EIN JAHR TRUMP - REGULIERUNG

Aufseher stellen Uhren um

Von Stefan Paravicini, New York Börsen-Zeitung, 19.1.2018 Donald Trump lässt auch als US-Präsident keine Gelegenheit aus, sich richtig in Szene zu setzen. Als langjähriger Liebling der New Yorker Klatschpresse und landesweites Reality-TV-Phänomen...

Aufseher stellen Uhren um

Von Stefan Paravicini, New YorkDonald Trump lässt auch als US-Präsident keine Gelegenheit aus, sich richtig in Szene zu setzen. Als langjähriger Liebling der New Yorker Klatschpresse und landesweites Reality-TV-Phänomen weiß er um die Macht der Bilder. Und so kam es, dass Trump sich Mitte November im Weißen Haus zwischen zwei großen Stapeln Papier aufstellte und den versammelten Medienvertretern und Fotografen erklärte, dass der eine Stapel mit knapp 20 000 Blatt den Umfang der US-Regulierung im Jahr 1960 darstelle, während der andere, bedrohlich hohe Stapel mit insgesamt rund 185 000 Seiten das aktuelle Ausmaß staatlicher Bürokratie repräsentiere.Seine Regierung werde die über Jahrzehnte angeschwollene Bürokratie auf das Maß von 1960 zurückschrauben, erklärte Trump und schnitt wie bei der Eröffnung eines seiner Hotels ein rotes Band durch, das irgendjemand geistesgegenwärtig zwischen die beiden Papierstapel gespannt hatte. Die bereits umgesetzten Bemühungen beim Rückbau von Bestimmungen zum Schutz von Umwelt, Gesundheit und Verbrauchern kämen schon jetzt dem größten Regulierungsabbau in der Geschichte der USA gleich, behauptete Trump bei dieser Gelegenheit. Daran gibt es Zweifel – wie immer, wenn Trump seine Leistungen in einen historischen Kontext stellt und dabei nach eigener Einschätzung ausnahmslos auf Platz 1 oder unangefochten an der Spitze landet. Dodd-Frank ohne BissDie Zahl der von der neuen Regierung abgeschafften, verschobenen oder zurück in die Schublade gelegten Regulierungsvorhaben allein ist allerdings gar nicht entscheidend, wie etwa das Beispiel Bankenregulierung klarmacht. Das Wall-Street-Reformpaket Dodd-Frank Act, das von der Vorgängerregierung als Reaktion auf die Finanzkrise im Jahre 2010 verabschiedet wurde, hat nämlich weiter Bestand. An der Spitze der maßgeblichen Behörden, die mit der Umsetzung von Dodd-Frank betraut sind, steht mittlerweile aber neues Personal, das in Regulierungsfragen die Vorstellungen der neuen Regierung teilt. Eine Neubewertung der im Lichte der Krise eingeführten Bestimmungen ist angebracht. Die Uhren der Aufseher drohen unter Trump aber auf allen Gebieten zu weit zurückgestellt zu werden.