Bondmärkte

Unternehmen zieht es in den Norden

Viele kleinere und mittlere Unternehmen setzen auf Bonds nach norwegischem oder schwedischem Recht. Darunter sind auch prominente Namen wie der Fußballclub Hertha BSC. Die Papiere richten sich auch an Privatanleger.

Unternehmen zieht es in den Norden

Unternehmen zieht es in den Norden

Nordic Bonds werden von immer mehr kleineren und mittleren Firmen genutzt – Hohe Kupons locken auch private Investoren

Viele kleinere und mittlere Unternehmen setzen auf Bonds nach norwegischem oder schwedischem Recht. Darunter sind auch prominente Namen wie der Fußballclub Hertha BSC. Die Papiere richten sich auch an Privatanleger.

kjo Frankfurt

Was haben der Süßwarenhersteller Katjes, die Karlsberg Brauerei und der Fußballclub Hertha BSC gemeinsam? Sie gehören zu den Emittenten von sogenannten Nordic Bonds – und folgen damit einem Trend: Mittelständische Unternehmen zieht es nach Skandinavien, wenn sie frisches Kapital aufnehmen wollen. Und das, obwohl der Euro-Unternehmensanleihemarkt eine viel höhere Liquidität besitzt und kein Wechselkurs-Risiko beinhaltet.

„Der Erfolg der Nordic Bonds zeigt, dass Investoren in Europa bereit sind, KMUs Fremdkapital zur Verfügung zu stellen“, sagt Ingo Wegerich, Präsident des Interessenverbands kapitalmarktorientierter kleiner und mittlerer Unternehmen (Kapitalmarkt KMU). „Gleichzeitig ist es aber bedauerlich, dass deutsche Mittelständler hierfür auf den skandinavischen Markt ausweichen müssen – und deutsche Privatanleger oftmals die damit verbundenen Risiken unterschätzen.“

Das Erfolgsgeheimnis

Doch warum gehen Unternehmen nach Norden? „Nordic Bonds sind inzwischen ein in Skandinavien recht etabliertes Finanzierungsformat“, sagt Christoph Kutt, Leiter Fixed Income Research bei der DZ Bank. „Es zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass die Anforderungen im Vergleich zu einem Anleiheformat in der EU/EWU niedrigere Einstiegshürden haben. Es wird oft kein externes Rating benötigt, die Berichtspflichten sind geringer, der Prozess läuft dadurch schneller und ist günstiger. Solche Umstände kommen KMU entgegen.“

Die Anleiheprospekte der Nordic Bonds haben einen überschaubaren Umfang. Die Bedingungen des Bonds von Hertha BSC sind beispielsweise auf 39 Seiten festgehalten. Benchmark-Emissionen von 500 Mill. Euro im klassischen Bond-Format kommen zum Teil auf Prospektgrößen von mehr als 1.000 Seiten.

Vielfach werden die Nordic Bonds nach norwegischem Recht begeben, teilweise als besicherte Anleihen, aber auch als unbesicherte Anleihen. Ein Teil der Nordic Bonds wird in Deutschland auch als öffentliches Angebot an Privatanleger platziert. Die Bonität von Nordic-Bond-Emittenten ist laut dem DZ-Bank-Experten Kutt tendenziell im riskanteren High-Yield-Segment zu verorten, was mit entsprechend hohen Kupons einhergehe. Bei der siebenjährigen Anleihe von Hertha BSC nach schwedischem Recht sind es mehr als 10%.

Deutschland attraktiver machen

Das ausstehende Volumen des Nordic Bond Markt wird mit etwa 50 Mrd. Euro angegeben. Die Emissionsvolumina variieren stark, sie liegen bei ca. 40 Mill. Euro bis 250 Mill. Euro. Neben Katjes, Karlsberg und Hertha BSC haben sich unter anderem die DEAG Deutsche Entertainment, die Beteiligungsgesellschaft Mutares oder Homann Holzwerkstoffe auf diese Weise frisches Geld beschafft.

Verbandspräsident Wegerich ist es ein Dorn im Auge, dass die Unternehmen auf Skandinavien ausweichen. „Unser Ziel ist ein German SME Bond Standard, der die Stärken bestehender Formate vereint“, sagt er. „Mittelständischen Unternehmen sollen sich wieder attraktive Finanzierungsmöglichkeiten eröffnen und nationalen sowie internationalen Investoren Renditechancen bei gebotenem Anlegerschutz."

Mittelstandsanleihe in Verruf

Doch DZ-Bank-Experte Kutt gibt zu bedenken, dass sich vor allem Investoren in Deutschland finden müssten, die in diese Papiere investieren. „Vor einiger Zeit hat man das mit den sogenannten Mittelstandsanleihen versucht. Hier haben die Anleger aber keine guten Erfahrungen gemacht, weil recht viele der Unternehmen Insolvenz anmelden mussten.“

Dabei spricht einiges für Anleihen im Euroraum: „Der Euro-Unternehmensanleihemarkt hat in der Regel eine höhere Liquidität als etwa die lokalen nordischen Märkte – ein Vorteil für Emittenten wie auch für Investoren“, erläutert Lukas Gabriel, Senior Portfoliomanager Global Credit bei Allianz Global Investors (AGI). Er bewertet den Euro-Unternehmensanleihemarkt weiterhin als attraktiv – sowohl für kleinere, als auch für große Emittenten: Die Risikoaufschläge, die Unternehmen zahlen müssen, würden sich nahe den historischen Tiefs bewegen.

Das Emissionsvolumen von Unternehmensanleihen mit hoher Bonität (Investment Grade) im Euroraum liege in diesem Jahr nahe den Rekordständen – nur im Jahr 2020 sei bis zu diesem Zeitpunkt mehr begeben worden, führt Gabriel aus. Auffällig sei zudem, dass zunehmend US-Unternehmen ihre Anleihen in Euro platzierten und den europäischen Markt damit dem Heimatmarkt vorzögen.

AGI-Experte Gabriel sieht aber durchaus Gründe für einen Gang nach Nordwegen oder Schweden: „Neben den Kosten oder Erträgen, die durch Absicherung von Währungsrisiken entstehen können, wollen Unternehmen häufig auch gezielt bestimmte Investoren ansprechen, ihren Namen in anderen Märkten bekannter machen oder Mittel für lokale Aktivitäten bereitstellen.“

Schuldscheine als Alternative

DZ-Bank-Experte Kutt bringt noch eine Alternative für mittelständische Unternehmen mit solider Bonität ins Spiel, von der auch Anleger profitieren würden: Schuldscheindarlehen (SSD). Schuldscheine seien ein sehr etabliertes Instrument für KMU und würden die Möglichkeit bieten, kleinere Emissionsvolumina mit einem geringeren Aufwand und weniger Berichtspflichten als im Anleihesegment zu platzieren, erläutert er die Vorteile. Das komme den KMU entgegen. „In der Regel sind die hier auftretenden Emittenten auch bonitätsstärker als im Nordic Bond Segment, was geringere Ausfallraten nach sich zieht. Investoren im SSD-Markt sind überwiegend Banken, die über eine umfassende Expertise in der Beurteilung der Kreditqualität verfügen.“