EU-Wettbewerbsfähigkeit

Brüssel schwächt digitale Regulierung ab

Ein „Omnibus-Gesetz“ der EU-Kommission soll Digitalregeln vereinfachen und den Datenzugang erleichtern. Das soll die Wettbewerbsfähigkeit des Binnenmarkts stärken. Für die Wirtschaft geht die Deregulierung nicht weit genug, für Datenschützer zu weit.

Brüssel schwächt digitale Regulierung ab

Brüssel schwächt
digitale Regulierung ab

Milliardeneinsparungen erhofft – „Omnibus-Gesetz“ vereinfacht Datenzugang für KI

lz/fed Frankfurt

Die EU-Kommission meint es ernst mit der Vereinfachung und und sogar Abschwächung der Digitalregulierung: Zwar wies die zuständige EU-Vizepräsidentin Henna Virkkunen strikt zurück, dass der Schutz der Bürger aufgeweicht werde, doch viele Regeln werden einfacher, Übergangsfristen verlängert und ihr Wirkungskreis verengt. So sollen Unternehmen ihre KI künftig leichter mit europäischen Daten trainieren dürfen. Das gilt zwar in erster Linie für EU-Firmen, die so leichter Zugang zu Datenschnittstellen bekommen, für internationale Konzerne aus Gründen des Wettbewerbsrechts aber eben auch. Die strengen Auflagen für hochriskante KI-Anwendungen sollen zudem erst ab Dezember 2027 gelten und nicht schon ab August 2026.

Die Gesetzesvorlage ist Teil des „digitalen Omnibus“. Das Sammelgesetz stellt Unternehmen milliardenschwere Einsparungen in Aussicht, weil der Verwaltungs- und Dokumentationsaufwand sowie die Komplexität sinken. Zugleich sollen EU-einheitliche Schnittstellen sowie ein neuartiges „Business Wallet“ angeboten werden. Damit können Firmen und Behörden EU-weit Vorgänge digitalisieren, „die derzeit in vielen Fällen noch persönlich erledigt werden müssen.“ Die EU erwartet damit Kosteneinsparungen von bis zu 150 Mrd. Euro.

Standort im Hintertreffen

„Europa muss digital einfacher und schneller werden für die Unternehmen“, begründete Virkkunen das Gesetzespaket mit Blick auf den Standort. Europa sei ins Hintertreffen geraten in puncto Wettbewerb und Innovation, räumte sie ein. Künftig solle sich EU-Regulierung „weniger innovationsfeindlich“ auswirken, sondern als „Gütesiegel“ für EU-Unternehmen erweisen.

Auch die Datenschutz-Grundverordnung, die von Unternehmen in ihren Klagen meist als größter Schmerzpunkt angeführt wird, soll entschlackt werden. Gleichzeitig wirbt die EU-Kommission dafür, dass vier Rechtsakte in einem Daten-Akt zusammengefasst werden sollen, um mehr Rechtsklarheit zu schaffen.

Bitkom will mehr Entlastung

Aus Sicht des deutschen Digitalverbands Bitkom greifen die geplanten Reformen hingegen zu kurz. Die Auskunftspflichten der Unternehmen seien weiterhin zu umfangreich. Hendrik Reese, Partner bei PwC Deutschland, sieht darin aber einen „pragmatischen Kurswechsel“. Brüssel reagiere auf die Rückmeldungen aus Wirtschaft und Behörden und entschärfe jene Passagen des AI Acts, die in der Praxis kaum umsetzbar gewesen wären. Auch kleinere Unternehmen würden spürbar entlastet.

Bürgerrechtsaktivisten wie der Datenschutzaktivist Max Schrems halten den Gesetzentwurf indes für den „größten Angriff auf die digitalen Rechte der Europäer seit Jahren“. Profiteure seien vor allem die großen Technologieunternehmen.