Twitter startet mit 140 Ausrufezeichen

Kurznachrichtendienst legt zweitgrößtes Internet-IPO hin - Erstnotiz liegt 75 Prozent über Ausgabepreis

Twitter startet mit 140 Ausrufezeichen

Der Internetdienst Twitter hat bei seinem Börsendebüt alle Erwartungen übertroffen. Die Erstnotiz lag knapp 75% über dem Ausgabepreis des IPO, mit dem das Unternehmen knapp 2 Mrd. Dollar erlöste. Nach der Bauchlandung von Facebook 2012 steht Internetkonzernen die Tür zum Parkett wieder weit offen.sp Frankfurt – Das soziale Netzwerk Twitter, bekannt für seine auf 140 Zeichen begrenzten Kurznachrichten, ist fulminant an die Börse gestartet. Nachdem der Internetkonzern den Ausgabepreis für die angebotenen 70 Millionen Aktien in den vergangenen Tagen von der ursprünglich genannten Untergrenze bereits um mehr als die Hälfte auf 26 Dollar je Aktie hochgeschraubt hatte, sprang der Titel in New York zum Auftakt noch einmal um gut drei Viertel und notierte bei 45,10 Dollar. Kurz nach Aufnahme des Handels lagen Twitter dann sogar knapp unterhalb von 50 Dollar.”Das Unternehmen hat alles unternommen, um sich einen möglichst großen Barmittelzufluss zu sichern, und dennoch etwas für die IPO-Zeichner übrig gelassen”, sagte Josef Schuster von Ipox Schuster, die rund 1,9 Mrd. Dollar verwaltet. “Man muss am Anfang einen Sprung machen, damit alle mit einem guten Geschmack zurückbleiben. Twitter hat dabei einen ziemlich guten Job gemacht.”Tatsächlich hatte Twitter nicht erst mit der ursprünglich auf 17 bis 20 Dollar festgelegten Preisspanne den Investoren das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Am Ende wird dem 2006 gegründeten, bislang unprofitablen Unternehmen unter Einrechnung der Mehrzuteilungsoption (Greenshoe) mit einem Volumen von knapp 2,1 Mrd. Dollar der größte Börsengang eines Internetunternehmens in den USA hinter Facebook aus dem Mai des vergangenen Jahres gelingen. 30-fach überzeichnetTrotz einer stolzen Bewertung von 14,2 Mrd. Dollar, die gemessen am Vielfachen der erwarteten Umsätze für 2014 und 2015 schon vor der Erstnotiz oberhalb des aktuellen Niveaus bei Facebook lag, waren die Anteilscheine 30-fach überzeichnet, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg von mit dem Börsengang vertrauten Personen erfuhr.Facebook selbst hatte vor knapp 18 Monaten bei einer Bewertung von 81 Mrd. Dollar mit den von ihr angebotenen Aktien rund 16 Mrd. Dollar erlöst, konnte am ersten Handelstag aber nur mit Unterstützung ihrer Bookrunner das Niveau des IPO-Preises halten und verlor in den folgenden drei Monaten gut die Hälfte ihres Werts. Morgan Stanley, die den Börsengang federführend begleitet hatte, wurde danach vorgeworfen, das Investoreninteresse für Facebook überschätzt und den Ausgabepreis zu hoch angesetzt zu haben. Der Börsenplatz Nasdaq trug mit Pannen bei der Aufnahme von Facebook ebenfalls zu der Bauchlandung bei.Für andere soziale Medien und Verbraucherplattformen im Internet war das Börsenparkett in den Monaten nach dem damaligen IPO-Desaster Sperrgebiet. Kayak Software, ein Online-Reiseportal, verschob ihren Börsengang bis in den Juli 2013. Daneben schafften es seit Mark Zuckerbergs Freundeskreis aus diesem Segment nur noch das Immobilienportal Trulia und der Schnäppchenanbieter Retailmenot an die Börse und sammelten, Kayak eingerechnet, insgesamt 440 Mill. Dollar ein. Vorhang auf für AlibabaNach dem gelungenen Auftakt von Twitter, die statt Morgan Stanley in vorderster Linie auf Goldman Sachs sowie auf die New York Stock Exchange (Nyse) gesetzt hatte, stehen die Türen für andere internetgestützte Geschäftsmodelle zum Parkett nun wieder weit offen. Tatsächlich prüft laut dem “Wall Street Journal” derzeit auch Twitter-Mitgründer Jack Dorsey – der noch knapp 4 % an dem Unternehmen hält und gestern nach Börsenstart schlagartig zum Milliardär aufstiegen wäre, hätte er diese Schwelle auf dem Papier nicht bereits übersprungen hätte – die Möglichkeiten für ein IPO des ebenfalls von ihm gegründeten Online-Bezahldienstes Square.Bei Zulily sind die Börsenpläne konkreter: Schon in der nächsten Woche will der Online-Shop für Babykleidung 240 Mill. Dollar einwerben. Chegg, ein Bildungsportal, hat sich ebenfalls schon für die nächste Woche ein IPO in New York mit einem Volumen von rund 200 Mill. Dollar vorgenommen. Care, eine Suchmaschine für Babysitter, könnte Anfang 2014 mit einem Volumen von 100 Mill. Dollar folgen. Mit Dropbox, Pinterest, Airbnb und Evernote werden weiteren US-Unternehmen mit Bewertungen von mehreren Milliarden Dollar IPO-Pläne nachgesagt. Sie alle wären freilich nur eine Randnotiz am Börsenplatz New York, würde sich auch der von Investmentbanken derzeit auf bis zu 190 Mrd. Dollar geschätzte chinesische Internethändler Alibaba im Big Apple auf das Parkett wagen. Die Chancen dafür sind nach dem Auftakt von Twitter gestiegen.