Schweizer Trader mögen Swissquote
Die Schweiz hat einen großen Finanzplatz. Aber auf diesem gedeihen erstaunlich wenige Banken, deren Aktien ein lohnendes Investment sind. Hell leuchten am Firmament der Börse eigentlich nur die Aktien der Online-Bank Swissquote.
Diese hatten schon 2024 mit einem Kursanstieg um 68% beeindruckt und liegen auch im laufenden Jahr mit einem Plus von über 30% im Topf der 20 besten Titel im Aktientableau der Six Swiss Exchange. Darüber freut sich auch Daniel Regli, Analyst und Spezialist für die Finanzbranche bei der Zürcher Kantonalbank. Er hatte die Papiere Anfang 2023 auf „outperform“ hochgestuft. .
Daniel Regli erkannte, dass das seinerzeitige Ende des langen Schweizer Negativzinsregimes auch bei der Swissquote zu einer kräftigen Verbesserung des Zinsergebnisses führen würde, obschon die Bank nur ein vernachlässigbares Kreditgeschäft betreibt. Der Zinsertrag steuerte 2024 fast ein Viertel zu deren Nettoertrag von 661 Mill. sfr bei. Im Jahr 2023 war der Beitrag sogar noch deutlich höher.
Unterschätzter Zinsertrag
Das lukrative Zinsgeschäft hatten 2022 nur wenige auf dem Radar. Die meisten Investoren sorgten sich um die Zukunft des Wertschriftenhandels, der in den Covid-Jahren stark zugenommen hatte. Die daraus fließenden Erträge von Swissquote drohten mit der Normalisierung des Handelsvolumens einzubrechen. Doch die zentrale Einnahmenquelle aller Online-Broker versiegte nur vorübergehend. Als die USA im Herbst 2024 auf die Wahl von Donald Trump zusteuerte, zog unvermittelt der Handel mit Krypto-Währungen an. Dieser war 2023, nach der Pleite des Milliardenbetrügers Sam Bankman-Fried, zu einem Rinnsal verkommen. 2024 trugen Krypoto-Trades wieder 13% zum Gesamtertrag von Swissquote bei.
Auch im klassischen Wertpapierhandel zeigten sich die Swissquote-Kunden zuletzt wieder äußerst aktiv. Marc Bürki, CEO und Mitgründer der Bank sprach vor drei Wochen in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AWP von einer „sehr guten“ Geschäftsentwicklung im laufenden Jahr. Obwohl die Rückkehr des Nullzinsregimes in der Schweiz den Zinsertrag von Swissquote erwartbar abschmelzen lässt, meinte Bürki in dem Interview, dass das rekordhohe Vorjahresergebnis 2025 nochmals übertroffen werden könnte.
Daniel Regli hält Bürkis Prognose für realistisch. Seiner Schätzung zufolge sollte Swissquote bis Ende 2025 einen Nettoertrag von 694 Mill. sfr einspielen (+5%) und daraus einen 8% höheren Vorsteuergewinn von 372 Mill. sfr ziehen können. Unter diesem Szenario wären die Aktien derzeit zum 20-fachen Gewinn 2025 bewertet. Vor dem Hintergrund der starken Wachstumshistorie der Bank ist dieses Kurs-Gewinn-Verhältnis zwar nachvollziehbar. Aber die durchschnittliche Bewertung von Schweizer Bankaktien liegt derzeit ein Drittel tiefer. Ist die hohe Prämie auf den Swissquote-Valoren gerechtfertigt?
„Strukturell schon“, findet Reto Huber, Analyst bei der bankenunabhängigen Zürcher Research Partners. Mit dem Attribut „strukturell“ bringt Huber seine Bedenken über das kurzfristige Potenzial der Aktien zum Ausdruck: „2024 war ein Superjahr, es wird sehr schwierig werden, dieses heuer nochmals zu übertreffen.“. Der Analyst hat seine Titelempfehlung im Frühjahr von Kaufen auf Halten zurückgenommen. Ausschließen will er die positive Überraschung trotzdem nicht. „Ich habe den Eindruck, dass die UBS gerade viele solide, mittelständische Kunden an andere Banken verliert“, sagt er.
Zurzeit ist die UBS mit der Integration der früheren Schweizer Credit-Suisse-Kunden auf die eigene Plattform beschäftigt. Die Migration hat teilweise schon stattgefunden und soll bis Ende Jahr über die Bühne gehen. Die Credit Suisse betreute viele mittelständische Kunden über ihre Online-Plattform CSX. Bürki sagte im Mai in einem Interview mit der NZZ: „Das CSX-Ende hat Potenzial. Wir gewinnen mehr als 2.500 neue Kunden pro Woche, Tendenz steigend.“ Langfristig ist die Wachstumsstory von Swissquote nicht vorbei, sind sich Reto Huber und Daniel Regli einig. Die Bank war 1996 mit der Strategie eines Preisbrechers als Online-Broker im teuren Schweizer Markt an den Start gegangen. Inzwischen positioniert sie sich zwischen Billigbrokern und traditionellen Banken als günstige Alternative für das alltägliche Bankgeschäft.
Hohe Bewertung, mehr Risiko
Das Zielpublikum sind nicht mehr nur die Trader, sondern Kunden, die einen sicheren Ort für ihr Gehaltskonto mit einfachen Dienstleistungen suchen. Mit einer Kernkapitalquote von 23% hält die Swissquote Bank einen starken Trumpf in der Hand. Auch technologisch ist die von Ingenieuren gegründete und geführte Bank den Platzhirschen immer noch weit voraus. CEO Mark Bürki scheut sich denn auch nicht vor optimistischen Prognosen: Bis 2028 sollen Nettoertrag- und Vorsteuergewinn um weitere 40% auf 900 Mill. beziehungsweise 500 Mill. sfr steigen, verspricht er. Doch wie viel von diesen Projektionen schon in den aktuellen Kursen von Swissquote steckt, hat diese Woche die UBS gezeigt. Sie sieht den fairen Preis der Swissquote-Titel bei 432 sfr. Just auf dieses Niveau ist jetzt der Kurs gefallen, nachdem er Anfang Woche bei über 470 sfr gelegen hatte.