Stille Reserve

3,1 Millionen würden gerne arbeiten

Im Kampf gegen den Fachkräftemangel hofft die Wirtschaft auf die Aktivierung der stillen Reserve. Zumal 3,1 Millionen Menschen in Deutschland arbeiten könnten, wie neue Statistikdaten zeigen. Wären da nicht Betreuungspflichten und gesundheitliche Probleme.

3,1 Millionen würden gerne arbeiten

3,1 Millionen würden gerne arbeiten

Destatis: Betreuungspflichten und gesundheitliche Einschränkungen verhindern Tätigkeit

ba Frankfurt

Trotz Fachkräftemangel gibt es knapp 3,1 Millionen Nichterwerbspersonen im Alter von 15 bis 74 Jahren, die gerne arbeiten würden. Großteils verhindern aber Betreuungspflichten und gesundheitliche Einschränkungen eine Erwerbstätigkeit. Mehr als die Hälfte dieser sogenannten Stillen Reserve hat dabei mindestens ein mittleres Bildungsniveau. Die Lage am Jobmarkt ist derzeit allerdings schwierig – die sonst übliche Frühjahrsbelebung endete blutleer und das Ifo-Beschäftigungsbarometer zeigt, dass Unternehmen immer öfter Stellen abbauen. Im Sommer dürfte es erstmals seit Februar 2015 wieder mehr als 3 Millionen Arbeitslose geben. Ökonomen erwarten, dass die Zahl der Jobsucher im Juni um saisonbereinigt 20.000 zunehmen und die saisonbereinigte Arbeitslosenquote auf 6,4% von 6,3% steigen wird. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) stellt kommenden Dienstag den aktuellen Arbeitsmarktbericht vor.

Ifo-Barometer gibt nach

Frühbarometer zeigen, dass sich der Jobmarkt zwar festigt, Unternehmen bei der Personalplanung aber wieder vorsichtiger werden. Das Ifo Beschäftigungsbarometer sank im Juni um 1,4 auf auf 93,7 Punkte. „Der Arbeitsmarkt hat die Trendwende trotz einer besseren Stimmung in der Wirtschaft noch nicht geschafft“, sagt Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. „Für Neueinstellungen fehlen noch Aufträge.“ Nahezu alle Industriebranchen würden unterm Strich Stellen abbauen, ebenso wie die Unternehmen im Groß- als auch im Einzelhandel. Bei den Dienstleistern herrsche insgesamt Stillstand in der Personalplanung, wobei es deutliche Unterschiede in den Bereichen gebe. Und auch das Baugewerbe plane mit einem gleichbleibenden Personalbestand.

Stabiles Niveau

Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) gab es im Jahr 2024 ein ungenutztes Arbeitskräftepotenzial von insgesamt 4,6 Millionen Menschen. Dieses setzt sich zusammen aus knapp 1,5 Millionen Erwerbslosen sowie der Stillen Reserve von 3,1 (2023: 3,2) Millionen Personen. Letztere Gruppe umfasst Personen ohne Arbeit, die zwar kurzfristig nicht für den Arbeitsmarkt verfügbar sind und momentan nicht aktiv nach Arbeit suchen, sich aber trotzdem Arbeit wünschen.

Sie lässt sich in drei Kategorien einteilen: Erstens in Personen, die zwar Arbeit suchen, jedoch zum Beispiel wegen Betreuungspflichten kurzfristig (innerhalb von zwei Wochen) keine Arbeit aufnehmen können. Zu dieser Stillen Reserve A zählen die Statistiker 380.000 Personen. Weitere 930.000 Personen würden gerne arbeiten und wären auch kurzfristig verfügbar. Sie suchen aber aktuell keine Arbeit, weil sie zum Beispiel glauben, keine passende Tätigkeit finden zu können (Stille Reserve B). In der dritten Kategorie finden sich knapp 1,8 Millionen Nichterwerbspersonen, die zwar weder eine Arbeit suchen noch kurzfristig verfügbar sind, aber dennoch einen generellen Arbeitswunsch äußern (Stille Reserve C).

Betreuungspflichten und gesundheitliche Einschränkungen verhindern Tätigkeit

Bei den Hauptgründen der Inaktivität zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern vor allem in der mittleren Altersgruppe der 25- bis 59-Jährigen: So gaben 31,3% der Frauen in der Stillen Reserve an, dass sie wegen Betreuungspflichten derzeit keine Arbeit aufnehmen können. Bei den Männern waren es nur 4,9%. Dagegen spielen den Statistikern zufolge gesundheitliche Einschränkungen insbesondere bei Männern mittleren Alters eine bedeutende Rolle (35,5%), werden aber auch von Frauen dieser Altersgruppe häufig genannt (22%).

Großteils gut gebildet

Dabei ist ein Großteil der Personen der stillen Reserve gut ausgebildet. 58,5% hatten ein mittleres oder hohes Qualifikationsniveau, das heißt mindestens eine abgeschlossene Berufsausbildung oder die Hoch-/Fachhochschulreife. Bei den Frauen waren es 61,3%, bei Männern 54,9%. 20,3% der Stillen Reserve sind sogar Hochqualifiziert. 41,5% wiesen ein niedriges Qualifikationsniveau auf.

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