„Wir haben mal wieder deutsche Autobauer gekauft“
„Wir haben mal wieder deutsche Autobauer gekauft“
DWS sieht Klumpenrisiko durch Dollarschwäche – Fondslenker Kaldemorgen rät zu Tech und kritisiert fehlende Transparenz in den USA
Trotz vieler Unsicherheiten haben die meisten Aktienmärkte in diesem Jahr stark performt. Die Lenker des DWS Concept Kaldemorgen erklären, worauf sie jetzt setzen und wo sie Gefahren sehen. Der renommierte Fondsprofi Klaus Kaldemorgen sieht ausgerechnet in der krisengeschüttelten Autobranche viel Potenzial.
Von Tobias Möllers, Frankfurt
43 Jahre im Job sind eine ganz schön lange Zeit. Wer so lange dabei ist wie Fondslenker Klaus Kaldemorgen bei der DWS, der hat schon alles gesehen. Markteinbrüche, jahrelange Bärenmärkte oder endlos scheinende Rallys – und auch die Wiederauferstehung von Unternehmen oder ganzen Branchen, die dem Untergang geweiht schienen.
Einen solchen Kandidaten hat Kaldemorgen, der seit 1982 für die DWS arbeitet, nun ausgemacht: die deutsche Autoindustrie. „Wir haben seit langer Zeit mal wieder deutsche Automobilbauer gekauft“, erklärt er. Der Sektor sei inzwischen extrem niedrig bewertet, begründet er seine Einschätzung. Die Branche habe ihr Schicksal selbst in der Hand. Kaldemorgen sieht hier ordentliches Kurspotenzial. Das unterscheidet den Fondslenker des DWS Concept Kaldemorgen von den meisten anderen Experten, die einen Abgesang auf Deutschlands einstige Vorzeigebranche angestimmt haben.
Viele Unsicherheiten
Wie sieht in einem von Unsicherheiten geprägten Aktienmarkt ein wetterfestes, diversifiziertes Wertpapierportfolio aus? Für Antworten auf Fragen wie diese hat die DWS zum Gespräch geladen. Als Experten stellten sich neben Urgestein Kaldemorgen der Co-Lead Portfoliomanager Christoph Schmidt und der DWS Global Head of Multi Asset Henning Postada den Fragen.
Und Fragen wirft die aktuelle Situation am Markt so einige auf: Trotz zahlreicher Belastungsfaktoren notieren zahlreiche Aktienindizes nahe ihrer Höchststände. Daran konnten weder der DeepSeek-Schock zum Jahresbeginn, der Liberation Day von US-Präsident Donald Trump und die anschließenden Zollankommen oder der eskalierende Nahost-Konflikt etwas ändern. Dabei ist die Zollbelastung durch die neue US-Politik drastisch gestiegen, etwa für die wichtige Autoindustrie von 2,5% auf 15%.
Zölle in derartiger Höhe hinterlassen natürlich auch in den Volkswirtschaften Bremsspuren. Dennoch haben die meisten Aktienmärkte im bisherigen Jahresverlauf eine starke Performance gezeigt. Warum das so ist? DWS-Mann Postada sieht den Grund dafür in einer Kombination aus sinkenden Leitzinsen und einem anhaltenden leichten Wachstum der Wirtschaft. Das dürfte auch vorerst so bleiben. Die Fed dürfte seiner Meinung nach im September die Zinsen senken und auch von der EZB erwartet Postada noch einen weiteren Zinsschritt.
Fed in der Zwickmühle
Die Fed steht hierbei vor einer schwierigen Situation, will sie doch einerseits den Arbeitsmarkt stabilisieren und andererseits die Inflation niedrig halten. Zwei Ziele, die nur schwer miteinander zu vereinbaren sind. Postada zeigt sich überzeugt, dass der Fed in der momentanen Lage der US-Arbeitsmarkt wichtiger ist als die Inflation, sodass sie zur Zinssenkung greifen wird, was auf Kosten der Inflation gehen dürfte. Diese erwartet der Experte der DWS in den USA Ende des Jahres bei 3 bis 3,5% und damit weit oberhalb der von der Notenbank gewünschten Höhe von 2%. An einen anhaltenden Inflationsdruck glaubt Postada gleichwohl nicht, diese würde sich im nächsten Jahr wieder abschwächen.
