Geld oder Brief

UPS liefert mehr Dividenden- als Kursfantasie

Riesige Kurssprünge sind in den kommenden Monaten mit der Aktie des Paket- und Expressdienstes UPS nicht zu erwarten - zu sehr dämpft die konjunkturelle Schwäche die Kursfantasien. Trotzdem empfehlen zahlreiche Researchhäuser UPS zum Kauf und führen dafür sechs Argumente ins Feld

UPS liefert mehr Dividenden- als Kursfantasie

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UPS liefert mehr Dividenden- als Kursfantasie

Von Detlef Fechtner, Frankfurt

Vier Wochen ist es her, dass der Aktienkurs des US-Logistikkonzerns UPS jäh in den Keller rasselte und an einem Tag zweistellig einbüßte. Trotz – oder gerade wegen – dieser Korrektur ist der weit überwiegende Teil der Researchhäuser verhalten zuversichtlich für die weitere Kursentwicklung gestimmt. 17 Analysten, und damit etwas mehr als die Hälfte der befragten Aktienprofis, raten zum Kauf, 14 immerhin zum Halten des Titels. Lediglich zwei senken den Daumen und empfehlen einen Verkauf.

Ende April hatte das Management des weltzweit größten Express- und Paketdiensts die Anleger mit seiner Ansage erschreckt, vor allem wegen der Zurückhaltung der Konsumenten in den Vereinigten Staaten und eines schwächeren US-China-Handels in diesem Jahr absehbar nur das untere Ende des selbst gesetzten Zielkorridors für Umsatz und Marge zu erreichen. Obwohl die Prognoseanpassungen überschaubar klingen – 97 Mrd. Dollar statt 97 Mrd. Dollar bis 99,4 Mrd. Dollar Umsatz und 12,8% statt 12,8% bis 13,6% Marge –, schickte diese Voraussage der Führungsriege die Aktie auf Talfahrt.

Erwartungen erfüllt

Dabei ließen sich die Investoren nicht einmal von der Tatsache milde stimmen, dass der Konzern, wie Barclays betont, im ersten Jahresviertel die Konsenserwartungen zumindest in seinen beiden Hauptgeschäftsfeldern Paketdienst US (Umsatzanteil knapp 2/3) und Paketdienst international (Umsatzanteil 1/5) erfüllte, dabei sogar mit geringer als befürchteten Umsatzeinbußen im internationalen Geschäft überraschte und lediglich in der Sparte Spedition, Zollabwicklung und Retouren (Supply Chain Solutions) leicht schwächelte. Seit Ende des vergangenen Monats stabilisiert sich der Aktienkurs auf niedrigerem Niveau oberhalb der Marke von 153 Dollar, die zugleich den unteren Punkt des 52-Wochen-Bands darstellt.

KGV nahe 15

Viele Analysten trauen den Papieren des Logistikkonzerns, die aktuell mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis nahe 15 bewertet sind, zu, sich in den nächsten Monaten wieder etwas zu befestigen. Erstens gibt es Vertrauen in die Führung des Konzerns um die frühere Home-Depot-Managerin und jetzige Vorstandschefin Carol Tomé – und insbesondere in die Kostendisziplin des Vorstands. „UPS ist ein sehr gut geführtes Unternehmen mit vielen Gewinnwachstumsmöglichkeiten“, lobt beispielsweise die Deutsche Bank. Die Analysten glauben, „dass der Konzern ein großes strukturelles Aufwärtspotenzial für die Ertragskraft und den Aktienwert“ habe.

Relativ krisenfest

Zweitens herrscht die Einschätzung vor, dass UPS trotz der Abhängigkeit vom konjunkturellen Auf und Ab im Vergleich zu anderen Zyklikern relativ krisenresilient sei. Der Logistikkonzern, so argumentieren die professionellen Beobachter von J.P. Morgan, habe sich unbeschadet des sich verändernden wirtschaftlichen Umfelds recht gut geschlagen.

Drittens wird UPS bescheinigt, dass das Unternehmen die Abhängigkeit von einem Großkunden, namentlich Amazon, spürbar verringern konnte. Diese Abhängigkeit zählt seit Jahren zu den größten Bedenken der institutionellen Anlegerschaft gegen ein Investment in die Aktie. Es sei dem Management gelungen, das Amazon-Exposure auf 11% am Gesamtumsatz zu reduzieren und die Erlöseinbußen durch einen Aufwuchs im Geschäft mit mittelständischen Kunden zu kompensieren.

Kein Streik erwartet

Viertens rechnen die meisten Analysehäuser damit, dass die Belastung des Kurses durch die laufenden und bis Ende Juli befristeten Verhandlungen mit der Gewerkschaft (Teamsters) schwindet – und sich im Falle einer Einigung mit den Arbeitnehmern zu einigermaßen moderaten Konditionen sogar in einen Impuls für einen Kursanstieg verwandeln könnte. Zuletzt hätten die Gewerkschaften zwar den Ton verschärft, argumentiert die Deutsche Bank. Dennoch gehe sie davon aus, dass es nicht zu Streiks kommen werde – auch weil die Streikkasse vom Teamsters aktuell nicht so prall gefüllt sei wie in früheren Jahren.

Fünftens halten die Researchabteilungen die strategische Aufstellung des Konzerns aus Atlanta, dessen Luftflotte mehr als 600 Maschinen umfasst, für vielversprechend – insbesondere den Ausbau der Wachstumssparte Gesundheitslogistik. Im vergangenen Jahr hat UPS die italienische Bomi-Gruppe übernommen, einen internationalen Logistikdienstleister für die Pharmabranche und die Medizintechnik, der temperaturkontrollierte Standorte unterhält. Nicht zuletzt durch diese Transaktion ist es UPS gelungen, die Healthcare-Aktivitäten zwischen 2020 und 2022 zu verdoppeln.

Sechstens schließlich wird von Analysten auf den Cashflow des Konzerns verwiesen, der dem Management Möglichkeiten einer aktionärsfreundlichen Politik eröffnet.

Aussicht auf Aktienrückkäufe

Das unabhängige Investment-Researchhaus Zacks rechnet damit, dass UPS im laufenden Jahr 5,4 Mrd. Dollar am Dividenden ausschüttet, was einer Dividendenrendite von 3,7% entsprechen würde, und Aktienrückkäufe im Volumen von 3 Mrd. Dollar in Angriff nimmt. Zacks erinnert daran, dass UPS nunmehr 14 Jahre in Folge die Dividende angehoben hat.

Das Ergebnis pro Aktie wird unisono freilich in diesem Jahr niedriger als im Vorjahr erwartet, mit Werten knapp unter 11 Dollar. Es gilt als unwahrscheinlich, dass der Konzern die Kauf- und Bestellzurückhaltung der Verbraucher dadurch wettmacht, dass Prozesse effizienter organisiert werden. Insofern ist die Kursfantasie für die UPS-Aktie überschaubar. Die Papiere dürften eher für Anleger interessant sein, die auf Dividenden Wert legen und auf Solidität setzen.