Im GesprächStefan Müller, DGWA

„Wir müssen den Geist des Bergbaus wiederbeleben“

Europas Investoren stehen Seltene-Erden-Projekten bislang sehr zurückhaltend gegenüber, besonders in der Phase der Evaluierung, also im frühen Stadium eines Vorhabens.

„Wir müssen den Geist des Bergbaus wiederbeleben“

Im Gespräch: Stefan Müller

„Wir müssen den Geist des Bergbaus wiederbeleben“

Der Vorstandschef der Investmentberatung DGWA über die Kapitalanlage in Fördervorhaben für Seltene Erden – „Erste Phase ist Schlüssel zum Erfolg“

Von Detlef Fechtner, Frankfurt

Europas Investoren stehen Seltene-Erden-Projekten bislang sehr zurückhaltend gegenüber. Besonders in der Phase der Evaluierung, also im frühen Stadium eines Vorhabens, ist es nicht einfach, die Finanzierung zu sichern. Deshalb gibt es Überlegungen, wie ein Instrument aussehen könnte, das auf die spezifischen Vorbehalte von Investoren eingeht.

Unter Investoren in Deutschland und Europa gibt es nach Einschätzung von Stefan Müller, dem CEO der Beratungs- und Investmentgesellschaft DGWA, noch immer zahlreiche Vorbehalte gegenüber Engagements in Expolorations- und Fördervorhaben für Seltene Erden. Die Anleger stünden den Projekten „sehr zurückhaltend gegenüber“, berichtet Müller im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. „Denn im Gegensatz zu beispielsweise Immobilien, aber auch Aktien aus anderen Industrien, sind Rohstoff-Investments generell mit einem höheren Risiko behaftet – im Umkehrschluss aber auch mit überdurchschnittlichem Potenzial." Investoren würden darüber hinaus auch durch die langen Zeithorizonte abgeschreckt. So dauere es oft lange, bis ein Explorationsvorhaben so weit vorangeschritten sei, dass es tatsächlich Erträge liefere.

Schwierige erste Phase

„Die schwierigste Finanzierungsphase ist die Zeit der Exploration und Evaluierung – also für ein Investment zu einem Zeitpunkt, zu dem der Nachweis der wirtschaftlichen Machbarkeit durch unabhängige Gutachter noch nicht erbracht wurde“, erläutert Müller. Aus Sicht der Finanzierung könne man sagen: „Diese erste Phase ist der Schlüssel zum Erfolg“, unterstreicht der DGWA-Manager. In dieser Phase sei ein Finanzierungsvolumen von bis zu 25 Mill. Euro zur Erstellung der Machbarkeitsstudien erforderlich. Diese öffneten dann aber auch die Tür zur Projektfinanzierung und damit zur Rohstoffförderung.

Müller weist auf einen anderen Vorbehalt hin: Banken und Unternehmen zauderten auch deshalb, weil sie neben dem Risiko auch Sorge vor Reputationsschäden in Folge der Finanzierung oder Beteiligung an Minenprojekten hätten. Viele, so bedauert der CEO, hätten noch nicht verstanden, dass Europa die Verantwortung für den Abbau von Seltenen Erden selbst in die Hand nehmen müsse. „Wir können uns nicht darauf verlassen, dass sich andere in der Welt um Exploration und Förderung für uns kümmern“, argumentiert der DGWA-Manager und fügt an: „In anderen Worten: Wir müssen den Geist des Bergbaus wiederbeleben.“

Ein Bewusstseinswandel sei bereits spürbar, stellt er fest – „nicht zuletzt, weil die Unternehmen realisieren, dass Engpässe bei Seltenen Erden ein echtes Problem für sie werden können und teilweise bereits sind.“ In Arbeitskreisen in Brüssel und Berlin seien die betroffenen Firmen daher inzwischen namhaft vertreten, das Problembewusstsein wachse also.

Idee einer Investitionsfazilität

DGWA habe einen Vorschlag ausgearbeitet, um auf die Vorbehalte der Investoren zu reagieren. Die Investmentberatung ist fest davon überzeugt, dass eine Investitionsfazilität sehr hilfreich wäre, um den Finanzierungsbedarf gerade in der Explorationsphase von Rohstoffprojekten zu decken – sofern diese Fazilität durch ein Investitionsvehikel flankiert wird, das zum Beispiel von einer öffentlichen Entwicklungsbank ausgestattet wird. „Wir sprechen gerade sehr konkret, wie so ein Instrument aussehen könnte“, berichtet Müller. Er könnte sich eine Ticketgröße auf der Investorenseite von bis zu 25 Mill. Euro vorstellen, tranchenweise investierbar, wenn das Projekt bestimmte Meilensteine erreicht wie zum Beispiel den Abschluss der Machbarkeitsstudie.

Der Kapitaleinsatz könnte in Form von straight equity oder einer Royalty Agreement Struktur umgesetzt werden, die ihrerseits handelbar ausgestaltet werden könnte. “Wir sind sicher", zeigt sich Müller zuversichtlich, „dass ein solches Finanzierungsformat erfolgsversprechende Explorationsprojekte, die bisher schwer finanzierbar sind, auf ein Niveau heben, das dann auch weitere Investoren – am Kapitalmarkt ebenso wie aus der Industrie – anziehen würde.“

Critical Raw Materials Act

Kritisch würdigt der Chief Executive Officer das im vergangenen Jahr in Kraft getretene EU-Gesetz über kritische Rohstoffe, den Critical Raw Materials Act. Die Europäische Union verspreche darin eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren. Es bleibe aber unklar, wie diese Zusage tatsächlich eingelöst werden solle, denn beispielsweise die zuständigen Bergämter klagten bereits jetzt über Personalmangel. Erhebliche Zweifel bestünden zudem, ob die EU ihre selbstgesetzten Ziele einhalten könne. Das gelte vor allem für die Ambition, bis 2030 mindestens 10% des jährlichen Verbrauchs an strategischen Rohstoffen selbst zu fördern. Die beiden anderen Ziele – eine EU-Quote von 40% bei der Verarbeitung und von 25% beim Recycling – bewertet Müller „etwas realistischer“.

Erst jüngst hat die EU-Kommission eine erste Auswahl strategischer Projekte im Rahmen des Critical Raw Materials Act präsentiert. „Über einige der Vorhaben auf der Liste lässt sich streiten“, meint Müller. Er hält es daher für wichtig, dass die Auswahl nach streng wissenschaftichen Kriterien erfolge, nicht nach politischen.