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Bitcoin-Reserve: Genialer Schachzug oder kostspielige Fehlentscheidung?

Die Rolle des Bitcoins im Rahmen nationaler Reserven hängt vom Zweck der Reserve ab. Für welche Situationen sich die Kryptowährung eignet und für welche nicht.

Bitcoin-Reserve: Genialer Schachzug oder kostspielige Fehlentscheidung?

Im März 2025 unterzeichnete US-Präsident Donald Trump ein Dekret zur Einrichtung einer Bitcoin-Reserve. Dieser Schritt markiert einen Paradigmenwechsel im Umgang von Staaten mit Bitcoin. Das Dekret zielt darauf ab, die Vereinigten Staaten als „Krypto-Hauptstadt der Welt“ zu positionieren. Kernstück ist die Einrichtung einer Strategischen Bitcoin-Reserve, in der rund 88.000 Bitcoins verbleiben sollen, die im Zuge zivil- und strafrechtlicher Verfahren beschlagnahmt wurden.

Nach diesem Schritt der Vereinigten Staaten erkunden nun zahlreiche Länder die Einrichtung ihrer eigenen Bitcoin-Reserven. Innerhalb der USA ist der Bundesstaat Texas ein Vorreiter – hier hat das Repräsentantenhaus kürzlich den Gesetzesentwurf 121 des Senats zur Einrichtung einer Texanischen Strategischen Bitcoin-Reserve genehmigt. Während Befürworter der Kryptowährung die Entwicklung feiern, zeigen sich manche Experten skeptisch. Unter welchen Bedingungen ist es sinnvoll, Bitcoin in eine nationale Reserve-Strategie aufzunehmen?

Eine Taxonomie für Bitcoin-Reserven

Es ist entscheidend, klar zu definieren, was mit einer „Bitcoin-Reserve“ gemeint ist, da verschiedene Reserve-Arten verschiedenen Zwecken dienen – und die Eignung von Bitcoin über diese Reserve-Strategien hinweg erheblich variiert.

Nationale Reserven lassen sich je nach Zweck und Funktion in vier Hauptkategorien unterteilen. Die Taxonomie basiert auf einer aktuellen Episode unseres Podcasts „Bitcoin, Fiat & Rock'n'Roll“ mit Jürgen Schaaf von der Europäischen Zentralbank:

  1. Strategic Emergency Reserve / Strategische Notfallreserve:
    Strategische Notfallreserven stellen Vorräte für Notfälle, wie Öl, Lebensmittel oder medizinische Ausrüstung zur Verfügung. Sie werden von Behörden verwaltet, um sicherzustellen, dass kritische Ressourcen in Krisenzeiten verfügbar sind. Bitcoin fällt nicht in diese Kategorie, da er keinen physischen Nutzen bietet und in Notfällen keine unmittelbaren Bedürfnisse decken kann.
  1. Strategic Asset Reserve / Strategische Vermögensreserve
    Strategische Vermögensreserven sichern die monetäre und finanzielle Stabilität und stärken das Vertrauen in die eigene Währung. Goldreserven fungieren dabei traditionell als verlässlicher Wertspeicher. Bitcoin weist zentrale Eigenschaften von Gold auf – etwa Knappheit, Übertragbarkeit und das Potenzial, als alternatives Zahlungssystem zu dienen – was ihn künftig als strategischen Vermögenswert auf eine Stufe mit Gold heben könnte. Seine relativ kurze Geschichte und hohe Volatilität begrenzen jedoch derzeit seine Eignung. Für konservative Zentralbanken erscheint er derzeit noch zu riskant. Für Institutionen mit größerer Risikobereitschaft oder geopolitischen Interessen könnte er jedoch als Absicherung gegen die Dominanz des US-Dollars dienen.
  1. Foreign Exchange Reserve / Devisenreserve:
    Devisenreserven dienen der Stabilisierung eigener Währungen bzw. der Steuerung des eigenen Wechselkurses, wie bei den Interventionen der Schweizerischen Nationalbank zur Unterstützung des Schweizer Frankens zu sehen war. Bitcoin ist für diesen Zweck ungeeignet, da er weder als Zahlungsmittel weit verbreitet ist noch im traditionellen Sinne als Währung breit anerkannt wird. Zentralbanken haben daher keinen Grund, den Bitcoin-Kurs im Rahmen ihrer Geldpolitik zu beeinflussen.
  1. Sovereign Investment Fund / Staatsfonds:
    Typischerweise nutzen Regierungen Staatsfonds, um in globale Märkte zu investieren, Renditen zu generieren und nationale Rentensysteme zu unterstützen. In dieser Kategorie bietet Bitcoin das größte Potenzial – aufgrund möglicher hoher Renditen, seiner Funktion zur Portfoliodiversifikation und seiner Rolle als geopolitischer Absicherungsmechanismus. So investierte beispielsweise der Staatsfonds von Abu Dhabi kürzlich mehr als 500 Mill. Dollar in Bitcoin-ETFs. Länder mit bestehenden Staatsfonds und ausreichendem Kapital könnten von kleinen Bitcoin-Allokationen profitieren. Allerdings fehlen den großen Volkswirtschaften wie den USA und der Europäischen Union derzeit solche Fonds, was es ihnen derzeit erschwert, das Potenzial der Kryptowährung in diesem Kontext zu nutzen.

Fazit:

Die Rolle Bitcoins im Rahmen nationaler Reserven hängt vom Zweck der Reserve ab. Während der Bitcoin für Strategische Notfallreserven oder Devisenreserven ungeeignet ist, bietet er für Strategische Vermögensreserven aufgrund seiner Eigenschaften als „digitales Gold“ sowie für Staatsfonds das größte Potenzial. Klare Strategien und eine sorgfältige Risikobewertung werden entscheidend sein, wenn Regierungen und Zentralbanken das Potenzial von Bitcoin als Reserve-Asset ausloten.

Jonas Groß ist Mitgründer und Vorsitzender der Digital Euro Association sowie Chief Operating Officer bei etonec. In diesen Funktionen berät er Privatunternehmen und Zentralbanken bei der Entwicklung digitaler Währungen.
Alexander Bechtel ist Global Head of Digital Strategy, Products and Solutions bei einem führenden europäischen Vermögensverwalter und Mitglied des Beirats von AllUnity. Zuvor leitete er die Strategie für digitale Vermögenswerte und Währungen in der Firmenkundensparte der Deutschen Bank und war externer Berater bei der Europäischen Zentralbank.