IM GESPRÄCH: JAMES DURANCE, FIDELITY INTERNATIONAL

"Stabiler Ratingtrend zu erwarten"

Fondsmanager: Downgrade-Welle lÀuft aus - Wenige Defaults im europÀischen Hochzinssegment

"Stabiler Ratingtrend zu erwarten"

Fidelity-Fondsmanager James Durance erwartet fĂŒr die kommenden Monate einen stabilen Ratingtrend in Europa. Die Default-Rate im Hochzinssegment werde niedrig bleiben, zugleich sei mit einer regen EmissionstĂ€tigkeit zu rechnen. Die Finanzierung fĂŒr M&A werde in der Folge anziehen.Von Alex Wehnert, FrankfurtDer Vermögensverwalter Fidelity International erwartet auch im kommenden Jahr eine niedrige Rate an ZahlungsausfĂ€llen bei europĂ€ischen Hochzinsanleihen. WĂ€hrend des Corona-Marktcrashs im FrĂŒhjahr hĂ€tten sich viele Marktteilnehmer vor einer Welle an Defaults gesorgt, doch deren Quote sei bis Jahresende kaum gestiegen. “Einer der GrĂŒnde dafĂŒr ist, dass die Unternehmen im europĂ€ischen High-Yield-Segment schon vor Ausbruch der Krise ein solides Maß an KreditwĂŒrdigkeit aufgewiesen haben”, sagt James Durance, Co-Manager des Fidelity European High Yield und des Fidelity Global High Yield Fund, im GesprĂ€ch mit der Börsen-Zeitung. Dies habe sich im Verlauf der Coronakrise fortgesetzt, da einige große Konzerne mit gewaltigen Kapitalstrukturen vom Investment-Grade- in den Hochzinsbereich herabgestuft worden seien. Die im FrĂŒhling und Sommer gesehene Downgrade-Welle laufe nun allerdings aus. “In den kommenden Monaten steht daher ein stabiler Ratingtrend zu erwarten”, so der Fondsmanager. Dies gelte auch fĂŒr die Eurozonenperipherie.”Angesichts des ohnehin hohen Anteils an BB-benoteten Unternehmen im europĂ€ischen Hochzinsbereich haben die starken Reaktionen der EuropĂ€ischen Zentralbank und der Staaten auf die Corona-Pandemie zu einer niedrigen Ausfallrate beigetragen”, sagt Durance. Sowohl WĂ€hrungshĂŒter als auch Regierungen hĂ€tten Banken dazu ermutigt, mehr Kapital ins System fließen zu lassen, wobei sich die Vergabe ĂŒber den Bondmarkt als Ă€ußerst effektiv erwiesen habe.Auch von anderen Marktteilnehmern sei den Unternehmen des Segments viel LiquiditĂ€t zugeflossen, die Nachfrage am AnleiheprimĂ€rmarkt fĂŒr europĂ€ische Hochzins-Bonds sei hoch ausgefallen. Schließlich habe es dort im Vergleich zu Bonds aus dem Investment-Grade-Bereich zeitweise noch deutlich höhere Renditechancen gegeben. M&A-Finanzierung zieht an”Nach dem abgelaufenen Rekordjahr werden wir sicher auch in den kommenden Monaten geschĂ€ftige EmissionsaktivitĂ€ten sehen. Die Finanzierung von Übernahmen und ZusammenschlĂŒssen wird dabei anziehen”, prognostiziert Durance. Das Umfeld mit niedrigen ZinssĂ€tzen und der erwarteten Erholung des wirtschaftlichen Wachstums wirke dafĂŒr unterstĂŒtzend. FĂŒr Unternehmen seien die Einschnitte durch die Coronakrise ein Auslöser gewesen, strategische VerkĂ€ufe oder Übernahmen zu planen – die höhere AktivitĂ€t bei M&A werde sich in Teilen auch im High-Yield-Markt niederschlagen. Das insgesamt höhere Angebot am PrimĂ€rmarkt werde auch weiterhin auf eine solide Nachfrage treffen.”Die Bewegung in lĂ€ngere Laufzeiten seitens der Emittenten im High-Yield-Segment wird angesichts des weiterhin bestehenden Zinsumfeldes und eingeengter Spreads vorlĂ€ufig anhalten”, so der Fidelity-Experte. Lediglich ein negativer Schock fĂŒr die Staatsanleihekurven, der angesichts einer Inflationsbeschleunigung im kommenden Jahr von einigen Marktteilnehmern durchaus als wahrscheinlich angesehen werde, könne zu einer RĂŒckkehr in Laufzeiten unter fĂŒnf Jahren fĂŒhren.Was ZahlungsausfĂ€lle betrifft, sieht Durance fĂŒr die kommenden Monate zwei Szenarien. “Entweder die Impfkampagnen erweisen sich als effektiv, und die Pandemie kann schnell ĂŒberwunden werden – dies wĂŒrde das ökonomische Wachstum natĂŒrlich enorm unterstĂŒtzen und die Default-Raten auf noch tiefere Niveaus drĂŒcken. Oder bei der Verteilung und Wirksamkeit der Vakzine ergeben sich Probleme. Eine lĂ€nger andauernde Pandemie wĂ€re auf Default-Seite aber nicht desaströs, da dann mit weiterer UnterstĂŒtzung durch die EuropĂ€ische Zentralbank und mit Schuldenschnitten zu rechnen wĂ€re”, sagt der Fondsmanager. Selbst im negativeren Szenario wĂ€re damit zu rechnen, dass die Quote der ZahlungsausfĂ€lle nicht signifikant ĂŒber dem langfristigen Trend von 3,5 % liegen werde.Die Default-Rate im US-Hochzinsbereich werde dagegen höher ausfallen. “Die durchschnittliche RatingqualitĂ€t bei den US-High-Yieldern ist etwas schlechter, zumal das Segment mehr Energieunternehmen und EinzelhĂ€ndler enthĂ€lt als das europĂ€ische”, fĂŒhrt Durance aus. Beide Sektoren hĂ€tten sich in den vergangenen Jahren sehr anfĂ€llig fĂŒr Defaults gezeigt. Insolvenz mit StigmataHinzu kĂ€men kulturelle Unterschiede. “Eine Insolvenz nach Chapter 11 ist fĂŒr amerikanische Unternehmen ein etablierter und effizienter Weg zur Restrukturierung”, so der Fidelity-Experte. In Europa sei die Rechtslage ĂŒber Landesgrenzen hinweg dagegen weniger einheitlich, und mit einer Insolvenz seien zahlreiche Stigmata verbunden. Unternehmen aus der Staatengemeinschaft nutzten diese daher weniger als Schutzmechanismus, sondern vielmehr als letzten Ausweg.Ein weiterer interessanter Trend im europĂ€ischen High-Yield-Segment sei die wachsende Bedeutung von Nachhaltigkeit. “Green Bonds wie von Getlink, der Betreiberfirma des Eurotunnels, sind im Hochzinsbereich zwar aktuell eher die Ausnahme als die Regel. Doch die ĂŒbergeordnete Bedeutung von Umweltfaktoren, sozialem Wirtschaften und guter UnternehmensfĂŒhrung entwickelt sich in Richtung Ă€hnlicher Niveaus wie im Investment-Grade-Segment”, sagt Durance.