Einen genaueren Blick auf die Aktienmärkte wagt Portfoliomanager Christoph Schmidt. Das Gewinnwachstum der Unternehmen habe den Aktienmarkt in diesem Jahr gestützt. Zusätzlichen Rückenwind gab US-Unternehmen der schwache Dollar, der in diesem Jahr gut 10% an Wert verloren hat. Von den ohnehin dürftigen US-Kursgewinnen ist damit hierzulande allerdings wenig bis nichts angekommen. Auf Sektorebene seien im Jahr 2025 bisher Finanzwerte und Industrietitel stark gelaufen. Deutlich schlechter schnitten die Bereiche Konsum und Gesundheit ab.
Klumpenrisiko Fremdwährungen
Die veränderten makroökonomischen Rahmenbedingungen haben auch zu Veränderungen im DWS Concept Kaldemorgen geführt. Nachdem mit Blick auf den schwachen Dollar das Klumpenrisiko Fremdwährungen erkannt wurde, gab es die größte Veränderung auf der Währungsseite. Der Dollar sei vom Stabilisator zum Risikofaktor geworden, sagt Kaldemorgen. Entsprechend hat der Multi-Asset-Fonds, der seinen Namen trägt, sein Dollargewicht seit Jahresbeginn um 2/3 reduziert. Dies sei in einem ersten Schritt über Absicherungen erfolgt, in einem zweiten Schritt würde nun aber auch bei US-Staatsanleihen deutlich reduziert. Bei US-Aktien wolle man nicht reduzieren.
Mit der Reduktion bei Treasuries sei man bereits einen Schritt weiter als viele andere internationale Investoren, erklärt Postada. Derzeit kommt der DWS Concept Kaldemorgen auf einen Aktienanteil von 36%. Im Anleihesegment lautet die Devise: rein in europäische Investment-Grade-Titel. Unternehmensanleihen machen derzeit 20% aus, Staatsanleihen nur 14%, von denen ein Großteil in Europa verortet ist. Gold steht aktuell bei 8%, während der Barbestand vor dem für Aktienmärkte oft schwierigen Monat September bei über 15% liegt.
Zinssenkungen treiben Tech
Kaldemorgen zeigt sich als Fan des Tech-Sektors. Dieser bleibe auch in Zukunft ein wichtiger Anker des Multi-Asset-Fonds. Gleichwohl dürfe auch das KI-Thema nicht zum Klumpenrisiko werden, erklärt der renommierte Fondslenker. So lange die Zinsseite stimme, bleibe der Tech-Sektor attraktiv. Als Ausgleich rät er zu defensiven europäischen Werten und zu Zyklikern.
Wie ein Elefant im Raum steht bei jeder Asset-Klasse US-Präsident Donald Trump. Allzu große Sorgen machen Trumps Angriffe auf die Unabhängigkeit der Fed den DWS-Lenkern bisher aber nicht. Erst wenn Treasuries zum Jahresende bei 5% oder mehr rentieren, dürften die Märkte Alarm schlagen. Doch davon seien wir aktuell „noch ein gutes Stück weit entfernt“. Gleichwohl kritisiert Kaldemorgen mit Blick darauf, dass Wirtschaftsdaten in den USA mittlerweile zum Teil geschätzt statt erhoben werden: „Die Transparenz in den USA nähert sich so langsam China an.“
Das deutsche Milliardenpaket zur Infrastruktur bewertet Kaldemorgen zunächst einmal positiv. Zusätzliche deutsche Anleihen seien aufgrund des fehlenden Währungsrisikos und des minimalen Kreditrisikos attraktiv und würden ihre Käufer finden. Infrastrukturtitel zu empfehlen geht dem erfahrenen DWS-Mann dann aber doch zu weit. Dies sei gefährlich und Infrastruktur ein sehr enger Sektor.