„Von der Automobilbranche halten wir uns komplett fern“
„Von der Automobilbranche halten wir uns komplett fern“
Im Interview: Philippe Gräub
„Von der Automobilbranche halten wir uns komplett fern“
UBP-Anleihefondsmanager sieht keine gravierenden Marktauswirkungen durch US-Shutdown – First Brands ein Ausnahmefall von Betrug
Interessante Gelegenheiten sieht Fondsmanager Philippe Gräub von der Union Bancaire Privée (UBP) an den Anleihemärkten. Auch mit Doppel-B benotete Namen hat er im Portfolio. Und er investiert in CLO. Von der Automobilbranche hält er sich dagegen komplett fern.
Herr Gräub, glauben Sie, dass der Shutdown in den USA noch schwerwiegende Auswirkungen auf die Anleihemärkte haben wird, insbesondere auf die Märkte für Unternehmensanleihen, d.h. am Primär- und Sekundärmarkt?
Die klare Antwort lautet: Nein. Wir glauben nicht, dass die Schließung schwerwiegende Folgen für den Gesamtmarkt oder für die Bondrenditen und damit für den Unternehmensanleihemarkt haben wird. Es kann zu einer gewissen Volatilität und sicherlich auch zu mehr Unruhe führen. Aber dies ist ja praktisch schon strukturell in der Trump-Regierung vorhanden, die einen recht unberechenbaren Kommunikationsstil hat, der manchmal recht abrupt ist. Und das trägt sicherlich zur Volatilität bei. Die Trump-Administration nutzt dies auch.
Und wie?
Zuletzt wurde es als Mittel eingesetzt, um mehr Druck auf die Demokraten auszuüben und vielleicht noch ein paar weitere Kürzungen bei den staatlichen Beschäftigten durchzusetzen. Aber das wird unserer Meinung nach nicht allzu weit gehen und kein systemisches Risiko oder ähnliches verursachen. Aber es ist sicherlich ein Weg und eine Fortsetzung des Themas des mangelnden Vertrauens in diese Regierung, des mangelnden Vertrauens in die USA. Es kann also in gewissem Maße zu langfristig höheren Zinsen oder zur Dollarschwäche führen, obwohl die Reaktion des Marktes derzeit ziemlich verhalten ist. Es scheint also so, dass jeder versteht, dass diese Shutdown-Maßnahme ihre Grenzen hat.
Kommen wir zu Ihrem Fonds. Sie verfolgen einen benchmarkfreien Ansatz mit Ihrem strategischen Income Fund. Was ist der Grund dafür?
Der Hauptgrund ist, dass der Fonds hinsichtlich der Einkommensquellen wirklich flexibel ist. Das bezieht sich auf die Einkommensquellen, d.h. in welche Segmente wir gehen, um Einkünfte zu erzielen, die wir im Fonds tatsächlich haben möchten. Es ist ein breiter Ansatz, den wir in Bezug auf Sektoren, Kapitalstrukturen und Regionen verfolgen möchten. Das passt besser zu einem Fonds ohne Benchmark. Wir haben also ein sehr breites Mandat.
Sie gehen bis zu einem Rating von BBB minus hinsichtlich der Bewertung der Wertpapiere in Ihrem Portfolio. Handelt es sich hierbei ausschließlich um einen Risikopuffer? Denn ein Doppel-B kann ja auch sehr interessant sein.
Ja, ohne Frage, kann Doppel-B sehr interessant sein. Wir haben auch bedeutende Doppel-B-Positionen, aber im Durchschnitt des Portfolios betrachtet muss die Benotung bei BBB minus sein, also Investment-Grade. Für uns war es wichtig, einen klaren Risikorahmen zu haben. Und ein Teil des Risikorahmens besteht in der Tat darin, diese Anforderung eines Mindest-Investment-Grade-Ratings auf Fondsebene zu haben. Ich halte das für eine sehr wichtige Botschaft an die Anleger. Das sind wirklich Qualitätserträge. Und das sind wirklich zwei wichtige Worte: Qualität und Erträge. Das geht einher mit einem Mindest-Investment-Grade-Rating, und die Kunden verstehen und schätzen das.
Und welche Segmente sehen Sie derzeit als vielversprechend oder als sehr gute Investitionsmöglichkeiten an?
