Rüstungsboom beflügelt Fincantieri
Rüstungsboom beflügelt Fincantieri
Geld oder Brief
Rüstungsboom beflügelt Fincantieri
Die Aktie des italienischen Schiffsbauers hat seit Jahresbeginn kräftig zugelegt – Analysten sind weiter zuversichtlich
Von Gerhard Bläske, Mailand
bl Mailand
Der Schiffsbaukonzern Fincantieri ist einer der großen Gewinner auf Italiens Aktienmarkt. Nach einem Allzeithoch von 18,40 Euro am 18. August gab es zwar einen deutlichen Dämpfer. Doch mit einem Plus von 226% binnen zwölf Monaten und knapp 150% seit Jahresbeginn hat Fincantieri, das an der Börse mit 5,3 Mrd. Euro bewertet ist, den Aktionären zuletzt viel Freude bereitet. Das war nicht immer so. Bis Ende 2024 dümpelte die Aktie vor sich hin. Die Aktionäre müssen seit 2020 auf eine Dividende verzichten. Nach fünf Verlustjahren schreibt das Unternehmen erst seit 2024 wieder schwarze Zahlen.
Doch schon für 2025 könnte es möglicherweise wieder eine Dividende geben. Angesichts eines prall gefüllten Auftragsbuchs von 58 Mrd. Euro erwartet CEO Pierroberto Folgiero 2025 steigende Umsätze und Gewinne. Im ersten Halbjahr stieg der Umsatz um 24% auf 4,6 Mrd. Euro und es wurde ein Gewinn von 35 Mill. Euro ausgewiesen.
Internationaler Fußabdruck
Fincantieri profitiert von der gigantischen Aufstockung der Rüstungsbudgets weltweit. Konzernchef Folgiero rechnet deshalb bis 2027 mit bis zu 20 Mrd. Euro an zusätzlichen Militäraufträgen. Er will auch den internationalen Fußabdruck verstärken. Nach dem Abschluss von Kooperationen mit Partnern in Saudi-Arabien, wo in einem Joint Venture gemeinsam Fregatten und U-Boote gebaut werden sollen, den Vereinigten Arabischen Emiraten und in Indonesien hat er dabei Indien, Afrika und weitere südostasiatische Länder im Visier. Darüber hinaus ist Fincantieri mit eigenen Werften auch in Norwegen, Rumänien, Vietnam und vor allem in den USA vertreten. Dort verfügt der italienische Konzern seit längerer Zeit über eine starke Position und beliefert die US-Marine und die Küstenwacht. Mit mehr als 3.000 Beschäftigten erreicht Fincantieri in den USA ein Umsatzvolumen von etwa 800 Mill. Dollar.
Breite Produktpalette
Der Schiffsbau trägt mehr als zwei Drittel zu den Erlösen von Fincantieri bei. Davon wiederum stammt ein Drittel aus dem militärischen Sektor, etwa dem Bau von Fregatten für die US-Navy und die italienische Marine sowie von U-Booten. Der größte Teil der Einnahmen kommt aber aus dem Bau von Kreuzfahrtschiffen. Jeweils etwa 15% des Gesamtumsatzes werden mit Spezialschiffen für Offshore-Energieprojekte (Wind, Öl, Gas) sowie dem Geschäftsbereich Infrastruktur/Ausrüstung erwirtschaftet.
Der zu 71,3% von der mehrheitlich staatlichen Förderbank Cassa Depositi e Prestiti (CDP) kontrollierte Konzern plädiert für eine „De-Fragmentierung“ im militärischen Schiffbau und setzt insbesondere auf eine engere Partnerschaft mit ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) bei U-Booten. Die beiden arbeiten seit fast 30 Jahren zusammen und haben zusammen ein U-Boot entwickelt. Der philippinischen Marine haben die beiden Partner gemeinsam ein Angebot für die Lieferung von U-Booten der Klasse U 212 NFS gemacht. TKMS liefert dafür Komponenten zu. Man sei „sehr offen für verschiedene Formen der Zusammenarbeit, sei es durch eine verstärkte kommerzielle Partnerschaft oder umfassende strategische Initiativen“, so Folgiero, der auch an einem Einstieg bei dem deutschen U-Boot-Bauer interessiert wäre. Generell plädiert er für gemeinsame Plattformen, die dann individuell mit Software oder Waffensystemen bestückt werden könnten.
Wachstumstreiber
Das Unternehmen hat kürzlich einen Auftrag über 700 Mill. Euro für den Bau von zwei neuen Marineschiffen aus Indonesien erhalten. Aufgrund zahlreicher Großaufträge für neue Kreuzfahrtschiffe etwa der Norwegian Cruise Line, von Crystal, Viking, Carnival und zuletzt TUI sowie neuer Aufträge im Militärsektor und bei Spezialschiffen für den Offshore-Energiesektor ist eine Auslastung bis 2036 sichergestellt. Folgiero sieht neben dem Militärschiffbau vor allem die Spezialschiffe als Wachstumstreiber. Auch der U-Boot- bzw. Unterwassersektor, von U-Booten bis zu Torpedos, gehört nach Ansicht Folgieros zu den großen Wachstumsfeldern und wurde zuletzt ausgebaut. Fincantieri hat 2024 für bis zu 415 Mill. Euro von Leonardo deren Unterwasser-Rüstungssparte Wass, zu der etwa Sonarsysteme und Torpedos gehören, übernommen. Folgiero sieht Fincantieri hier als „Aggregator“ für Partnerschaften.
Um die Wachstumsmöglichkeiten optimal nutzen zu können, ist zunächst eine Reorganisation geplant. Dabei sollen gemischte Fertigungen in den Werken beendet und die militärische Produktion vor allem auf die Werk in Palermo und Castellammare di Stabia bei Neapel konzentriert werden. Details will Folgiero im Herbst bei der Vorstellung eines neuen Strategieplans verkünden.
Analysten setzen Ziele hoch
Analysten beurteilen die Entwicklung Fincantieris positiv. Von zehn Analysten raten sechs zum Halten und vier zum Kaufen. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 17,41 Euro. Mehrere Analysten haben zuletzt ihre Kursziele nach oben korrigiert. Jefferies sieht den Konzern nach den Zahlen für das zweite Quartal, die über den Erwartungen lagen und der Bestätigung des Ausblicks für 2025, auf gutem Weg, empfiehlt Halten und setzte das Kursziel auf 16,20 Euro hoch, etwa auf den aktuellen Wert. Mediobanca sieht das Kursziel bei 20 Euro (Kaufen).
Fincantieri verdient sein Geld vor allem mit dem Bau von Kreuzfahrtschiffen. Das Geschäft ist aber hart umkämpft und die Aktie des italienischen Konzerns dümpelte lange Zeit vor sich hin. Doch die gestiegenen Rüstungsbudgets haben die Fantasie der Anleger beflügelt. Denn Fincantieri baut auch U-Boote und Fregatten.
