Zahlenflut sorgt für viel Bewegung
Finanzmärkte
Zahlenflut sorgt für viel Bewegung
Dicke Gewinne für Teamviewer und Auto1 – Japan hebt Leitzins an – Sichere Assets gefragt
tom/kjo Frankfurt
Der deutsche Leitindex hat am Mittwoch an seine Vortagesgewinne anknüpfen können. Zum Handelsschluss notierte das Börsenbarometer 0,5% höher bei 18.509 Zählern. Auch MDax (+0,3% auf 25.373 Punkte) und Euro Stoxx 50 (+0,7% auf 4.874 Punkte) verbuchten Aufschläge.
Der Blick der Anleger richtete sich neben der US-Notenbank Fed auf eine Flut an Quartalszahlen. Die Währungshüter dürften bei ihrer Tagung, die erst nach Handelsschluss an den europäischen Börsen anstand, den Leitzins unverändert lassen. Allerdings erhoffen sich die Märkte Hinweise auf die für den September erwartete Zinswende. Eine solche hat die EZB für den Euroraum bereits vollzogen. Nicht zuletzt, da Deutschlands Wirtschaft weiter schwächelt, könnte aber auch hier ein weiterer Zinsschritt im September notwendig werden. Allerdings nimmt die Inflation in der Eurozone überraschend wieder zu. Die Verbraucherpreise erhöhten sich im Juli um 2,6% im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie Eurostat in einer ersten Schätzung mitteilte. Volkswirte hatten nur mit einer Rate von 2,5% wie im Juni gerechnet. Das macht den Weg zu weiteren Zinssenkungen holpriger, als Anlegern lieb sein dürfte.
Zwiespältige Signale von Big Tech
Zwiespältige Signale sendeten die zuletzt stark unter Druck stehenden Big-Tech-Konzerne. Nach der deutlichen Korrektur hatten Anleger mit einem Fokus auf KI-Titel gespannt auf die aktuellen Quartalszahlen gewartet. Die hochgesteckten Erwartungen konnte der Softwareriese Microsoft, der mit seinem Wachstum in der Cloud-Sparte die Märkte enttäuschte, dieses Mal nicht erfüllen. Die Aktie notierte am Abend (MEZ) 1,2% niedriger bei 417,88 Dollar. Dagegen konnte die Halbleitergröße AMD (+5,4% auf 145,85 Dollar) mit ihren Zahlen zum Geschäft mit Chips für künstliche Intelligenz punkten. Auch die Geschäftszahlen von Samsung (+3,6% auf 83,90 koreanische Won) kamen am Markt gut an.
Das gab auch Tech- und Halbleiter-Werten auf dem alten Kontinent Rückenwind. Die Aktien von ASML, ASM International und BE Semiconductor zogen um bis zu 7% an. Zusätzlichen Schwung brachten Gerüchte, wonach die USA bei ihrer geplanten Verschärfung der Beschränkungen für Technologie-Exporte nach China Firmen aus verbündeten Staaten wie den Niederlanden Ausnahmen gewähren wollen. Hierzulande profitierten im Dax Infineon, die 1,4% auf 32,05 Euro gewinnen konnten, und im SDax Süss Microtec, die 5,7% auf 62,90 Euro zulegten.
Healthineers enttäuschen
Deutlich größerer Ausschläge gab es im MDax, wo Teamviewer starke Zahlen präsentieren konnte. Der Softwareanbieter aus Göppingen schnitt im zweiten Quartal beim operativen Ergebnis besser als gedacht ab. Die Aktie kletterte daraufhin an der Indexspitze um 13,2% auf 12,48 Euro. Größter Gewinner im SDax waren die Papiere des Online-Gebrauchtwagenhändlers Auto1, die nach ebenfalls sehr starken Quartalszahlen um 14,3% auf 7,80 Euro nach oben sprangen.
Doch nicht alle Unternehmen konnten mit ihrem Zahlenwerk überzeugen. Im Dax enttäuschte der Medizintechnikkonzern Siemens Healthineers mit seiner Bilanz vor allem im Bereich Bildgebung. Das Unternehmen wächst angesichts eines zähen China-Geschäfts nicht so stark wie erhofft. Die Aktie fiel am Indexende um 6,7% auf 49,63 Euro. Besser erging es Aktionären des Flugzeugbauers Airbus. Das Unternehmen habe die Erwartungen übertroffen, diese seien aber zuletzt auch erheblich gesunken, schrieb Analyst Philip Buller von der Berenberg Bank. Für die Titel ging es um 4,8% auf 140,04 Euro nach oben. Auch die Zahlen von Fresenius (+4% auf 33,19 Euro) wurden positiv aufgenommen.
In London stachen HSBC mit einem Kursgewinn von 4,1% auf 704,30 britische Pfund hervor. Die Großbank übertraf im ersten Halbjahr die Analystenerwartungen und plant milliardenschwere Aktienrückkäufe.
Yen im Fokus der Anleger
An den Devisenmärkten stand der Yen im Fokus. Die japanische Währung konnte gegenüber dem Greenback zulegen und war im späten europäischen Handel 1,7% fester bei 150,17 Yen/Dollar. Händler verwiesen zur Begründung auf die Entscheidung der Bank of Japan (BoJ), die am Mittwoch ihre Zinsen erneut anhob. Die BoJ setzte den Zinssatz von 0,0 bis 0,1% auf nun 0,25% hoch. Die Währungshüter signalisierten zudem weitere Zinserhöhungen. Die Zentralbank legte zudem einen detaillierten Plan vor, der die monatlichen Anleihekäufe in mehreren Schritten auf rund 3 Bill. Yen (18,1 Mrd. Euro) reduzieren soll. Damit signalisierte sie ihre Entschlossenheit, ein Jahrzehnt massiver geldpolitischer Anreize schrittweise zurückzufahren.
Der israelische Golan-Vergeltungsschlag in Beirut sorgte an den Finanzmärkten unterdessen dafür, dass die Anleger tendenziell sichere Assets etwas höher gewichteten. So legte Gold um 0,6% auf 2.422 Dollar zu. Zu den sicheren Häfen gehören an den Märkten bekanntlich auch die Bundesanleihen. Die zehnjährige Bundrendite, die am Vortag noch mit 2,34% ermittelt wurde, fiel bis auf ein Tagestief von 2,30%, und war abends bei 2,31%. Marktteilnehmer stellen sich darauf ein, dass die sicheren Häfen Gold, Bundesanleihen, aber auch der Dollar verstärkt angesteuert werden könnten, wenn sich der Nahost-Konflikt in den kommenden Tagen noch weiter verschärfen sollte.
Technische Probleme legten derweil zeitweise den Handel an der Schweizer Börse lahm. Wie der Börsenbetreiber Six mitteilte, gab es Ausfälle bei der Verteilung von Markt- und Indexdaten.