Generell konzentrieren wir uns auf Bereiche, in denen das Risiko einer Renditeeinbuße relativ gering ist oder Bereiche, in denen wir die Ausfallraten als sehr niedrig einschätzen. Wir zielen nicht auf Renditen, die mit einer höheren Ausfallquote einhergehen. Es handelt sich also nicht um einen Hochzinsfonds. Wir liegen praktisch zwischen Investment Grade und Hochzins. Wir interessieren uns für Unternehmensanleihen hauptsächlich aus den USA und aus Europa, mit einem Senior Unsecured Rating von BB. Das ist wirklich ein Markt, der uns gefällt.
Wenn man sich den durchschnittlichen Nettoverschuldungsgrad von US-BB-Anleihen ansieht, liegt er im Durchschnitt bei etwa zweieinhalb Punkten gegenüber zwei Punkten für BBB-Anleihen. Dieser Nettoverschuldungsunterschied ist nicht nur bescheiden, sondern befindet sich auch in der Nähe seiner historischen Tiefststände. Das bedeutet, dass sie aus dieser Perspektive in Bezug auf das Kreditrisiko und die Ausfallraten sehr nahe beieinander liegen, wobei die Ausfallraten bei BB-Anleihen geringfügig höher sind als bei Investment Grade. Aber man kann 100 bis 150 Basispunkte mehr erzielen als bei traditionellen Investment-Grade-Anleihen.
Und in welche Assets investieren Sie noch?
Des Weiteren haben wir nachrangige Schuldtitel, die von Banken gemäß der Basel-III-Regelung begeben werden. Das sind also verlustabsorbierende Anleihen, wenn man so will. Sie liegen gewissermaßen zwischen vorrangigen unbesicherten Anleihen und Aktien. Wir finden sie aus vielen Gründen sehr attraktiv. Der wichtigste Grund ist jedoch, dass wir die Fundamentaldaten des Bankensektors als sehr stark einschätzen. Die Arbeitslosigkeit ist in Europa und in den USA niedrig. Daher ist auch der Anteil notleidender Kredite sehr gering. Die Zinskurven sind zwar steiler als noch vor einigen Jahren. Die positive Steigung der Kurve ist für das Geschäftsmodell der Banken von Vorteil. Es gibt also viele fundamentale Gründe, warum Banken gut abschneiden. Wir sprechen hier von knapp unter 7% Rendite für achtjährige Anleihen in Dollar. Das ist interessant.
Der Anteil an notleidenden Krediten steigt ja gerade, zumindest in Deutschland. Bereitet Ihnen das Kopfzerbrechen mit Blick auf die Banken?
Derzeit sehen wir notleidende Kredite – NPLs – nicht als eine wesentliche Sorge für die Banken. Insgesamt ist der Bankensektor gut aufgestellt, mit stabilen Gewinnen und hohen Kapitalquoten. Diese Widerstandsfähigkeit des Sektors wirkt wie ein Schutzschild gegen mögliche Anstiege bei den notleidenden Krediten. Auf gesamtwirtschaftlicher Ebene bleibt die Arbeitslosenquote im Euroraum stabil und historisch niedrig, was es den Verbrauchern ermöglicht, ihre Kredite zu bedienen. Schließlich überwacht die EZB die NPLs sehr genau und verlangt von den Banken proaktive Maßnahmen zu deren Bewältigung – was Überraschungen weitgehend ausschließt. Speziell in Deutschland liegt die NPL-Quote trotz eines leichten Anstiegs mit rund 1,7 % weiterhin unter dem europäischen Durchschnitt von etwa 2,2 %.
Und darüber hinaus?
Ein weiterer Bereich sind Collateralised Loan Obligations, d.h. große, diversifizierte Körbe von vorrangig besicherten Unternehmenskrediten, die in Tranchen mit unterschiedlichen Risiko-Ertrags-Profilen an Investoren verkauft werden. Dies sind variabel verzinsliche Anleihen. Es ist ein wachsender Markt.
Hat nicht die spektakuläre Pleite des US-Autozulieferers First Brands den Markt in Aufruhr versetzt und CLO in ein schlechtes Licht gerückt – ähnlich den CDOs während der Finanzkrise? Schließlich ist immer noch nicht klar, wo sämtliche Schuldpapiere liegen. Warum investieren Sie dennoch in diese Anlageklasse?
