EU-Kommission

Brüssel läutet die Dekarbonisierung des Gasmarktes ein

Durch den Aufbau eines wettbewerbsfähigen europäischen Wasserstoffmarktes will die EU-Kommission schrittweise vom fossilen Erdgas wegkommen. Die hierfür nötigen Änderungen im Regulierungsrahmen liegen jetzt auf dem Tisch.

Brüssel läutet die Dekarbonisierung des Gasmarktes ein

ahe Brüssel

Die EU-Kommission hat ein umfangreiches Gesetzespaket zur Dekarbonisierung des europäischen Gasmarktes vorgelegt. Vizepräsident Frans Timmermans sagte bei der Vorstellung in Brüssel, im Zuge der verschärften Klimaziele müsse die EU nun zu saubereren Energiequellen übergehen. „Dazu gehört, fossiles Gas durch erneuerbare und kohlenstoffarme Gase wie Wasserstoff zu ersetzen.“

Aktuell besteht der europäische Gasmarkt noch zu 95% aus Erdgas. Dieses steht für etwa 25% des gesamten Energieverbrauchs in der EU. Ein Fünftel der Stromerzeugung basiert derzeit noch auf Erdgas sowie 39% der Wärmeerzeugung.

Neue Wasserstoffplattform

Ziel des neuen Gesetzespakets ist nun, bis zum Ende der Dekade einen wettbewerbsfähigen Markt für Biogase und grünen Wasserstoff aufzubauen, die das Erdgas schrittweise ersetzen. „Wir wollen, dass Europa hier eine Vorreiterrolle spielt und als Erster weltweit die Marktregeln für diese wichtige Energie- und Speicherquelle festlegt“, sagte EU-Energiekommissarin Kadri Simson.

Der Ansatz der Brüsseler Behörde ist, Wasserstoff und Biogase grundsätzlich in die bestehenden Regelungen für den Gasbinnenmarkt zu integrieren. Die neuen Regeln betreffen insbesondere den Zugang zu den Wasserstoffinfrastrukturen, das Thema Entflechtung – also die Trennung von Erzeugung und Transport – sowie die Tarifgestaltung. Ab 2031 soll es einen regulierten, diskriminierungsfreien Netzzugang für Dritte geben.

Zum Aufbau der nötigen Infrastruktur soll nach dem Willen der Kommission eine Europäische Wasserstoffplattform gegründet werden, das European Network of Network Operators for Hydrogen. Dieses soll auch den grenzüberschreitenden Marktaufbau und den Bau von Interkonnektoren koordinieren und fördern. Von den europäischen Strom-, Gas- und Wasserstoffnetzbetreibern verlangt die EU-Kommission einen gemeinsamen Zehnjahresplan zur weiteren Netzentwicklung.

Die neuen Vorschriften sollen Biogasen und Wasserstoff den Zugang zum bestehenden Gasnetz erleichtern, indem die Tarife für grenzüberschreitende Verbindungsleitungen abgeschafft und die zum Einspeisen deutlich um bis zu 75% gesenkt werden. Dabei gibt Brüssel eine genaue Definition vor, was in diesem Zusammenhang als CO2-arme Gase eingestuft werden kann: Dafür müsste eine Reduzierung der Treibhausgase um mindestens 70% im Vergleich zu Erdgas nachgewiesen werden.

Zu den Vorschlägen gehört auch die Einführung eines EU-einheitlichen Zertifizierungssystems für den Handel und Transport mit Wasserstoff – auch um gleiche Wettbewerbsbedingungen bei der Bewertung des CO2-Fußabdrucks verschiedener Gase zu schaffen. Langfristige Lieferverträge für fossiles Erdgas dürfen zudem nicht über das Jahr 2049 hinaus verlängert werden.

Ähnlich wie heute schon am Strom- und Erdgasmarkt wird es auch beim Wasserstoff Vorgaben zur Entflechtung geben. Demnach dürfen die Wasserstoffnetze prinzipiell nicht von den Anbietern des Gases betrieben werden. Zwischen Gas- und Wasserstoffnetzen reicht aber eine lediglich rechtliche und organisatorische Abtrennung des neuen Netzbetreibers aus. In Ausnahmefällen sind auch Quersubventionierungen von Wasserstoffnetzen erlaubt.

Methan wird reduziert

Zum Gesetzespaket gehört auch die bereits bei der jüngsten UN-Klimakonferenz angekündigte Regulierung zur Senkung von Methan-Emissionen in der Energiewirtschaft. In den Sektoren Gas, Öl und Kohle sollen diese Emissionen bis 2030 um 80% sinken. Zudem will die Kommission Maßnahmen einleiten, um auch außerhalb der EU zur Senkung von Methan-Gasen beizutragen.

Vor dem Hintergrund der hohen Energiepreise will die EU-Kommission zugleich den Mitgliedstaaten auch den gemeinsamen Kauf von Erdgas ermöglichen, um beispielsweise damit Gasspeicher zu füllen. Dies soll dann über die Leitungsbetreiber der jeweiligen Länder umgesetzt werden.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.