Begeisterung sieht anders aus
Begeisterung sieht anders aus
Zolldeal zwischen EU und USA sorgt für gemischte Gefühle an den Finanzmärkten – Börsianer fürchten Unberechenbarkeit des US-Präsidenten
Aktien, Anleihen, Währungen, Öl oder Gold – welche Auswirkungen hat die transatlantische Handelseinigung auf die Finanzmärkte? Das Urteil fällt durchwachsen aus – und entsprechend schwanken die Kurse im Tagesverlauf. Zwar sei das Schlimmste verhindert worden, doch die Belastungen seien erheblich, so das Urteil.
wrü/kjo/ku Frankfurt
Der Zolldeal zwischen der EU und den USA hat für gemischte Reaktionen an den Finanzmärkten gesorgt. Beispielhaft dafür steht der Aktienmarkt: Nach Gewinnen im frühen Handel rutschten die Kurse am Nachmittag ins Minus. Insgesamt blieb es aber ruhig. Viele Anleger hatten mit einer Einigung in der aktuellen Größenordnung gerechnet.
Strategen und Volkswirte weisen darauf hin, dass mit dem Handelsabkommen zwar „das Schlimmste“ verhindert worden sei, nämlich US-Zölle von 30% und ein massiver Handelskrieg mit den USA. „Der Deal ist eine gute Nachricht, da er Unsicherheiten beseitigt“, sagt Michael Browne vom Franklin Templeton Institute. „Das spiegelt sich auch in den Kursgewinnen an den Märkten am Montagmorgen wider.“ Doch entspricht die Einigung auf einen Satz von 15% nach dem Japan-Deal den Erwartungen. Dieser Satz wird als große Belastung für die deutsche und europäische Exportwirtschaft gesehen.
„Keine Verlässlichkeit“
„Für die Kapitalmärkte sollte zwar eine Belastung wegfallen“, meint die DZ Bank. „Die Unsicherheit hingegen wird bleiben, sollten wir doch gelernt haben, dass mit einem US-Präsidenten Trump keine Verlässlichkeit in den transatlantischen Beziehungen zu erwarten ist.“ Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater meint: „Die großen börsennotierten Unternehmen mögen Ausweichreaktionen finden, für einige mittelständische und kleine Unternehmen jedoch kommt zu den heimischen Standortproblemen noch ein außenwirtschaftlicher Gegenwind hinzu.“
Die Aktienmärkte sind nach der jüngsten Sentix-Investorenumfrage ohnehin angeschlagen. Denn das Grundvertrauen der Anleger in Dividendentitel bröckelt. Zudem weisen mehrere Strategen auf die ambitionierte Bewertung vor allem von US-Aktien hin. Auch die im Dax vertretenen Titel seien nicht mehr günstig.
Turbulenzen in den Vormonaten
US-Präsident Donald Trump hatte mit seiner Zollpolitik in den vergangenen Monaten für heftige Turbulenzen an den Aktienmärkten gesorgt. So hatte die Ankündigung extrem hoher Zölle am Liberation Day Anfang April zu einem massiven Einbruch an den Aktienmärkten weltweit geführt. Trump hat dann auf die Märkte reagiert und einige Tage später seine prohibitiv hohen Zollandrohungen erst einmal für 90 Tage ausgesetzt. Weitere Fristverlängerungen gegenüber der EU folgten. Das zeigt: Trump hat zwar seine Agenda, die Reaktion der Märkte ist ihm jedoch nicht gleich.

Trump macht in den Augen vieler Volkswirte eine unstete und schlechte Wirtschaftspolitik. Daher haben viele Investoren in den vergangenen Monaten vor allem europäische und asiatische Aktien gekauft, und ihre US-Gewichtung reduziert. Etliche Investoren wenden sich wegen Trump, der die Unabhängigkeit der US-Notenbank infrage stellt, auch vom US-Dollar ab. Daher hat der Dollar seit Jahresbeginn deutlich an Wert verloren.
