EU-Kommission

Brüsseler Gaspaket gegen hohe Preise

Mit einem ganzen Bündel an Maßnahmen will die EU-Kommission gegen die hohen Gaspreise vorgehen. Dazu gehört ein gemeinsamer Einkauf zur Speicherfüllung sowie ein neuer LNG-Preisindex. Zudem sollen EU-Haushaltsmittel umgewidmet werden.

Brüsseler Gaspaket gegen hohe Preise

ahe Straßburg

Mit einer weiteren zeitlich befristeten Notfallverordnung will die EU-Kommission in die Gasmärkte eingreifen, um etwas gegen die hohen Preise zu unternehmen und zugleich einen Beitrag zur Versorgungssicherheit in den anstehenden zwei Wintern zu leisten. Im Wesentlichen schlägt die Brüsseler Behörde einen begrenzten gemeinsamen Gaseinkauf vor, der ab dem kommenden Jahr einen Beitrag zum Auffüllen der Speicher leisten soll. Dämpfend auf die Preise sollen unter anderem eine neue Benchmark für LNG-Preise sowie ein kurzfristiger Preiskorrekturmechanismus wirken. Zudem sollen die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet werden, einander in Notlagen mit Gaslieferungen auszuhelfen.

Geplant sind Maßnahmen gegen Preisspitzen, aber kein allgemeiner Gaspreisdeckel, den viele EU-Mitgliedstaaten gefordert hatten. Die Vorschläge, die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Dienstag im EU-Parlament in Straßburg vorstellte, sollen nun zunächst auf dem am Donnerstag und Freitag anstehenden EU-Gipfel und dann in der kommenden Woche von den EU-Energieministern­ diskutiert werden. Auf dem Tisch liegt dann ebenfalls ein Vorschlag der Kommission, knapp 40 Mrd. Euro aus dem EU-Haushalt­, die eigentlich für die Strukturförderung der Mitgliedsländer verplant waren, umzuwidmen, um mit dem Geld die Energiepreis-Belastungen von Haushalten und Unternehmen abzufedern.

Nach Angaben der Behörde entspricht diese Summe 10% der gesamten nationalen Mittelzuweisung für den letzten mittelfristigen Siebenjahreshaushalt der EU der Jahre 2014 bis 2020. Nach welchen Kriterien dieses Geld nun an die EU-Länder­ verteilt werden soll, blieb in den Vorschlägen vorerst unklar.

Liquiditätssicherung

Die geplante Bündelung des Gaseinkaufs soll nach dem Willen der EU-Kommission helfen, bessere Preise auszuhandeln. Diese soll verpflichtend für mindestens 15% der vorgegebenen Speicherfüllziele gelten. Unternehmen könnten unter Einhaltung der EU-Wettbewerbsregeln ein europäisches Gaseinkaufskonsortium bilden, wobei die EU-Kommission­ bereits im April eine gemeinsame Einkaufsplattform ins Leben gerufen hatte. Der gemeinsame Gaseinkauf soll im kommenden Jahr rechtzeitig vor der nächsten Heizperiode einsatzbereit sein und soll unter anderem auch verhindern, dass sich die EU-Länder wie in diesem Sommer beim Auffüllen ihrer Speicher gegenseitig überbieten und so den Gaspreis an der Börse auf Rekordniveaus treiben.

Um etwas gegen die aktuellen Liquiditätsprobleme vieler Versorger beim Energiehandel zu tun, die Einschussanforderungen bei der Nutzung von Derivatemärkten erfüllen müssen, verabschiedete die EU-Kommission – in Zusammenarbeit mit den europäischen Energie- und Finanzaufsichtsbehörden – zwei neue Re­geln: Zum einen wird die Liste der zulässigen Sicherheiten auf den Märkten vorübergehend auf Sachsicherheiten sowie staatliche Garantien erweitert. Zum anderen wurde die Clearingschwelle von 3 Mrd. auf 4 Mrd. Euro angehoben. Unterhalb dieses Schwellenwerts unterliegen Nichtfinanzunternehmen keinen Einschussanforderungen für ihre OTC-Derivate (Over-the-Counter). Die neue Benchmark für LNG-Preise soll nach dem Willen der EU-Kommission bis März 2023 kommen und den heutigen Preisindex TTF, an dem sich die Gasnotierungen orientieren, er­gänzen. Nach Ansicht der Behörde spiegelt der TTF insbesondere die Preise für Pipelinegas wider, nicht aber die relativ stabilen Preise für verflüssigtes Gas (LNG), das in der EU eine immer stärkere Bedeutung bekommt.

Bis die neue Benchmark eingeführt ist, will die EU-Kommission ein „dynamisches Preislimit“ für Transaktionen an der TTF-Gasbörse und eine Bandbreite festlegen, um extreme Preisspitzen auf den Derivatemärkten zu verhindern. Die Energie-Handelsplätze sollen zugleich verpflichtet werden, einen neuen temporären Mechanismus zur Steuerung der Intraday-Volatilität einzurichten, der darauf abzielt, große Preisbewegungen auf den Energie-Terminmärkten innerhalb desselben Handelstages zu begrenzen.

Verpflichtende Solidarität

Die Kommission will die Mitgliedstaaten zudem dazu verpflichten, sich untereinander in Notlagen mit Gas zu beliefern. So sollen etwa Länder ohne eigene LNG-Anlagen besser abgesichert werden. Bislang gibt es nur sechs bilaterale Solidaritätsabkommen. Nach Angaben von der Leyens­ wären 40 solcher Abkommen nötig, um die Versorgung in Not­lagen aufrechtzuerhalten. Von der Leyen forderte zugleich, die Investitionen in die Energie-Infrastruktur zu beschleunigen.

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