Geldpolitik

Australien hebt Zins überraschend

Australiens Notenbank hat den Leitzins erneut deutlich angehoben. Die Begründung der Notenbanker findet sich in den weiter steigenden Energiepreisen, die den Preisdruck hoch halten – auch in den kommenden Monaten.

Australien hebt Zins überraschend

BZ Frankfurt

Die australische Zen­tralbank hat mit der stärksten Leitzinserhöhung seit 22 Jahren überrascht. Im Kampf gegen die hohe Inflation gab die Reserve Bank of Australia (RBA) am Dienstag bekannt, den Leitzins um 50 Basispunkte auf nun 0,85% anzuheben. Die meisten Anleger und Ökonomen hatten lediglich einen kleinen Schritt nach oben um 0,25 oder 0,40 Punkte erwartet, nachdem der Leitzins bereits im Mai erstmals seit 2010 heraufgesetzt worden war – und zwar um einen viertel Prozentpunkt.

„Angesichts des derzeitigen Inflationsdrucks in der Wirtschaft und des nach wie vor sehr niedrigen Zinsniveaus hat der Vorstand beschlossen, den Zinssatz heute um 50 Basispunkte anzuheben“, begründete RBA-Gouverneur Philip Lowe die Entscheidung der australischen Währungshüter. „Der Vorstand geht davon aus, dass er in den kommenden Monaten weitere Schritte zur Normalisierung der monetären Bedingungen unternehmen wird.“

Robert Camell, ING-Ökonom für die Region Asien-Pazifik, begrüßte die Entscheidung. „Eine Erhöhung um 25 Basispunkte wäre eine Enttäuschung gewesen“, schrieb Camell. Die Hauptunsicherheit bestand ihm zufolge darin, dass die RBA eine vorsichtigere Haltung als die US-Notenbank an den Tag legen könnte, um einen zu starken Anstieg des australischen Dollar zu verhindern. Dieser zog in der Spitze um ein halbes Prozent auf 0,7248 US-Dollar an, bröckelte dann aber aufgrund von Gewinnmitnahmen ab. Ein höherer Leitzins macht die Währung für Anleger attraktiver. Wertet sie auf, kann das die Importe verbilligen und so den Preisdruck verringern. Auch werden Kredite teurer, was die Nachfrage und damit die Inflation dämpfen kann.

„Die Argumente für eine stärkere Anhebung um 50 Basispunkte waren jedoch überzeugend“, so Camell. „Der globale Preisdruck hat zwar in einigen Ländern seinen Höhepunkt erreicht, doch gibt es kaum Anzeichen für eine Trendwende.“ Die Inflation hat bereits im ersten Quartal mit 5,1% ein 20-Jahres-Hoch erreicht. Im laufenden Quartal könnte sie sich der 6%-Marke nähern, da vor allem Energie, Lebensmittel und Mieten teurer geworden sind.

„Höhere Strom- und Gaspreise und der jüngste Anstieg der Benzinpreise bedeuten, dass die Inflation in naher Zukunft wahrscheinlich höher ausfallen wird als noch vor einem Monat erwartet“, sagte RBA-Gouverneur Lowe. Da die Teuerung wohl noch länger hoch bleiben dürfte, wetten die Anleger darauf, dass die aus­tralische Zentralbank die Zinsen bis zum Jahresende auf nahezu 3% anheben muss.

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