Sentix-Umfrage

Börsianer sehen für Wirtschaft rabenschwarz

In der monatlichen Sentix-Konjunkturumfrage spiegelt sich die Sorge der Börsianer vor einer sehr tiefen ökonomischen Verwerfung. Die Barometer sacken teils auf neue Tiefstwerte ab.

Börsianer sehen für Wirtschaft rabenschwarz

ba Frankfurt

Börsianer sehen die Konjunktur im Euroraum, insbesondere aber in Deutschland in einem katastrophalen Zustand. Auch global gibt es nur wenig Hoffnung, wie die monatliche Umfrage des Analysehauses Sentix für Oktober zeigt. Einzig in China scheine sich die Lage aktuell etwas zu stabilisieren, schreibt Sentix-Geschäftsführer Manfred Hübner.

Das Konjunkturbarometer für den gemeinsamen Währungsraum fiel um 6,5 auf −38,3 Punkte und damit auf den niedrigsten Stand seit Mai 2020, der Hochzeit der ersten Coronawelle. „Die anhaltenden Unsicherheiten über die Gas- und Energielage im Winter sind durch den Anschlag auf die Nord-Stream-Pipelines nicht kleiner geworden“, betonte Hübner. Zu den ökonomischen Sorgen sei nun auch wahrscheinlicher geworden, dass sich der Ukraine-Krieg ausweite. Am Montagmorgen gab es Raketenangriffe auf mehrere ukrainische Städte, darunter auch die Hauptstadt Kiew. Laut der Industrieländerorganisation OECD sind bis Mitte September knapp fünf Millionen Menschen aus der Ukraine in Länder des OECD-Raums geflohen.

Die aktuelle Wirtschaftslage im Euroraum beurteilen die 1331 befragten Investoren und institutionellen Anleger so schlecht wie zuletzt im August 2020. Damals wurde die Realwirtschaft durch die strikten Corona-Restriktionen belastet. „Die Lagewerte signalisieren damit ganz klar, dass sich die Wirtschaft in einer Rezession befindet“, erklärte Hübner. In früheren Abschwungphasen „wären spätestens jetzt die geld- und fiskalpolitischen Akteure auf den Plan getreten, um für Licht am Ende des Tunnels zu sorgen“. Davon könne aber dieses Mal nicht die Rede sein – die bisherigen Maßnahmen der Geldpolitik, um die Inflation einzudämmen oder zumindest nicht weiter anzufachen, dürften nicht ausreichen. Und während die Regierungen mit erheblichen Fiskalmaßnahmen versuchten, die schädlichen Wirkungen der hohen Energiepreise auf die Konsumenten zu dämpfen, würden „die Angebotsprobleme auf dem Energiemarkt nicht adressiert“, betonte Hübner. Die Folge sei, dass die wichtige Erwartungskomponente des Sentix-Barometers weiter sinke. Mit dem Rückgang um 4 auf −41 Punkte sei der tiefste Wert seit Dezember 2008 erreicht – „eine deutliche Warnung vor einer sehr tiefen ökonomischen Verwerfung“, wie Hübner mahnte.

„Beispielloser Niedergang“

Deutliche Rückgänge verzeichneten auch die Barometer für die deutsche Wirtschaft. Der Gesamtindex und der Lageindikator fielen den vierten Monat in Folge, die Erwartungskomponente markierte gar erneut ein Allzeittief. „Die aktuelle Regierung und vor allem der Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) scheinen der Größe der Aufgabe nicht gewachsen zu sein“, kommentierte Hübner. Der Niedergang, wie er sich in den Sentix-Indizes darstelle, sei beispiellos. In den USA hingegen vollziehe sich der Abschwung deutlich gemäßigter, „was wohl mit daran liegen dürfte, dass die USA von der Europa-Not und dem Kriegsgeschehen in der Ukraine durchaus profitieren“, so Hübner. Nichtsdestotrotz setze sich auch in den USA der ökonomische Momentum-Verlust fort. Der Gesamtindex fiel um 1,8 auf −12,6 Zähler, wobei die Lagekomponente erstmals seit Februar 2021 wieder in negatives Terrain rutschte.

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