Ausland scheut Bestellungen
Ausland scheut Bestellungen
Auftragseingang der deutschen Industrie fällt im Juni unerwartet – Entwicklung bei Großaufträgen mau
Das unerwartete Auftragsminus der deutschen Industrie im Juni enttäuscht zwar Ökonomen, sie finden aber dennoch ermutigende Worte für die kommenden Monate. Größter Hemmschuh bleibt aber die US-Zollpolitik, die die Auslandsnachfrage wie schon in diesem Monat niedrig halten dürfte.
ba Frankfurt
Der Auftragseingang ist für die deutsche Industrie im Juni wegen der geringeren Auslandsnachfrage und mangels Großaufträgen zum zweiten Mal in Folge enttäuschend ausgefallen. Die Erholung, die jüngst noch die Stimmungsumfragen von Ifo oder S&P Global angedeutet hatten, zeigt sich damit noch nicht in den harten Daten. Wobei auch der Handelsdeal zwischen den USA und der EU noch kaum Niederschlag findet. Dieser wird allerdings in den kommenden Monaten für Gegenwind sorgen.
Das Statistische Bundesamt (Destatis) meldet für Juni einen preis-, saison- und kalenderbereinigten Rückgang von 1,0% zum Vormonat. Ökonomen hatten dagegen mit einem Zuwachs in dieser Höhe gerechnet. Allerdings war der Mai nicht ganz so schwach wie zunächst gemeldet: Die Wiesbadener Statistiker verzeichnen nun ein Minus von 0,8% statt zuvor –1,4%. „Die vergleichsweise hohe Revision im Mai 2025 ist auf einen nachgemeldeten Großauftrag im sonstigen Fahrzeugbau zurückzuführen“, erklärten sie dazu.
Noch keine echte Wachstumsdynamik
Commerzbank-Ökonom Vincent Stamer verweist auf das Plus von 0,5% in der Rechnung ohne Großaufträge, die die Produktion kurzfristig kaum beeinflussen. „Diese Zahlen sind besonders relevant vor dem Hintergrund des deutlichen Rücksetzers im Mai“ von – trotz einer leichten Aufwärtsrevision – knapp 3%. „Diesen Rücksetzer konnten die Aufträge im Juni nicht aufholen.“ Für Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, ist die leicht positive Kernrate ein kleiner Trost. „Dennoch kann davon ausgegangen werden, dass die Industrie ihren Boden gefunden hat.“ Von echter Wachstumsdynamik werde in der Industrie wegen struktureller Probleme und den neuen Hemmnissen, die vom Zoll-Deal ausgehen, „vorerst weiter nicht zu reden sein“.
„Immerhin: Die neu gewonnene Klarheit beim Thema Zölle gibt Unternehmen wieder mehr Planungssicherheit“, schreibt Michael Herzum von Union Investment. Das könnte die zu erwartende Tempodrosselung etwas mildern und in Richtung 2026 sei wieder mehr Stabilität beim Auftragseingang zu erwarten. „Die Rahmenbedingungen in Europa verbessern sich.“ Infrastrukturinvestitionen, Steuererleichterungen und Bürokratieabbau sowie Rüstungsinvestitionen dürften dem Wachstumspotenzial in Europa und insbesondere in Deutschland guttun.
Gedämpften Auslandsnachfrage
Das Bundeswirtschaftsministerium verweist auf den Zuwachs von 3,1% im gesamten zweiten Quartal. Ausschlaggebend sei insbesondere die Nachfrage nach Investitionsgütern (+7,3%) gewesen, die zunehmend aus dem Inland (+2,5%) sowie anderen Ländern der Währungsunion (+10,8%) komme. „Angesichts der bis zuletzt anhaltend hohen handels- und geopolitischen Unsicherheit überrascht es wenig, dass die Auftragseingänge am aktuellen Rand weiter starken Schwankungen unterliegen“, lautete der Kommentar dazu. Trotz der etwas aufgehellten Exporterwartungen der Unternehmen „dürfte die Industriekonjunktur jedoch künftig von einer gedämpften Auslandsnachfrage geprägt sein“, hieß es mit Blick auf die auf 15% erhöhten US-Zollsätze. Im Juni sanken die Auslandsaufträge um 3,0%. Dabei stiegen die Aufträge aus der Eurozone um 5,2%, während die Bestellungen von außerhalb der Eurozone um 7,8% fielen. Die Inlandsaufträge kletterten um 2,2%.
Gebremst hatten das für einen Juni niedrige Niveau an Neuaufträgen im sonstigen Fahrzeugbau, zu dem Flugzeuge, Schiffe, Züge und Militärfahrzeuge zählen. Hier fielen die Order um 23,1%, und in der Automobilindustrie um 7,6%.
Den Statistikern zufolge sank auch der Auftragseingang in der Herstellung von Metallerzeugnissen (–12,9%). Positive Impulse gab es hingegen im Bereich Herstellung von elektrischen Ausrüstungen mit einem Zuwachs um 23,5%.