Die Insolvenz von First Brands war zwar bemerkenswert, scheint jedoch ein Ausnahmefall von Betrug zu sein und kein Hinweis auf breitere wirtschaftliche Probleme. CLOs unterscheiden sich grundlegend von CDOs, da sie auf diversifizierten Pools besicherter Unternehmenskredite basieren, die in der Regel hohe Rückzahlungswerte aufweisen. Zudem sind die CLO-Schuldtranchen mit einer Überbesicherung ausgestattet, um erhebliche Verluste in den Sicherheitenpools abzufedern. Verluste durch Zahlungsausfälle – wie im Fall First Brands – werden dabei von der Equity-Tranche getragen und nicht von den A- oder BBB-gerateten Tranchen, in die unsere Strategie investiert. Anders als CDOs, die stark auf einen einzigen Sektor – wie Subprime-Hypotheken – konzentriert waren, profitieren CLOs von einer Diversifizierung über verschiedene Sektoren und Emittenten, was sie zu einer robusteren und widerstandsfähigeren Anlageklasse macht.
Welche durchschnittlichen Renditen können derzeit in den einzelnen Segmenten erzielt werden?
Die Gesamtrendite des Fonds liegt bei etwa 6%. Die zugrundeliegenden Segmente, in die wir investieren, liegen zwischen 5,5% und 7% Rendite in Dollar. Wenn sich die Spreads weiter einengen, dürften wir bei der Rendite des Fonds in den nächsten 12 Monaten bei 6 bis 8% in Dollar gerechnet ankommen.
Wie schätzen Sie die Marktaussichten für das vierte Quartal ein?
Es wird erwartet, dass die Nachfrage nach Unternehmensanleihen sehr gut bleiben wird, was durch die relativ geringe Volatilität und die im Vergleich zu den Durchschnittswerten der letzten zehn Jahre immer noch attraktiven Renditen begünstigt wird. Darüber hinaus haben wir ein sehr günstiges fundamentales Umfeld mit robustem Wachstum und niedriger Arbeitslosigkeit in Europa, was weitere Zuflüsse in die Anlageklasse begünstigt.
In Deutschland sind wir ja weit von einem robusten Wirtschaftswachstum entfernt. Wie blicken Sie auf das Land?
Die angekündigten fiskalpolitischen Maßnahmen in Deutschland dürften die Wirtschaft eher langfristig stützen, während der Ausgangspunkt durch schwaches Wachstum und geringe Produktivität geprägt ist, was sich wahrscheinlich nicht über Nacht ändern wird. Besonders deutlich wird dies angesichts der im Vergleich zu den USA verschärften Finanzierungsbedingungen, bedingt durch den stärkeren Euro und höhere langfristige Renditen deutscher Staatsanleihen. Wir sehen daher derzeit wenig Nachfrageimpulse für die Inflation, die zu einer Änderung der EZB-Rhetorik führen würden. Vielmehr erwarten wir, dass die EZB offen für weitere Zinssenkungen bleibt, da die Inflation in den kommenden Monaten voraussichtlich unter das Zielniveau fallen wird.
Welche Branchen meiden Sie derzeit und warum?
Sektoren, die uns am besten gefallen, sind sicherlich diejenigen, die mittel- bis langfristig eine hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber Konjunkturschwankungen aufweisen. Zu den Sektoren, die wir derzeit bevorzugen, gehören Telekommunikation und Infrastruktur, während wir Sektoren wie beispielsweise die Automobilindustrie weniger schätzen, da sie stark von Zöllen betroffen sind und einer hohen Unsicherheit in Bezug auf Zölle ausgesetzt sind. Die Automobilbranche ist ein sehr gutes Beispiel für beides. Sowohl in dem Sinne, dass es sich um einen Sektor handelt, der Zöllen und Unsicherheiten ausgesetzt ist. Gleichzeitig ist es ein Sektor, von dem man weiß, dass er vielen Herausforderungen in Bezug auf das Verbraucherverhalten und den technologischen Wandel gegenübersteht. Die Automobilbranche ist ein Beispiel für einen Sektor, von dem wir uns eher komplett fernhalten.
Das Interview führte Kai Johannsen.