Aktienmarkt

Spaniens Börse jagt ihren Rekord von 2007

Der IBEX 35 ist 2025 einer der Spitzenreiter in Europa in 2025. Treibende Kraft sind mehr denn je die spanischen Banken.

Spaniens Börse jagt ihren Rekord von 2007

Spaniens Börse jagt ihren Rekord von 2007

Der IBEX 35 ist mit einem Anstieg von rund 30 Prozent einer der Spitzenreiter in Europa in diesem Jahr – Triebfeder sind mehr denn je die spanischen Banken

In den letzten beiden Jahren stach Spanien durch eine im europäischen Vergleich robuste Wirtschaft heraus. Das spiegelt sich nach einer langen Durstrecke nun auch am Aktienmarkt wider. Die spanischen Kreditinstitute notieren seit langem wieder über ihrem Buchwert. Analysten sehen noch Potenial für mehr.

ths Madrid

Trotz der diversen Krisen auf der Welt seit dem Ausbruch der Coronapandemie vor gut fünf Jahren erklommen mehrere Börsen, wie der Dax, in der jüngsten Zeit neue Rekordstände. Spaniens Leitindex Ibex 35 dümpelte dagegen lange vor sich hin. Doch in diesem Jahr hängt die bolsa die meisten anderen Aktienmärkte ab, mit einem Kursanstieg von rund 30%.

Am 22. August kratzte der Ibex 35 mit 15.397 Punkten sogar am historischen Höchststand von 15.946 Punkten vom November 2007, vor Ausbruch der Finanzkrise und der geplatzten Immobilienblase in Spanien. Seitdem ist der Ibex aufgrund internationaler Faktoren, wie dem Angriff von US-Präsident Donald Trump auf die Federal Reserve, wieder auf knapp 15.000 Punkte gesunken.

Doch die Aussichten für den spanischen Kapitalmarkt sind nach Ansicht der Experten vielversprechend. Die Börse gilt zum einen gegenüber anderen europäischen Märkten als unterbewertet. Entscheidend für den Optimismus ist die außergewöhnlich solide konjunkturelle Lage Spaniens, insbesondere im Vergleich zu den großen europäischen Nachbarn. Das Bruttoinlandsprodukt verzeichnete im zweiten Quartal ein anhaltend hohes Wachstum von 2,8% im Jahresvergleich und die Prognosen für 2026 liegen auch über 2%.

Touristenrekord

Der wichtigste Faktor ist der Binnenkonsum, der auch vom anhaltenden Boom im so wichtigen Tourismusgeschäft getragen wird. In diesem Jahr werden die Besucher aus dem Ausland aller Voraussicht nach erstmals die 100-Millionen-Marke brechen. Der Arbeitsmarkt ist robust, da Spanien von einer massiven Einwanderung vor allem aus lateinamerikanischen Ländern profitiert. Das stärkt den Verbrauch. Hinzu kommen die Milliarden aus den EU Next-Generation-Funds, von denen Spanien nach Italien am meisten erhält.

„Der positive Impuls für die spanische Wirtschaft wird sich auch bis 2026 verlängern, dank struktureller Veränderungen hin zu hochwertigeren Dienstleistungen, einer Verbesserung der demografischen Lage, einer geringeren Exposition gegenüber den US-Zöllen und der Konkurrenz aus China, mehr Beitrag durch die Wiederaufbauhilfen und einem Anstieg der Verteidigungsausgaben“, kommentieren die Analysten von Goldman Sachs.

Die treibende Kraft des Ibex 35 sind nach längerer Zeit wieder einmal die Banken, die mehr als ein Drittel des Gewichts des Leitindexes ausmachen. Wie der Aktienmarkt selbst kamen auch die Kurse der sechs börsennotierten Geldinstitute lange nicht von der Stelle. Doch seit Jahresbeginn verzeichnen sie Kurssprünge von knapp 70% im Fall von Caixabank, Nummer Drei im Lande, bis zu gut 95% im Fall der kleineren Unicaja.

Zinswende

Der Zinsanstieg im Euroraum bis Sommer 2024 bescherte den auf das klassische Retailgeschäft fokussierten spanischen Banken üppige Gewinne bei Krediten und Hypotheken. Dagegen führten die höheren Zinsen nicht zu einem befürchteten Anstieg der Zahlungsausfälle, da Haushalte und Unternehmen sich in den Jahren zuvor ausreichend entschuldet hatten. Trotz der Senkung der Zinsen durch die Europäische Zentralbank erzielen die Banken weitere Rekordergebnisse, denn die Nachfrage nach Krediten ist ungebremst.

