EuropÀisches Rahmenwerk steht

AI Act unter Dach und Fach

Auf den letzten Metern bis zur Europawahl haben die europĂ€ischen Gesetzgeber ein Regelwerk zum Umgang mit kĂŒnstlicher Intelligenz auf den Weg gebracht. Wirtschaftsvertreter blicken skeptisch auf das Vorhaben.

AI Act unter Dach und Fach

AI Act unter Dach und Fach

Europas Regeln fĂŒr Einsatz von kĂŒnstlicher Intelligenz nehmen in Ministerrat letzte HĂŒrde

fed BrĂŒssel

Das europĂ€ische Gesetzesverfahren ĂŒber die Nutzung von kĂŒnstlicher Intelligenz (KI), der sogenannte AI Act (Artificial Intelligence), ist abgeschlossen. Der Rat als Gremium der nationalen Regierungen segnete am Dienstag den Kompromiss ab, auf den sich UnterhĂ€ndler der 27 EU-Mitgliedstaaten und des EU-Parlaments im Dezember nach langen Verhandlungen verstĂ€ndigt hatten.

Dabei wurden allerdings, wie die Kanzlei Noerr erlĂ€utert, einige inhaltliche Änderungen in letzter Sekunde vorgenommen, so dass die Regeln „an mehreren Stellen inhaltlich geĂ€ndert und teils verschĂ€rft, teils gelockert worden“ sind, betont Anwalt Johannes Stuve. So sei zukĂŒnftig der Einsatz von KI bei unterschwelliger Beeinflussung einer Person oder Personengruppe verboten, wenn eine „hinreichende“ Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts gegeben sei.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck wĂŒrdigte die abschließende Billigung des Gesetzes. „Mit der KI-Verordnung hat die EU einen umfassenden Rechtsrahmen fĂŒr kĂŒnstliche Intelligenz geschaffen, der einen rechtssicheren und vertrauenswĂŒrdigen Einsatz von KI ermöglicht.“ Das sei bislang weltweit einmalig. Nun gelte es, diesen Rahmen auch voll zu nutzen. „Daran werden wir mit aller Kraft arbeiten und darauf achten, dass die Verordnung praktikabel umgesetzt wird und KI-Innovationen aus Deutschland und Europa voranbringt“, erklĂ€rte Habeck.

Sandbox-Optionen

Die EU-Gesetzgeber wollen mit den Regeln die Entwicklung und die Verwendung von kĂŒnstlicher Intelligenz insbesondere in Unternehmen forcieren. Dahinter steht die Vermutung, dass KI neue GeschĂ€ftsmodelle ermöglicht und die Effizienz und WettbewerbsfĂ€higkeit der Wirtschaft in der EU steigert.

Die Regulierer hoffen, dass die Tatsache, sich frĂŒher als andere Wirtschaftsregionen auf gemeinsame Regeln geeinigt zu haben, einen Vorteil fĂŒr die heimische Industrie bedeutet. Diesen „First Regulator Advantage“ sehen zahlreiche Vertreter der Wirtschaft indes kritisch. Sie befĂŒrchten vielmehr, dass die Vorgaben die Entwicklung von GeschĂ€ftsmodellen hemmen könnten. Um diesem Vorwurf zu begegnen, sind im AI Act Sandbox-Elemente vorgesehen: Innovative KI-Systeme können unter realen Bedingungen in einem kontrollierten Umfeld (Sandbox) erprobt und bewertet werden.

Der AI Act folgt einem risikobasierten Ansatz. So kategorisiert das neue Gesetz zum Beispiel verschiedene Arten von kĂŒnstlicher Intelligenz nach dem mit ihnen verbundenen Risiko. FĂŒr Systeme, die nur ein geringes Risiko darstellen, gelten vergleichsweise niedrige Transparenzvorgaben. Hingegen unterliegen KI-Systeme, von denen nach fachlicher EinschĂ€tzung hohe Risiken ausgehen, einer ganzen Reihe von Verpflichtungen, um Zugang zum Markt in der EuropĂ€ischen Union zu erhalten.

Einsatz in Grenzen erlaubt

Einzelne KI-Formate werden verboten, etwa Social Scoring, also die Vergabe von Punkten fĂŒr „wĂŒnschenswertes Verhalten“. Das neue EU-Gesetz verbietet zudem den Einsatz von kĂŒnstlicher Intelligenz fĂŒr Polizeiarbeit, insofern Menschen dabei nach Kategorien wie Rasse, Religion oder sexueller Orientierung differenziert werden.

Auf europĂ€ischer Ebene werden mehrere Gremien eingerichtet, um eine Umsetzung der Vorschriften zu gewĂ€hrleisten und zur einheitlichen Anwendung der Vorgaben beizutragen. Dazu zĂ€hlt etwa ein AI Office in der EU-Kommission und ein AI Board mit Vertretern der EU-Mitgliedstaaten, dazu gehören aber auch ein wissenschaftliches Gremium unabhĂ€ngiger Experten und ein beratendes Forum fĂŒr Vertreter organisierter Interessen, also etwa von IndustrieverbĂ€nden, die die EU-Kommission technisch beraten.

Geldbußen vorgesehen

Die europĂ€ischen Regeln sehen Geldbußen bei VerstĂ¶ĂŸen gegen den AI Act vor, die an den Vorjahresumsatz des betreffenden Unternehmens gekoppelt sind. Die Regeln treten in wenigen Tagen in Kraft, kurz nachdem sie im EU-Amtsblatt veröffentlicht werden. Mit wenigen speziellen Ausnahmen werden die Regeln zwei Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung anwendbar sein.

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