Langfristprognose

Verhaltene Zuversicht für Aktien

Der niederländische Assetmanager Robeco hat eine Langfristprognose für die Kapitalmärkte in den kommenden fünf Jahren abgegeben. In einem anhaltenden Niedrigumfeld sehen die Analysten nach wie vor keine Alternative zur Aktienanlage, die recht akzeptable Renditen erwirtschaften soll.

Verhaltene Zuversicht für Aktien

ku Frankfurt

Verhalten optimistisch für die Entwicklung an den Finanzmärkten in den kommenden fünf Jahren sind die Analysten des niederländischen Assetmanagers Robeco in ihrer jetzt vorgestellten längerfristigen Prognose, die jedes Jahr von den Anlageexperten erstellt wird. Allerdings zieht sich die Sorge vor den Folgen der globalen Erwärmung durch die Prognosen, deren Hauptszenario daher von Robeco anstatt als Rückgriff auf die 1920er Jahre „Roaring Twenties“ nun „Roasting Twenties“ genannt wird. Während der Einfluss der globalen Erwärmung als ein langfristiger Faktor gesehen wird, unterscheiden sich die drei vorgestellten Szenarien vor allem in den kurz- und mittelfristigen Auswirkungen der Pandemie. Gleichzeitig betonen sie, dass die makroökonomische Unsicherheit seit dem Beginn der Erstellung der Prognosen noch niemals so hoch gewesen sei wie aktuell. Daher verzichten die Analysten auch darauf, den einzelnen Szenarien Wahrscheinlichkeiten zuzuordnen.

Im Basisszenario „Roasting Twenties“ wird davon ausgegangen, dass die Welt zu einem nachhaltigeren ökonomischen Wachstum findet. Negative Realzinsen sollen privaten Konsum und Investitionen antreiben, während positive Renditen auf Investitionen Lohnwachstum und einen Anstieg des Konsums erlauben. Die Frage, ob die daraus resultierende Inflation vorübergehend ist oder ob es sich um einen säkularen Trend nach oben handelt, sei noch nicht entschieden. Die erhöhte Inflation erlaubt den Notenbanken die geldpolitische Normalisierung, mit einer ersten Leitzinsanhebung durch die amerikanische Notenbank Federal Reserve um 25 Basispunkte im Jahr 2023. Über die folgenden drei Jahre soll dann um weitere 175 Basispunkte angehoben werden. Was die Pandemie betrifft, so gibt es zwar kein klar definiertes Ende, allerdings würden alle Beteiligten zunehmend gut mit der Seuche fertig.

Die Bewertungen der Asset-Klassen seien zwar hoch, allerdings hätten Ex-ante-Bewertungen in der Vergangenheit nur rund 25% der Veränderungen der Rendite erklärt. Die übrigen 75% seien auf andere, vor allem makroökonomischen Faktoren zurückzuführen. Angesichts des erwarteten mittelfristigen Wachstums, das über dem langfristigen Durchschnitt liegen soll, stellten die Bewertungen mit Blick auf die Gewinnmargen für das erwartete Wachstum kein Problem dar. Gerechnet wird mit weiterhin negativen Realzinsen, erst 2026 würden diese „weniger negativ“. Da aktuell 24% der weltweiten Bonds eine nominell negative Rendite aufwiesen, sei es weiterhin schwierig, am Anleihemarkt auf positive Renditen zu kommen. Daher gelte für Aktien nach wie vor „Tina“ („There ist no alternative“). In diesem Szenario wird für Aktien aus den entwickelten Ländern mit einer durchschnittlichen fünfjährigen annualisierten Rendite im Euro von 4,25% und im Dollar von 5,25% gerechnet (vgl. Tabelle). Aktien aus den Emerging Markets böten im Euro 4% und im Dollar 5%. Dagegen sei mit Staatsanleihen mit einem Rating von „AAA“ im Euro nur eine Rendite von −1,50% und im Dollar von +1% zu erreichen. Mit Investment Grade Credits komme man im Euro auf 0,25% und im Dollar auf 1,5%. High Yields sollen im Euro 1,5% und im Dollar 2,75% abwerfen. Lokale Staatsanleihen aus den Emerging Markets böten im Euro 2,75% und im Dollar 3,75%.

Die Analysten von Robeco haben noch zwei weitere Szenarien entwickelt, die ihrer Meinung nach Realität werden könnten. In dem optimistischeren Szenario „Silver Twenties“ wird unterstellt, dass die globale Volkswirtschaft die Pandemie aufgrund des weltweiten Einsatzes effektiver Impfstoffe überwindet, so dass es zur Ausbildung der Herdenimmunität kommt. Keynesianische „animal spirits“ lösten dann unter anderem aus, dass die 2,5 Bill. Dollar während der Pandemie zurückgelegten Ersparnissen in die Wirtschaft fließen. Dadurch kommt es zu einer längeren Phase von Wachstum oberhalb des langfristigen Trends. Der Anstieg der Arbeitsproduktivität halte die nicht-zyklische Inflation unter Kontrolle und die Analysten unterstellen auch, dass sich die USA und China zu einem konstruktiven Dialog zusammenraufen. Für dieses Szenario wird eine am Aktienmarkt erzielbare fünfjährige annualisierte Rendite von 10,5% erwartet, diese liegt um immerhin 6 Prozentpunkte oberhalb des Basisszenarios.

Negativszenario möglich

Allerdings hält man es bei Robeco auch für möglich, dass in den kommenden fünf Jahren weitaus weniger rosig ist. In ihrem Negativszenario „Stag Twenties“ wird unterstellt, dass die verfügbaren Impfstoffe ihre Wirkung gegen neue Varianten des Coronavirus verlieren und dass neue Lockdown-Phasen rund um den Globus erforderlich werden. Dies führt zu einem verlangsamten Wachstum der Einkommen, wobei gleichzeitig für die entwickelten Länder Inflationsraten von 3 bis 4% per 2023 erwartet werden. Damit entsteht die Gefahr einer Stagflation, es kommt zu einer längeren, wenn auch flacheren Rezession als während der ersten Pandemiewelle. In diesem Fall würden Belastungsfaktoren wie die exzessive Verschuldung der Unternehmen, die hohe Ungleichheit der Einkommen, die fragliche Nachhaltigkeit des Euro und die Zombifizierung vieler Unternehmen in den Vordergrund rücken. Für die Anleger am Aktienmarkt wäre das sehr negativ, da für diesen Fall mit einer fünfjährigen annualisierten Rendite von lediglich −1,5% gerechnet wird.

Erwartete Renditen 2022–2026
5-jährige annualisierte Rendite
Bondsim Euro (%)im Dollar (%)
Staatsanleihen mit AAA-Rating–1,501,00
Staatsanleihen entwickelte Länder–0,500,75
Global Investment Grade 0,251,50
Global Corporate High Yield 1,502,75
Lokale Staatsanleihen Schwellenländer 2,753,75
Cash–0,251,00
Aktien
Entwickelte Länder 4,255,25
Schwellenländer 4,005,00
Immobilienwerte 3,754,75
Rohstoffaktien 5,006,00
Inflationsrate (Verbraucherpreise) 2,002,25
Quelle: RobecoBörsen-Zeitung
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