Technische Analyse

Revival der Telekomwerte

Nach einer starken Kursentwicklung im ersten Quartal dieses Jahres haben die europäischen Telekomwerte in den vergangenen Monaten ihren Schwung verloren. Nun könnte aber die Renaissance der Telekomwerte anstehen.

Revival der Telekomwerte

Technische Analyse

Revival der Telekomwerte

Von Frederik Altmann *)

Nach einer starken Kursentwicklung im ersten Quartal dieses Jahres haben die europäischen Telekomwerte in den vergangenen Monaten ihren Schwung verloren. Der Branchenindex Stoxx Europe 600 Telecommunications-Index büßte seit Mitte April bis zu 14% ein, die Gewinne der ersten Monate wurden komplett wieder abgegeben. Erneut steigende Zinsen und auch die Sorge um neue Konkurrenz durch den Tech-Riesen Amazon haben unter anderem die Papiere ausgebremst.

Nun könnte aber die Renaissance der Telekomwerte anstehen. Das Geschehen auf der Zinsseite beruhigt sich wieder etwas und viele Analysten sehen keine unmittelbare Gefahr durch Amazon für den Sektor. Technisch stehen die Aussichten auf eine Gegenreaktion nach oben ebenfalls gar nicht schlecht. Die relativ schlechte Entwicklung der vergangenen Monate könnte eine Einstiegsgelegenheit bieten. Grundvoraussetzung ist aber, dass die Marke von 187 Punkten hält.

Unterstützung bei 187 Punkten

Im Fokus steht technisch die Unterstützung von 187 Punkten, die seit Oktober 2020 dem europäischen Telekom-Index in Korrekturphasen immer wieder Halt geboten hat. Von diesem Niveau aus konnten sich die Kurse in der Branche in den vergangenen Jahren stets deutlich erholen.

Extremwerten im Chart kommt in der technischen Analyse generell hohe Bedeutung zu, sie werden bei einer Analyse zuerst betrachtet. Denn an diesen Punkten hat sich das Verhältnis von Angebot und Nachfrage gewandelt. Beim Telekomindex haben bei 187 Zählern die Verkäufer stets ihre Dominanz verloren, die Käufer konnten jeweils die Überhand gewinnen. Die Kurse fingen an zu steigen.

Längerfristiges Potenzial

Die zwei Tiefpunkte vom Oktober 2020 und dem Oktober 2022 könnten bei 187 Punkten nun längerfristig ein Doppeltief im Chart ausbilden. Zur Bestätigung dieser Umkehrformation muss der Index aber auch über seinen (zweifaches) Zwischenhoch bei 245 Zählern steigen. Mit dem Anstieg über diesen Widerstand setzten Telekomtitel ein längerfristiges Potenzial bis 303 Punkte frei.

Solch ein langfristiger Befreiungsschlag ist von heute aus gesehen allerdings noch weit entfernt. Aber auch kurzfristig gibt es Chancen, einen Doppelboden als charttechnisches Sprungbrett zu nutzen. Das Tief zum Jahreswechsel und das jüngste Tief liegen in etwa auf einem Niveau. Mit einem Kursanstieg über 222 Punkte könnte auch hier ein Doppelboden komplettiert werden, mit dem Kursziel etwas über dem längerfristigen Widerstand bei 245 Punkten. Wie ein solcher Verlauf mustergültig gelingt, zeigte der Anstieg über 206 Punkte im Februar. Hier wurde ein doppelter Boden vom Oktober und Dezember 2022 vollendet mit dem Ziel 223, das am April-Hoch fast genau abgearbeitet wurde.

Über diese positiven Möglichkeiten hinaus, die sich aus einem künftigen, freundlichen Kursverlauf der europäischen Telekom-Werte technisch ergeben können, gibt es aktuell auch weitere positive charttechnische Signale. Ein gutes Zeichen ist, dass die Unterstützung bei 187 Punkten mit den jüngsten Tiefs des Index über 189 Punkten gar nicht mehr erreicht wurden. Das spricht durchaus dafür, dass die besprochene Schlüsselunterstützung für den Index weiterhin halten sollte.

Auf Niveau von 2020

Die 40-Wochen-Linie, die in etwa dem Verlauf des viel beachteten gleitenden Durchschnittkurses der vergangenen 200 Handelstage entspricht, bewegt sich indes auf dem Niveau des Jahres 2020 seitwärts. Dabei sind die Kurse im aktuellen Abschwung bereits unter diese Durchschnittslinie gerutscht. Generell schwanken die Kurse in regelmäßigen Abständen um diese Linie, immer wieder unterbrochen von Übertreibungsphasen nach oben oder unten. Demnach spiegeln Kurse unter dieser Linie auch eine gewisse „Unterbewertung“ im normalen Marktumfeld wider. Gleitende Durchschnittslinien üben generell eine gewisse Anziehungskraft auf die Kurse aus. Dies ist ein weiteres Argument für Telekomwerte, das eine Reaktion nach oben begünstigen können.

Letztendlich hängt die künftige Kursentwicklung der europäischen Telekomwerte aus technischer Sicht aber entscheidend von der Verteidigung der Unterstützung ab, sie steht und fällt entsprechend an der Marke von 187 Punkten. Wenn diese Unterstützung nochmals (signifikant) unterschritten werden sollte, dann ist für Investoren erneute Vorsicht angebracht. Nachhaltig heißt in diesem Fall mit einem gewissen Puffer beispielsweise mit zwei Schlusskursen unter der Marke oder mit einem gewissen Abstand von etwa 2%, je nach Risikotoleranz des Anlegers.

Klassisches Verkaufssignal

Positionen sollten unter diesem Chart-Niveau abgesichert werden. Mit diesem klassischen Verkaufssignal sollte der Druck auf die europäischen Telekommunikationswerte unter 187 Zählern noch einmal ansteigen. Der nächste Anlaufpunkt wäre dann das „Corona-Tief“ vom März 2020 bei 164 Punkten im Stoxx Europe 600 Telecommunications-Index. Solange aber die Unterstützung weiter hält, bietet sich aus technischer Sicht aktuell ein günstiges Chance-Risiko-Verhältnis bei den europäischen Telekom-Aktien.

*) Frederik Altmann ist Investmentanalyst bei Alpha Wertpapierhandel.

| Quelle:
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