- und Gasreserven in den USA und Kanada. Der CEO von Repsol, Josu Jon Imaz, wehrte sich gegen die Zweifel von Umweltaktivisten, die in dem Plan lediglich eine opportunistische PR-Strategie sehen wollten. “Das ist kein Greenwashing. Wir machen das, um Geld zu verdienen”, sagte Imaz dem spanischen “Business Insider”. “Wir müssen uns auf die Zukunft vorbereiten, nicht allein, um den Planeten zu retten, sondern um die Interessen und die Risiken für unsere Aktionäre zu schützen”, so der CEO.Die Märkte haben die Argumente von Imaz offenbar honoriert. Der Kurs von Repsol hat seit der Ankündigung auf nun 14,20 Euro zugelegt, nahe am Rekordhoch von 14,70 Euro. Die Rally hatte allerdings bereits im August begonnen, als mit 11,70 Euro der Jahrestiefstand erreicht war. Die überwiegende Mehrheit der Analysten rät zum Kauf des Papiers, trotz der erheblichen Ungewissheiten in der Erdölbranche, etwa durch die Spannungen am Golf. ESG-Strategie überzeugt”Die Ausrichtung des Unternehmens ermöglicht ihm eine wachsende Anerkennung bei auf Nachhaltigkeit bedachten Investoren (ESG), die 15 % des Kapitals und 30 % der institutionellen Anleger ausmachen”, so der Madrider Broker Renta 4. In der Tat legte Norges Bank, der norwegische Staatsfonds, diese Woche offen, dass er seinen Anteil an Repsol auf 3 % erhöht hat. Die Transition Pathway Initiative aus London, der Investoren mit 14 Mrd. Euro unter Verwaltung angehören, lobte Repsol als besten von 135 Erdölkonzernen, was die Strategie zur Einhaltung des Pariser Klimaabkommens anbelangt. Auch die Ratingagentur Standard & Poor’s bescheinigte den Spaniern, eine der fortschrittlichsten Nachhaltigkeitsstrategien zu verfolgen.Dass Repsol bei den Anlegern gut ankommt, liegt jedoch auch an der für die Branche sehr attraktiven Auskehrungspolitik. Die angekündigte Abschreibung von 4,8 Mrd. Euro wird das Jahresergebnis für 2019 mit bis zu 2 Mrd. Euro belasten. Der üppige Cash-flow und die Dividende sind nach Angaben des Unternehmens davon jedoch nicht betroffen. Die Spanier bieten 1 Euro Dividende pro Aktie. Außerdem haben sie Aktienrückkäufe in Höhe von 5 % des Kapitals versprochen. Es könnte auch mehr werden, sollten sich keine Investitionsmöglichkeiten auftun.Der Plan zur Dekarbonisierung sieht jedoch Zukäufe vor, so wie sie das Unternehmen schon seit einiger Zeit verfolgt. Um das erklärte Ziel, bis 2050 CO2-neutral zu operieren, erreichen zu können, muss Repsol in Technologien investieren, welche die Schadstoffe aus der Luft nehmen. Auch Aufforstung könnte in Frage kommen. Die Emissionen des Raffineriebetriebs sollen durch technische Aufrüstung massiv reduziert werden. Repsol will die Produktion von Biokraftstoffen verdoppeln und den Schwerpunkt auf Investitionen in erneuerbare Energiequellen legen, auch im Ausland. Der Anteil des weniger umweltschädlichen Gases soll gegenüber dem Erdöl erhöht werden.Repsol gibt fortan “Priorität der Wertsteigerung über den Anstieg der Produktion”, hieß es in der Mitteilung von Dezember. Um der Strategie zusätzliche Glaubwürdigkeit zu geben, werden 40 % der variablen Bezüge der Vorstände an die Erfüllung der Emissionsziele gebunden. Repsol hat die Herausforderung der Umweltbedrohung nicht erst im Vorfeld des Klimagipfels für sich entdeckt. Im Herbst 2018 stieg Repsol mit dem Kauf von Kraftwerken des Energieunternehmens Viesgo in Spanien in die Produktion und den Verkauf von Strom ein. Nach weiteren Akquisitionen und eigenen Projekten zählt der Konzern heute bereits eine Million Stromkunden in Spanien, die mit Rabatten bei den eigenen Tankstellen zusätzlich gelockt werden. Das Ziel sind 2,5 Millionen Kunden bis 2025. Die Kapazität soll von 4 500 MW auf 7 500 MW erhöht werden, ganz ohne Erzeugung aus Kohle und Atomkraft. Die 3 400 Tankstellen in Spanien sollen mit Ladestationen für Elektromobile ausgerüstet werden.Das politische Umfeld spielt Repsol in die Karten. Die neue Regierung von Sozialisten und der Linkspartei Unidas Podemos gibt dem Kampf gegen den Klimawandel hohe Priorität. Die Regierung von Pedro Sánchez hat bereits die Rahmenbedingungen für Solaranlagen in Privathaushalten verbessert. Die Konjunktur kühlt sich in Spanien zwar langsam ab, liegt mit Wachstumsraten von knapp 2 % aber klar über dem Schnitt der Eurozone.Jedoch bleibt Repsol mittelfristig ein Erdölkonzern, der von den starken, oft geopolitisch bedingten Marktschwankungen abhängt. So bekommt Repsol häufig die negativen Auswirkungen der politischen Lage ihrer Ölförderung in Libyen und in Venezuela zu spüren. Die Citigroup äußerte sich zum Umweltbewusstsein der Spanier skeptisch. “Die Abschreibungen spiegeln eigentlich mehr die kurzfristige Realität wider”, schrieb sie im Dezember. Die bisher veranschlagten Ölpreise seien “unrealistisch, in einer Welt, in der die Produktion von Schieferöl in den USA die Preise weiter drücken wird”. Repsol hat im letzten Geschäftsjahr aber bewiesen, dass es trotz niedriger Erdölpreise rentabel sein kann. Der Reingewinn ging in den ersten neun Monaten um 32,5 % auf 1,5 Mrd. Euro zurück, doch der freie Cash-flow stieg um 22 % auf rund 1,8 Mrd. Euro. Diese Kapazität soll Investitionen und die Auskehrungen auch in Zukunft absichern.Viele Experten haben ihre Prognosen für Repsol in letzter Zeit verbessert. Von 31 Analysten, die das Unternehmen verfolgen, empfehlen derzeit 17 den Kauf der Aktie. Jeweils vier raten zum Halten oder zum Verkauf. Allerdings will man nun die genauen Details des Fahrplans zum CO2-freien Geschäft abwarten, die im Rahmen des neuen Strategieplans im ersten Halbjahr vorgestellt werden sollen.