GELD ODER BRIEF

Verschnaufpause in Brembo-Rally erwartet

Von Thesy Kness-Bastaroli, Mailand Börsen-Zeitung, 23.6.2017 "Zwar sind wir weiterhin optimistisch, doch etwas weniger als im Vorjahr" - dies sagte der Gründer und Präsident des weltweit größten Bremsenherstellers Brembo, Alberto Bombassei, im...

Verschnaufpause in Brembo-Rally erwartet

Von Thesy Kness-Bastaroli, Mailand”Zwar sind wir weiterhin optimistisch, doch etwas weniger als im Vorjahr” – dies sagte der Gründer und Präsident des weltweit größten Bremsenherstellers Brembo, Alberto Bombassei, im Rahmen eines “Innovations”-Seminars an der Mailänder Börse. Brembo ist einer jener italienischen “Multis im Taschenformat”. Brembo vermochte in den letzten Jahren Umsatz und Gewinn mehr als zu verzehnfachen und den Aktienkurs von 2,24 Euro im Krisenjahr 2009 auf 70,97 Euro Ende Mai 2017 zu steigern.Erfolgsrezept des Konzerns ist die Ausrichtung auf den Hightech-und Luxussektor sowie die geografische Diversifikation der Investitionen. So beliefert Brembo unter anderem sämtliche Formel-1-Rennautos, von Mercedes über Red Bull bis zu Ferrari. Einzige Ausnahme ist Williams Racing. Auch stellt das Unternehmen Luxus-Accessoires für Auto-und Motorradfahrer her – ein Nischenprodukt mit hohen Margen. Für Unternehmensgründer Bombassei ist die Strategie der deutschen Autobauer übrigens das Modell par excellence. Porsche, Daimler und BMW setzen unter anderem auf die Bremsscheiben aus Italien. Seit 2009 betreibt Brembo auch ein Joint Venture mit der deutschen SGL Carbon. Es handelt sich um ein paritätisches Joint Venture mit zwei Produktionswerken in Meitingen und in Bergamo, wo die innovativen Karbonkeramik-Bremsscheiben hergestellt werden.Analysten schließen kurzfristig einen leichten Aufwärtstrend der Kursbewegung nicht aus. Doch mittelfristig erwarten sie, dass Luft aus der Aktie genommen wird. Der seit 1995 börsennotierte Titel hatte im Mai sein Allzeithoch von über 70 Euro erreicht. Im Oktober 2016 wurden die Brembo-Aktien erstmals in den FTSE MIB Blue-Chip-Index aufgenommen. Ende Mai nahm das Unternehmen einen Aktien-Split vor: Für eine alte Stammaktie wurden fünf junge Aktien ausgegeben. Seitdem ging es mit dem Kurs abwärts. Derzeit notieren die Papiere bei 13,40 Euro. Laut Konsensschätzung liegt das Kursziel im Mittel bei 13,52 Euro.Nach der Veröffentlichung der Quartalsdaten haben die Analysten von Kepler Cheuvreux und Equita SIM ihr Kursziel um bis zu 9 % auf je 15 bzw. 16,20 Euro angehoben, da die Gewinnprognosen pro Aktie 2017/18 verbessert wurden. Von acht Analysten empfehlen derzeit zwei den Kauf der Aktien, weitere zwei stufen die Papiere mit “Outperform” ein. Zwei Analysten raten, die Aktien zu halten, einer empfiehlt den Verkauf und einer stuft Brembo mit Underperform ein. Das Wertpapier-Handelshaus Exane hat das Kursziel auf 10,80 Euro gesenkt. Internationale ExpansionBrembo hat in den letzten Jahren eine internationale Expansionsstrategie eingeschlagen, die nun Früchte trägt. Der US-Markt ist inzwischen der wichtigste Absatzmarkt vor Deutschland, und in China erwartet Brembo nach der Mehrheitsbeteiligung am chinesischen Bremsscheibenhersteller Asimco einen noch besseren Marktzugang. Präsident Alberto Bombassei sieht im Elektroauto die Zukunft des Pkw. Seiner Aussage nach ist Brembo dafür – als einziger Bremsenlieferant des US-Elektroautobauers Tesla – bestens gerüstet. Die Investitionen für 2017 wurden um ein Fünftel auf 300 Mill. Euro erhöht. Grund ist unter anderem eine neue Gießerei in Mexiko (Investitionsaufwand 93 Mill. Dollar) und weiteren Investitionen in China. Auswirkungen der “Trumponomics” auf die Konzernstrategie erwartet Bombassei nicht. Infolge der geografischen Diversifikation seiner Investitionen sei er wenig besorgt.Der Umsatz konnte im Startquartal 2017 um 16 % auf 633 Mill. Euro stärker zulegen als von Analysten erwartet. Der Ertrag vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) erreichte mit 20 % des Umsatzes ein Allzeithoch. Für das zweite Quartal erwarten Analysten eine weitere Verbesserung, obwohl im April ein Rückruf von Tesla-Fahrzeugen stattfand. Dies dürfte sich kaum auf die Geschäftsentwicklung auswirken, heißt es seitens des Unternehmens. Umsatz und Gewinn dürften von noch steigenden Marktanteilen in den USA und China profitieren.Mittelfristig sehen die Analysten von Banca Imi mögliche Risiken in einer Wachstumsverlangsamung am US-Fahrzeugmarkt, weiteren Schwierigkeiten in Brasilien und höheren Start-up-Kosten in Mexiko und China. Auch könnten die neuen Luxussteuern in China die Nachfrage nach Luxusautos bremsen. All dies könnte Schatten auf die Bilanz werfen. Der im Jahr 2016 bei 2,2 Mrd. Euro eingependelte Umsatz soll laut Mediobanca-Finanzberatern bis 2019 auf 2,85 Mrd. Euro steigen. Dies bedeute ein durchschnittliches Wachstum von 8 % pro Jahr. Das Ebitda soll sich durchschnittlich um 6 % pro Jahr erhöhen und bis 2019 dann 531 Mill. Euro erreichen. Für 2017 ist eine Zunahme des Nettogewinns auf 243 Mill. Euro vorgesehen. In den beiden folgenden Jahren soll der Gewinn dann um 6 % bzw. 6,4 % zulegen und der Nettogewinn im Jahr 2019 dann 294 Mill. Euro erreichen. Konservative DividendeBrembo betrieb bislang eine äußerst konservative Dividendenpolitik. Der Großteil des Gewinns wurde investiert. Die Ausschüttungsquote belief sich 2016 auf 29 % und soll bis 2018 auf 32 % zunehmen. Für 2017 erwarten Analysten eine Dividendenerhöhung, bestätigt wurde diese noch nicht. Immerhin verbesserte sich die Dividende von 11 Cent im Jahr 2002 auf 1 Euro im Vorjahr. Mediobanca-Analyst Niccolò Storer erwartet bis 2020 eine Dividende von 1,3 Euro je Aktie. Die Rendite soll auf Basis dieser Schätzung damit von 1,5 % im laufenden Jahr auf 1,7 % zunehmen. Der Gewinn pro Aktie machte im Vorjahr 3,60 Euro aus. Er soll bis 2019 bis auf 4,10 Euro je Aktie zulegen.Die Familie Brembo hält noch mit 53,6 % die absolute Mehrheit des mit 4,4 Mrd. Euro kapitalisierten Unternehmens. Der Rest der Aktien befindet sich in Streubesitz. Änderungen in der Kapitalstruktur seien nicht vorgesehen, versicherte der Unternehmenspräsident.