Am Montag kehrte sich das nun um: Der Kurs des Euro gab merklich nach. Die Gemeinschaftswährung wurde am späten Nachmittag bei 1,1643 US-Dollar gehandelt. Im frühen Geschäft hatte sie noch über einen Cent höher notiert. „Auch wenn die US-Regierung mit den Zöllen gedroht hat, den größeren Schaden hätte wohl letztlich die US-Wirtschaft gehabt“, sagte Commerzbank-Devisenexpertin Thu Lan Nguyen.
Gelassene Reaktion bei Anleihen
An den Rentenmärkten der Eurozone waren im Bereich der Bundesanleihen nur ausgesprochen moderate Reaktionen auf die Einigung der USA mit der EU im Zollstreit zu beobachten. Die zehnjährige Bundrendite bewegte sich im Tagesverlauf in der Bandbreite von 2,68% bis 2,73% und war im späten europäischen Handel dann bei 2,70% nach 2,72% am vergangenen Freitag.
Marktteilnehmer führten die eher gelassene Reaktion einerseits darauf zurück, dass sich weite Anlegerkreise nach dem Durchbruch in den Verhandlungen mit Japan darauf eingestellt hatten, dass es auch mit der EU zu einer Einigung kommen würde. Die Beilegung des Streits sei also vielerorten erwartet gewesen. Andererseits verwiesen sie darauf, dass den Akteuren eine ereignisreiche Woche bevorsteht, die vieler Anleger dazu veranlasst, in die Defensive zu gehen statt noch größere Positionierungen vorzunehmen.
Notenbanken im Blick
Bei den Zentralbanken haben die Anleger in dieser Woche die Bank of Japan und die US-Notenbank Fed im Blick. Die meisten Volkswirte gehen davon aus, dass beide Zentralbanken die Leitzinsen unverändert lassen werden. „Powells Äußerungen zum Zinspfad dürften genau verfolgt werden, da der Markt in naher Zukunft Zinssenkungen erwartet“, heißt es bei den Zinsexperten der Commerzbank.
Verfolgt wird auch der Bundeshaushalt 2026, der wohl am Mittwoch von der Bundesregierung beschlossen werden dürfte und der auch Auswirkungen auf die Emissionstätigkeit des Bundes haben könnte. Und am Freitag steht das monatliche Daten-Highlight auf dem Programm: der US-Arbeitsmarktbericht. Fällt die Zahl der neu geschaffenen Stellen (außerhalb der Landwirtschaft) deutlich, würde dies einen schwachen Arbeitsmarkt für Juli unterstreichen und die Zinsdiskussionen befeuern.
Ölpreis legt zu
Der Preis der wichtigsten Rosensorte Brent Crude hat auf die Nachricht der Einigung im Zollstreit zwischen der EU und den USA mit einem deutlichen Anstieg reagiert. Er kletterte um 1,4% auf 69,39 Dollar je Barrel. Händler führten das darauf zurück, dass sich die Europäische Union bereit erklärt, über die kommenden drei Jahre zusätzlich amerikanische Energieträger im Volumen von 750 Mrd. Dollar zu importieren, was somit zusätzliche Nachfrage nach Rohöl schaffen könnte.
Der Ölmarkt reagierte am Montag allerdings auch auf die Erwartung, dass das Kartell Opec plus beschließt, bei der bereits vereinbarten Anhebung der Förderung um 548.000 Barrel pro Tag (bpd) ab August zu bleiben. Dies hatte die Nachrichtenagentur Reuters vorab unter Berufung auf Quellen innerhalb der Opec berichtet. Die Ausweitung der Förderung entfällt auf acht Länder, die zuvor freiwillige Kürzungen über die offiziellen Quoten des Kartells hinaus vorgenommen hatten. Damit wären ab September sämtliche freiwilligen Kürzungen wieder zurückgenommen.
Keine Bewegung bei Gold
Unverändert war der Goldpreis mit 3.335,97 Dollar je Feinunze. Im Tagesverlauf war er bis auf 3.332,39 Dollar gesunken, was einem Zweiwochentief entsprach. Am Markt wird darauf verwiesen, dass mit Blick auf die Zolleinigung zumindest die globale geopolitische Unsicherheit etwas kleiner geworden sei. Damit seien zumindest kurzfristig sichere Häfen für Investoren wie Gold etwas weniger attraktiv.