Zudem locken die Geldinstitute die Anleger mit einer großzügigen Vergütungspolitik über höhere Dividenden und massive Aktienrückkäufe. Das gilt insbesondere für BBVA und Banco Sabadell, die seit Mai letzten Jahres in einem hierzulande ungewöhnlichen feindlichen Übernahmekampf immer mehr Geschütze gegeneinander aufgefahren haben, um die Gunst der Aktionäre zu erobern. Die Kurse beider Institute wurden durch das politische Hin-und-Her des Prozesses beeinflusst. Im September wird BBVA endlich den Prospekt mit den endgültigen Bedingungen aufgrund schwerer Auflagen durch Regulierer und die Linksregierung in Madrid für die Offerte vorlegen. Danach liegt die Entscheidung bei den Aktionären von Sabadell.

Die Banken notieren 2025 erstmals seit langer Zeit wieder über ihrem Buchwert. Dennoch sind sie niedriger bewertet als viele ihrer europäischen Mitbewerber. Die Mehrheit der Analysten sieht vor allem bei den beiden international breit aufgestellten Branchenführern Santander und BBVA weiteres Aufwertungspotential.

Die Unternehmen der Reise- und Tourismusbranche legten seit Jahresbeginn ebenfalls zu, allerdings gelang es bisher nur Aena, dem halbstaatlichen Betreiber der spanischen Flughäfen, den Ibex35 mit einem Anstieg von 33% leicht zu überflügeln. IAG, die Mutter von British Airways und Iberia, der IT-Dienstleister für Buchungssysteme Amadeus und die Hotelgruppe Meliá verzeichnen jedoch auch achtbare Zuwächse. Die Volkswirte von Caixabank versicherten in einer Studie von Juli, dass sich das Wachstum in der Tourismusbranche langsam abkühlt, jedoch ohne dass schon bald ein Ende des Besucherandrangs zu befürchten sei.

Inditex hinkt hinterher

Zu den wenigen Verlierern am Parkett 2025 gehört der frühere Börsenliebling Inditex mit Kursverlusten von über 10%. Der weltweit größte Modekonzern enttäuschte mit den Zahlen des Frühjahrsquartals und der Zurückhaltung der Käufer. Allerdings galt der Betreiber von Ketten wie Zara oder Massimo Dutti vielen Analysten zuvor als leicht überbewertet. Nun raten 18 Analystenhäuser wieder zum Kauf der Aktie. Mit einer Marktkapitalisierung von 135 Mrd. Euro bleibt Inditex das Schwergewicht der Madrider Börse. Doch der Stromversorger Iberdrola rückt auf und erreichte vor Tagen seinen Höchstwert von 110 Mrd. Euro. Der international tätige Konzern gehört zur Avantgarde bei der Elektrifizierung der Wirtschaft.

Für viel Gesprächsstoff bei den Anlegern sorgt in diesem Jahr Telefónica. Nach den Einstieg von STC aus Saudi-Arabien erwarb der spanischen Staat einen Anteil von 10% am Telekomkonzern und bewirkte kurz darauf einen Wechsel der Führung. Nun plant der neue Vorsitzende Marc Murtra den Kauf von Zegona, der unter anderem die spanischen Tochter von Vodafone erworben hatte.

Flaute bei IPOs

Die Euphorie am Aktienmarkt schlägt jedoch nicht auf den Markt für Neuemissionen durch. Nach einer langen Flaute hatte sich mit der Parfümeriekette Puig im Mai letzten Jahres erstmals wieder ein Konzern aufs Parkett gewagt. Doch der Kurs liegt heute gut 30% unter dem Ausgabepreis. In diesem Jahr wagten sich HBX, Betreiber einer Plattform für Hotelübernachtungen, und der Spiel- und Casinokonzern Cirsa an die Börse. Während HBX seit dem IPO im Februar um gut 30% abgeschmiert ist, verbucht Cirsa seit Juli lediglich leichte Kursgewinne. Das scheint andere Kandidaten zu demotivieren.

Der Börsenbetreiber BME, Tochter der Schweizer SIX, versucht gerade mit einem neuen und vereinfachten System mehr Interessenten für einen Gang an die Börse zu gewinnen. Dabei wird die Anforderung eines Freefloat von mindestens 25% bei Erstnotierung für 18 bis 24 Monate ausgesetzt.

Über die Rallye am spanischen Aktienmarkt freut sich letztlich auch der spanische Staat, der umfangreiche Beteiligungen bei Caixabank, Telefónica, Aena, den Betreibern der Strom- und Gasnetze Redeia und Enagás sowie dem Rüstungskonzern Indra besitzt, der von der Aufrüstung in Europa getrieben wird.