Notenbanken

Bank of England flirtet mit Leitzinserhöhung

Ausgerechnet die geldpolitischen Tauben im Monetary Policy Committee haben eine Leitzinserhöhung noch in diesem Jahr ins Spiel gebracht. Doch vorerst hält die Bank of England ihr Pulver trocken.

Bank of England flirtet mit Leitzinserhöhung

hip London

Die Geldpolitiker der Bank of England flirten angesichts der steigenden Teuerungsrate erstmals mit einer Erhöhung des Leitzinses. Zwar stimmten sie mit 7:2 für eine Fortsetzung des laufenden Anleihenkaufprogramms in seiner ursprünglich geplanten Form. Doch haben die jüngsten Konjunkturdaten auch auf die Befürworter des Quantitative Easing Eindruck gemacht: „Alle Mitglieder dieser Gruppe waren sich darin einig, dass jegliche künftige Straffung der Geldpolitik anfangs durch eine Erhöhung des Leitzinses erfolgen sollte, selbst wenn diese Straffung vor Ende des bestehenden Staatsanleihenkaufprogramms an­gebracht sein sollte“, heißt es im Protokoll der jüngsten Sitzung des geldpolitischen Komitees der Notenbank (Monetary Policy Committee, MPC). Damit bringen ausgerechnet die geldpolitischen Tauben eine Leitzinserhöhung noch in diesem Jahr ins Spiel, denn das im November vergangenen Jahres gestartete Programm im Volumen von 875 Mrd. Pfund soll bereits Ende 2021 auslaufen. Bankvolkswirte hatten bislang nicht vor 2022 mit einem solchen Schritt gerechnet.

Dave Ramsden schert aus

Bemerkenswert ist zudem, dass nicht nur der als „Falke“ bekannte ehemalige Citigroup-Volkswirt Mi­chael Saunders dafür stimmte, die Anleihenkäufe „so schnell wie praktikabel“ zu stoppen, sondern auch Dave Ramsden, der als stellvertretender Gouverneur der Zentralbank unter anderem für die Finanzmärkte zuständig ist. Das deutet darauf hin, dass sich die Führung der Bank of England nicht mehr einig ist, am ul­tra­lockeren Kurs der Vergangenheit festzuhalten. Die Entscheidung, den Leitzins auf dem historischen Tief von 0,1 % zu belassen, fiel gleichwohl einstimmig.

Hauptgrund dafür dürfte die Ungewissheit darüber sein, was geschieht, wenn Ende des Monats das Coronavirus Job Retention Scheme ausläuft – die britische Variante der Kurzarbeit. Den jüngsten Daten zufolge wurden im Juli immer noch 1,7 Millionen Arbeitsplätze auf diese Weise subventioniert – wesentlich mehr als, die Zentralbankökonomen im jüngsten Inflationsbericht angesetzt hatten. Das Statistikamt ONS schätzt, dass im August immer noch 6 % der Erwerbstätigen dafür angemeldet waren – zwischen 1,3 Millionen und 1,7 Millionen Menschen.

Der Preisauftrieb war im August von 2,0 % im Juli auf 3,2 % gestiegen. Für das Schlussquartal rechnen die Volkswirte der Bank of England nunmehr damit, dass die Teuerungsrate auf „etwas mehr als 4 %“ steigen wird – mehr als das Doppelte ihres Inflationsziels also. „Die zentrale Erwartung des Komitees bleibt, dass sich der derzeit weltweit anhaltende er­höhte Kostendruck als vorübergehend erweisen wird“, heißt es im Protokoll der Sitzung. Bislang hatte man für das Schlussquartal mit 4 % ge­rechnet. Deutlicher fiel die Veränderung bei der Wachstumsprognose aus. Sie wurde für das laufende Quartal von 2,9 % auf 2,1 % gesenkt. Darin spiegelt sich unter anderem das Auftreten von Versorgungsengpässen wider. Für besondere Aufmerksamkeit hatte die Verknappung von lebensmitteltauglichem CO2 gesorgt, nachdem der Düngemittelhersteller CF Industries wegen des hohen Erdgaspreises die Produktion stillgelegt hatte. Der Ölkonzern BP kündigte zuletzt an, einen Teil seiner Tankstellen vorübergehend zu schließen, weil nicht genug Lkw-Fahrer aufzutreiben seien, um sie zu beliefern.